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0718 - Tango Fatal

0718 - Tango Fatal

Titel: 0718 - Tango Fatal
Autoren: Jason Dark
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keinen Fuß über diese Schwelle. Unmöglich, das mache ich nicht.«
    »Was redet man denn so im Dorf?«
    »Daß dort Geister wohnen.«
    »Pardon, aber ich habe keine gesehen.«
    Er starrte mich an. »Geister sind doch nicht sichtbar, Monsieur. Sie… sie kann man nicht sehen. Vielleicht fühlen«, flüsterte der Mann, »mehr aber nicht.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Er trank sein Glas leer und wischte über seine Lippen. »Seit Jahren schon suchen wir nach einer Erklärung, aber wir finden keine. Als das Haus verlassen wurde, hat es begonnen.«
    »Sie meinen, als die Tanzschule auszog?«
    »Richtig.«
    »Und zuvor war nichts?«
    Er hob die Schultern. »Nein, Monsieur Sinclair. Nicht daß ich wüßte. Ich könnte Ihnen da keinen Tip geben. Wir alle wollen natürlich, daß es aufhört. Sie sind unsere letzte Hoffnung. Auch Monsieur Piccard zählt sehr auf Sie.«
    »Wer ist er denn?«
    »Er stammt aus dem Ort. Studierte Theologie und Religionswissenschaften und ging nach Straßburg. Er hat dort gelehrt. Als er hier zwei Wochen Urlaub machte, hat er die Schreie ebenfalls gehört und erklärt, daß er sich um dieses Phänomen kümmern würde. Er wüßte jemand, der sich mit diesen Dingen beschäftigt.«
    »Den Abbé Bloch.«
    »Mag sein, einen Namen hat er nicht genannt. Sie haben ja auch kurz mit Pierre Piccard gesprochen.«
    »Zu kurz.«
    »Das stimmt«, sagte der Wirt nickend.
    Ich gönnte mir noch einen Schluck. Das Weinglas behielt ich in der Hand, als ich ihn fragte: »Eigentlich hatte ich vorgehabt, mit Monsieur Piccard zu sprechen. Wir waren hier verabredet. Ist er inzwischen einmal eingetroffen und hat nach mir gefragt?«
    »Nein.«
    Ich schaute auf die Uhr. »Er ist schon beinahe seit einer halben Stunde überfällig.«
    »Ist sonst nicht seine Art.«
    Ich blickte den Wirt an. »Das meinen Sie ehrlich?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wo könnte er denn sein?«
    »Tja, das ist einfach. Da gibt es nur eine Möglichkeit, finde ich. Er hält sich in seinem elterlichen Haus auf. Es steht leer, er hat es nicht vermietet. Eine Zugehfrau kümmert sich darum, wenn er nicht anwesend ist. Sie müßten dort mal nachschauen.«
    »Sehr gut. Und wo finde ich das Haus?«
    »Das ist einfach. Sie müssen nur auf die Kirche zugehen, die man nicht übersehen kann. Rechts daneben, wo die Brandmauer entlangläuft, finden Sie das Haus.«
    »Ist es das Pfarrhaus?«
    »Nein, nein, das nicht.« Sein Blick bekam etwas Verschwörerisches. »Ich will ja nicht über andere reden, Monsieur Sinclair, aber Pierre Piccard ist des öfteren vergeßlich.« Er tippte mit dem Finger gegen die Stirn. »Das liegt nicht an seinem Grips, sondern allein daran, daß er zu viele andere Dinge im Kopf hat. Er denkt eben zu sehr nach, wenn Sie verstehen, Monsieur.«
    »Ja, das passiert auch mir.«
    »Ich habe aber nichts gesagt.«
    »Keine Sorge«, sagte ich, stand auf und schob den Stuhl zurück. »Ich kann ja zu Fuß hingehen.«
    »Aber selbstverständlich.«
    »Danke, wir sehen uns.«
    Ich verließ das Gasthaus. Schon vorhin war mir die Helligkeit draußen aufgefallen. Die Oktobersonne hatte es geschafft, den Dunst fast vollständig zu verdampfen.
    Ich lief durch einen stillen Ort und hörte das Plätschern des kleinen Flusses, der glücklicherweise noch nicht kanalisiert worden war, sondern durch sein Bett floß wie in all den Jahrhunderten zuvor.
    Es begegneten mir kaum Menschen. An einer Schule kam ich vorbei, deren Fenster weit geöffnet waren, um das helle Licht in die Klassenräume fluten zu lassen.
    Ich hörte Stimmen und Gesang. Hier schien es selbst den Kindern noch Spaß zu machen, in die Schule zu gehen.
    Laubbäume wuchsen an den Rändern der schmalen Straßen hoch und breiteten ihre Blattdächer schützend aus. Wenn mein Blick frei war, konnte ich die außerhalb des Dorfes liegenden Weinhänge sehen. Die Lese hatte bereits begonnen.
    Ich fand die Mauer, ich sah die Kirche, deren hell gestrichener Turm sich stolz in den Himmel reckte.
    An der bewachsenen Mauer ging ich entlang. Bald zweigte der Weg nach rechts ab. Buschwerk nahm mir für kurze Zeit die Sicht, dann sah ich das kleine Haus und davor den schmalen Platz. Ihn zierte ein Pflaster aus kleinen, rechteckigen, grauen Steinen.
    Das Haus gefiel mir. Es war klein, auch etwas schief gebaut und schien sehr alt zu sein. Auch hier schimmerte das Fachwerk durch den dichten Bewuchs. Efeu und Wein bildeten ein Gemisch, das hoch bis zur Dachrinne rankte.
    Zur Tür hoch führten eine dreistufige
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