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0724 - Vampirträume

0724 - Vampirträume

Titel: 0724 - Vampirträume
Autoren: Claudia Kern
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Neben ihm deckte Obadiah zwei Tulis-Yon mit Feuerstößen ein. Sein Gesicht war rot, als hätte er einen Sonnenbrand, die Augenbrauen und Wimpern fehlten. O'Neill wusste, dass er nicht besser aussah.
    Eine Ewigkeit schien seit dem ersten Angriff vergangen zu sein. Seine Arme waren schwer und seine Augen brannten. Gemeinsam hatten er und Obadiah nur wenige Tulis-Yon getötet und einige Vampire, doch dann hatte sich der Kampf zum Wasser verlagert. Ab und zu verirrte sich ein Kämpfer in die Nähe der Menschen, größtenteils ignorierte man sie jedoch. O’Neill war klar, dass sie nur deshalb noch am Leben waren.
    »Jack«, sagte Obadiah neben ihm. »Ich glaube, die Vampire hauen ab.«
    Mit tränenden Augen sah O'Neill zum Wasser. Schwarze Gestalten stiegen wie ein Vogelschwarm in den Himmel. Sie verdunkelten die Sterne, als sie über die beiden Menschen hinwegflogen, dann verschwanden sie hinter den Hügeln der Stadt.
    O'Neills Blick glitt zum Wasser zurück. Nach und nach tauchten die Tulis-Yon auf. Es war schwer zu schätzen, wie viele von ihnen den Kampf überlebt hatten, aber nur wenige schienen zu fehlen.
    O'Neill lief nicht weg, als die Tulis-Yon auf ihn zugingen, sondern folgte Obadiahs Beispiel und hob den Flammenwerfer. Beide wussten, dass eine Flucht sinnlos war. Ihre Gegner hätten sie rasch eingeholt.
    Die Tulis-Yon blieben stehen. Einer von ihnen, der wohl der Anführer war, trat vor und starrte O'Neill aus seinen gelben Raubtieraugen an. Nach einer Weile drehte er sich um und ging schweigend an den Menschen vorbei. Die anderen Tulis-Yon folgten ihm.
    O'Neill wartete, bis sie außer Sichtweite waren, bevor er den Flammenwerfer von seinen Schultern riss und die-Handschuhe auszog.
    »Wir haben es geschafft«, murmelte Obadiah neben ihm. »Wir leben noch. Scheiße, ich glaub das nicht.«
    Er griff nach O'Neills Arm. »Komm, lass uns feiern. Wir stellen die ganze Stadt auf den Kopf!«
    »Wir würden nach dem ersten Bier umkippen. Warum verschieben wir das nicht auf morgen? Dann stell ich dir auch Nicole vor.«
    Obadiah nickte nach kurzem Zögern und ging, den Flammenwerfer hinter sich herziehend, auf die Straße zu. O'Neill blieb einen Moment stehen und betrachtete das Schlachtfeld. Die Vampire waren zu Staub zerfallen, die Tulis-Yon hatten ihre Toten mitgenommen. Nur noch der Geruch nach Asche und Benzin verriet, dass ihr ein Kampf stattgefunden hatte.
    Wir haben überlebt, dachte O'Neill lächelnd. Dann drehte er sich um und folgte Obadiah zur Straße.
    ***
    Das gleichmäßige Schlurfen nackter Füße auf Sand, der leichte Wind, der den Schweiß auf seinem Gesicht trocknete und das Zirpen der Grillen im Gras, das war die Musik, die Youwei auf seiner dunklen Reise begleitete.
    Seine Hand lag ruhig auf der Schulter des Sklaven, den er für seine letzte Robe erstanden hatte. Seine Schuhe waren längst gestohlen und er zog barfuß und im Lendenschurz wie ein Bettler über das Land. Der Sklave würde ihn bald verlassen, so wie es auch die anderen getan hatten. Es war wohl der Blick seiner Augen, der ihm Angst einjagte. Youwei hatte gehört, wie er in einem Gasthof mit dem Wirt darüber gesprochen hatte.
    »An manchen Tagen«, hatte der Sklave geflüstert, »sind die Augen meines Herrn weiß wie frisch gefallener Schnee, an anderen rot wie das Blut eines Ochsen.«
    Youwei wusste nichts davon. Seit Wochen war er vollständig erblindet, nahm weder Licht noch Schatten, weder Farben noch Formen wahr. In seiner Welt herrschte ewige Nacht und doch waren seine Gedanken nicht dunkel. Sie betrachteten, so wie Wu es vorausgesagt hatte, seine Seele und waren erfreut von dem, was sie fanden.
    Zumindest meistens…
    »Sag mir«, verlangte Youwei, »was siehst du, wenn du zum Horizont schaust?«
    »Ich sehe Hügel, Herr, grüne Hügel und weiße Wolken, die darüber ziehen.«
    »Gut. Wir gehen weiter auf die Hügel zu.«
    »Ja, Herr,«
    Youwei erinnerte sich an die Landschaft und nahm an, dass sie nur noch wenige Tagesreisen von Wuchang entfernt waren. Auch allein auf sich gestellt, würde er den Weg von hieraus überwinden können. Und da der Sklave ihn ohnehin verlassen wollte, gab es keinen Grund zu warten.
    Die Hand auf der Schulter des Sklaven bewegte sich wie von selbst. In einer blitzschnellen Bewegung drückte der Daumen gegen die Halsschlagader und stoppte die Blutversorgung des Gehirns. Der Sklave sackte mit einem leisen Seufzer zusammen.
    Youwei fing ihn auf, tastete nach der Kehle und grub seine Fangzähne in
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