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073 - Der Gehenkte von Dartmoor

073 - Der Gehenkte von Dartmoor

Titel: 073 - Der Gehenkte von Dartmoor
Autoren: Larry Brent
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besprochen und war nun auf dem Rückweg durch
das Moor. In einer knappen Stunde wollte er in Fennermoor sein.
    Sein sonst so
lammfrommes Pferd Jenny hatte vor einem großen Nachtvogel gescheut, der mit
schrillem Schrei knapp vor ihr aufgeflogen war. Sie war ein Stück galoppiert
und hatte den Wagen gegen einen Baum geschleudert, so daß die Laterne
zersplittert war.
    Brown war
zunächst im Dunkeln weitergefahren. Er hatte sich auf Jennys Instinkt
verlassen, die schon den Weg nach Hause finden würde.
    Doch in der
Finsternis war Jenny auf einen Seitenweg geraten, und Brown war inzwischen
klar, daß das Pferd ihn genau in jene Richtung brachte, in die er auf keinen Fall
wollte, nämlich in die Gegend eines offenen, heimtückischen Sumpfes, den die
Leute scherzhaftmakaber Whirlpool nannten. Sie wußten schon, warum sie um diese
Stelle einen großen Bogen machten. Wer dort hineingeriet, war mit Pferd und
Wagen hoffnungslos verloren.
    Brown hielt
das Pferd an und stieg vom Sitz. Es war jetzt so finster, daß er die
sprichwörtliche Hand vor Augen nicht mehr sah.
    Er hielt das
Pferd am Zügel, streichelte es sanft und sprach leise auf Jenny ein. Er mußte
sie beruhigen, da er merkte, daß ihre Beine zitterten. Spürte sie die nahe
Gefahr?
    Aus der
tiefen Dunkelheit drang ein sattes Schmatzen. Es war der Sumpf. Brown konnte
nur wenige Schritte davon entfernt sein. Er wußte, daß der Sumpf lebte, daß er
solche Töne von sich gab. Seine schlammige, ruhige Oberfläche war trügerisch.
    »Ich muß hier
stehenbleiben. Ich muß warten, bis es dämmrig wird«, sagte Brown halblaut zu
sich selbst. Sicher verstand ihn auch Jenny.
    Er zündete
sich die Pfeife an. Im Schein der kleinen Flamme sah er vor sich eine graugrüne
Fläche, aus der ein toter Baumstumpf ragte. Er warf das Streichholz zu Boden.
    Plötzlich
huschte ein bläulicher Schein auf, kaum einen Meter von seinen Stiefeln
entfernt.
    Er wurde zu
einem zitternden, handgroßen Licht, zu einer Flamme. Ein Stück weiter erschien
eine zweite bläuliche Flamme, eine dritte, eine vierte, und dort drüben noch
mehr dieser gespenstischen Lichter, die über dem Boden zu schweben schienen.
    Zum ersten
Mal sah der Farmer etwas, wovon er bisher nur gehört oder gelesen hatte – Irrlichter!
Ganz nahe vor sich! Wo kamen sie her? Wie entstanden sie? Das Pferd neben ihm
wurde unruhig. Brown faßte die Zügel fester: »Nur ruhig, Jenny, nur ruhig!«
    Die Flämmchen
brannten nur kurze Zeit. Dann erloschen sie so rasch, wie sie gekommen waren,
eines nach dem anderen. Irrlichter! Das mußte er den Leuten im Dorf erzählen.
Farmer Brown ahnte nicht, was noch aus den Irrlichtern werden würde.
    Zwei Stunden
vergingen. Träge wie flüssiges Blei. Was war nur mit Jenny? Das Pferd wurde die
Angst nicht los, und Brown spürte, wie von Zeit zu Zeit ein Zittern die Flanken
des Tieres überlief und seine Nüstern voll Schaum waren. Warum nur? Er war doch
dabei.
    Endlich wurde
der schwarze Himmel fahl. Die Finsternis um ihn begann sich zu lichten. Der
Morgen dämmerte. Nach und nach vermochte er die Dinge vor sich wie hinter einem
grauen Schleier zu erkennen. Nebel stieg aus dem Sumpf. Er sah den Baumstumpf
vor sich und die graubraune Decke aus Pflanzen und Schlamm, umgeben von Gehölz
und kahlen Bäumen.
    Er hatte
tatsächlich nur wenige Schritte vor dem Whirlpool gestanden. Ihn fröstelte.
    »Wir haben es
geschafft, Jenny!« sagte er und begann, Jenny am Halfter haltend, den leichten
Wagen vorsichtig nach rückwärts zu bugsieren. Dort drüben sah er eine Stelle,
die breit genug war, um den Wagen zu wenden.
    Warum
fürchtete sich das Pferd immer noch? Es war geradezu steif vor Angst. Er
verstand es nicht. »Komm, komm!« redete er ihm zu, »bist doch ein braves Tier,
und du willst doch in den Stall!«
    Schließlich
hatte er es soweit. Er wendete. Aufatmend bestieg Brown den Bock und griff in
die Zügel. Bevor er abfuhr, warf er noch einen Blick zurück zum Sumpf.
    Ein wilder
Schrei entrang sich seiner Brust. Kaum zehn Meter von der Stelle entfernt, an
der er stundenlang gestanden hatte, ragten einige kurze, knorpelige Bäume aus
dem Bodennebel.
    An ihnen
lehnten aufrecht drei Männer. Ihre Gesichter waren wachsbleich; ihre Augen
blickten unbeweglich geradeaus.
    Die drei
Männer waren tot!
    Brown schlug
mit den Zügeln, daß Jenny aufwieherte, entsetzt einen Sprung nach vorn machte
und auf dem schmalen Weg davonraste.
    Bevor Farmer
Brown seinen Hof in Fennermoor erreichte, stand sein Entschluß
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