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0723 - Der Teufels-Autor

0723 - Der Teufels-Autor

Titel: 0723 - Der Teufels-Autor
Autoren: Jason Dark
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wiederholte meine Frage. »Sind Sie Damion Dark?«
    Diesmal nickte er.
    Und ich sah, wie schwer es ihm fiel und wie stark er unter der Antwort litt. Sein Kopf bewegte sich nur leicht nach vorn, langsam öffnete sich der Mund. »Ich bin es…«
    War er ein Feind? Oder stand er mir neutral gegenüber? Ich wollte mehr wissen. »Und wer ist es noch? Sie sind es doch nicht allein, Damion. Das kann ich nicht glauben.«
    Wieder nickte er. Die Stille war beklemmend, dann gab er flüsternd die Antwort. »Ich bin nicht allein«, antwortete er mit schwerer Zunge. »In mir steckt noch jemand. Es ist der Geist eines anderen, eines Mannes, der auch geschrieben hat. Ich kenne nicht einmal seinen Namen, aber er schrieb furchtbare Geschichten. So furchtbar wie das Buch In mir die Hölle. Ich habe mir den Roman nicht ausgedacht, man hat ihn mir diktiert, er kam von dem Verstorbenen, dessen Geist mich in seinen Besitz genommen hat. Er kontrolliert mich. Er hat mir auch die neuen Zeilen diktiert. Hier sind sie, hier…« Er griff mit zitternden Händen zu und schaffte es, die Kladde anzuheben.
    Ich schaute sie an, und auch Bill Conolly war nahe an mich herangetreten, um alles mitzubekommen.
    Wir sahen die roten Flächen. Beide Seiten waren dicht beschrieben worden, und beide Seiten fingen an sich zu bewegen. Nein, nicht die Seiten, es war das Geschriebene, das sich vor unseren Augen auflöste. Die einzelnen Wörter und Sätze liefen ineinander, sodass sie im Nachhinein nur noch einen blutigen Schmier bildeten und auf die Platte des Pults tropften, wo sie anfingen zu zischen wie Eisstücke auf der heißen Herdplatte. Es war das Ende des Romans, der kaum einen richtigen Anfang gehabt hatte.
    Damion Dark rutschte die Kladde aus der Hand. Sie blieb nicht auf dem Pult liegen, kippte über die Kante und landete mit einem klatschenden Laut am Boden. War es das Ende?
    Er bewegte sich. Ich tat nichts, ich ließ auch mein Kreuz dort, wo es war.
    Mit steifen Schritten verließ er den Platz an seinem Pult, verfolgt vom Strahl meiner Lampe. Ich rechnete damit, dass er auf uns zugehen würde, aber er drehte ab und bewegte sich auf eine der vier Wände zu. Den Kopf hatte er vorgeschoben. Sein Atem ging schwer und mit fortlaufender Zeit immer schwerer, als würde er unter einem wahnsinnigen Druck stehen.
    Dann fiel er gegen die Wand.
    Bill wollte hin, doch ich hielt ihn fest. »Nein, das ist jetzt seine Angelegenheit.«
    Damion Dark stützte sich mit beiden Händen ab. Er drehte uns den Rücken zu. Sekunden nur hielt dieser Zustand an, dann stemmte er sich ab und drehte sich um.
    Wir schauten ihn an.
    Himmel, sein Gesicht!
    Es bewegte sich, als würde es aus unzähligen Maden und Würmern bestehen. Die Haut fing an zu wandern, sie sah aus, als würde sie nach zwei Seiten zugleich weglaufen.
    Und dann riss sie. In der Mitte spaltete sie sich. Ein breiter Riss klaffte auf. Dahinter hätten wir eigentlich sein Gesicht sehen müssen, aber es war nur eine blutige Masse.
    Er taumelte vor, kam auf uns zu. »Ich - ich - habe mich auf den Falschen verlassen«, keuchte er. »Ich kann nicht mehr, es ist vorbei. Ich will auch nicht. Man soll nichts mehr von mir hören oder lesen, es ist vorbei! Ich will«, jetzt holte er noch einmal tief Luft und rief das letzte Wort so laut, dass uns ein Schauer über den Rücken rann. »Sterben…!!!«
    Dann fiel er um. Er schlug auf, er stürzte aufs Gesicht. Ich leuchtete hin und sah die Lache aus Blut, die sich allmählich ausbreitete.
    Bill und ich erreichten den Toten gemeinsam. Wir drehten ihn auf den Rücken. Nein, er hatte kein Gesicht mehr. Es war nur ein Klumpen aus stockigem Blut. »Tot«, flüsterte Bill, der seine Lebensfunktion überprüft hatte. »Er ist tot, John.«
    »Ja«, sagte ich leise und stand auf. »Damit ist eine Grusel-Legende gestorben.«
    Ich drehte mich um, verließ den Keller und ging mit schweren Schritten nach oben. Ich fühlte mich nicht gut.
    In der Halle stellte ich mich vor ein Fenster, zündete mir eine Zigarette an und schaute nach draußen. Die meisten Gäste standen vor ihren Fahrzeugen. Sie sahen mich und die Glut meines Glimmstängels.
    Leland lief zur Tür und riss sie auf.
    »Was ist mit Damion Dark?«, schrie er in die Halle.
    »Vorbei«, sagte ich. »Ihr Autor ist tot. Wir haben ihm leider nicht mehr helfen können…«
    »Das habe ich mir gedacht«, flüsterte der Verleger und ging wieder zurück zu den anderen…
    ENDE
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