Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
072 - Die Rache des Magiers

072 - Die Rache des Magiers

Titel: 072 - Die Rache des Magiers
Autoren: Earl Warren
Vom Netzwerk:
wiederhabe! Und wenn es nur für eine Stunde ist. Jetzt mag geschehen, was will. Gemeinsam werden wir damit fertig.“
    „Du weißt nicht, was du getan hast“, sagte die Frau. „Du hast dem Teufel deine Seele verschrieben. Warum hast du das getan? Konntest du mich nicht in Frieden ruhen lassen? Du bist verdammt, und ich mit dir.“
    Kronberger beschwor seine Frau, alle Bedrohnis zu vergessen, ihm in die Zimmer zu folgen, die sie gemeinsam bewohnt hatten. Doch am ersten Abend weigerte sich Irene, den Raum zu verlassen, in dem ihr Sarg stand. Sie hatte Angst.
    Kronberger saß auf dem Boden, lehnte sich an seine im Sessel sitzende Frau und hielt ihre Hand.
    „Irene“, sagte er. „Ich liebe dich doch so!“
    Er sah zu ihr auf. In ihren blauen Augen schimmerten Tränen.
    Die Zeit verging endlos langsam und doch viel zu schnell. Die blonde Frau kehrte in ihren Sarg zurück, streckte sich aus. Sie sah Kronberger an. Der Kummer in ihrem Blick schnitt dem Bankier tief ins Herz. Dann fielen ihre Lider über die Augen.
    Kronberger sah auf die Uhr. Es war wenige Sekunden nach eins. Er trat zu dem Sarg, berührte das Gesicht seiner Frau. Es war starr und kalt wie Stein. Langsam ging der Bankier hinaus. Als er das Licht löschte, war es ihm, als hörte er hinter den Vorhängen ein leises, höhnisches Kichern.
     

     
    Marie Walter machte sich Sorgen um den Bankier. Seit einigen Tagen war er völlig verändert. Er hatte an Gewicht verloren, sein Gesicht war bleich und eingefallen.
    Nachts hörte sie ihn ruhelos im Haus auf und ab gehen. Oft stand er vor der verschlossenen Tür des Totenzimmers, starrte sie an.
    Als Edgar Kronberger am zehnten Tag nach der Beerdigung abends in die Villa zurückkehrte, erwartete ihn Marie Walter, um mit ihm zu reden.
    Nach dem Abendessen saß er im kleinen Salon, eine Brasilzigarre im Mund.
    „Ich möchte mit Ihnen sprechen, Herr Kronberger“, sagte Marie.
    Kronberger, tief in Gedanken versunken, runzelte die Stirn.
    „Was gibt es denn? Geld?“
    „Nein, kein Geld, Herr Kronberger. Es geht um Sie.“ Marie saß am Tisch, dem Bankier gegenüber. „Seit Tagen beobachte ich nun schon, wie Sie sich quälen. Ihre Sorge und Ihr Gram stehen Ihnen im Gesicht geschrieben. Wir kennen uns nun schon so lange, daß ich mir ein offenes Wort erlauben darf. Sie müssen vergessen. Ihre Frau ist tot. Unwiderruflich. Sie müssen sie vergessen.“
    Da tat der Bankier etwas völlig Unerwartetes. Er lachte auf, doch nicht fröhlich, sondern gequält.
    „Tot, ja, tot ist sie. Aber was ist der Tod? Wir Menschen glauben immer, wir seien der Maßstab aller Dinge. Aber was sind wir denn und was haben wir denn? Was wissen wir schon von den ewigen Mächten, denen Sein und Nichtsein, Werden und Vergehen unterworfen sind? Unsere fünf Sinne, unser Bewußtsein, auf das wir so bauen, erfaßt lediglich eine Existenzebene. Wir gleichen Blinden, die auf einem ausgetretenen Weg durch ein Labyrinth gehen. Doch rechts und links von diesem Weg lauern Schrecken, Tod und Verdammnis, unfaßbare Alptraumgestalten, die Dämonen alter Erzählungen und Sagen. Wehe dem, der sich mit ihnen einläßt!“
    Er hatte mit völligem Ernst gesprochen. Marie war zutiefst erschrocken. Konnte es sein, daß sich der Geist des Bankiers vor Kummer und Trauer verwirrt hatte?
    „Glauben Sie wirklich, daß der Tod unwiderruflich ist, Marie?“ fügte der Bankier hinzu. „Er ist nicht einmal das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren kann.“
    „So dürfen Sie nicht reden, Herr Kronberger. Sie dürfen auch nicht mehr jede Nacht im Hause umherwandern und ständig im Totenzimmer Ihrer Frau weilen. Welch ein Wahnsinn übrigens, die Tote hier im Haus zu behalten. Kein Wunder, daß Ihnen solch düstere, trübe Gedanken kommen. Sie müssen ausgehen, andere Leute treffen, Frauen vor allem. Sie sind nicht mehr der Jüngste, aber immer noch – oder gerade jetzt – ein bemerkenswerter, begehrenswerter Mann. Sie können sich nicht in den Sarg Ihrer toten Frau legen und sich mit ihr begraben lassen. Das war’s, was ich Ihnen sagen wollte.“
    Marie ging. Sie stieg die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo sich auch ihre Räume befanden. Von Neugier getrieben, trat sie an die Tür des Totenzimmers. Sie drückte die Klinke nieder, aber es war abgeschlossen. Dann legte sie das Ohr an die Tür und lauschte.
    Es war kein Ton zu hören. Halb ärgerlich, halb belustigt über sich selbst ging Marie Walter in ihr Zimmer. Sie schaltete den Fernseher ein. Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher