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0718 - Tango Fatal

0718 - Tango Fatal

Titel: 0718 - Tango Fatal
Autoren: Jason Dark
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Gaston Lacre um. Der Mann war aufgestanden und schlug gleich mehrere Kreuzzeichen hintereinander. Auf seinem Gesicht stand die Furcht. Er wußte sicherlich mehr, als er zugeben wollte, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen.
    Ich zog die Beretta, behielt sie in der rechten Hand und riß mit der linken die Tür auf.
    Dann sprang ich in den Raum. Ich machte Licht. Es wurde hell.
    Ich schaute mich um und sah das Rätsel zum erstenmal mit eigenen Augen.
    Das Zimmer war leer.
    Von der Kreatur, die geschrien hatte, sah ich keine Spur. Und es gab sichtbar keinen Weg, über den sie hätte entkommen können…
    ***
    Der Raum war groß, übergroß sogar. Er besaß auch Fenster, aber durch diese konnte niemand mehr ein- oder aussteigen, denn die Vierecke waren zugemauert worden. Und das nicht erst seit gestern, dazu war das Mauerwerk zu alt.
    Auch die hohe Decke wies keine Fluchtmöglichkeit auf. Sie bildete eine glatte weiße Fläche, die mit den Kanten der Wände abschloß. Die Wände waren glatt. Nicht einmal die Kanten der Steine zeichneten sich hinter den gelblich schimmernden Tapeten ab.
    Das gleiche galt für den Boden. Er bestand aus einer einzigen Holzfläche. Nichts zeichnete sich darin ab. Kein Umriß irgendeiner Klappe, einfach gar nichts.
    Ich stand vor einem Rätsel…
    Das heißt, der Raum war nicht ganz leer. Der Tür schräg gegenüber hing ein Bild an der Wand. Es zeigte ein Küstenmotiv. Wasser brandete gegen eine steile Felswand und ließ helle Gischtfontänen an ihr in die Höhe steigen.
    Unter dem Bild stand ein schlichter Holztisch. Seine runde Platte wurde von einer hellen Decke verborgen, nur mehr seine Beine schauten hervor. Auf dem Tisch stand eine schmale Vase. Aus ihr schauten Trockenblumen hervor.
    Mir kamen Tisch, Blumen, Bild und auch der vor dem Tisch stehende Holzstuhl vor wie ein Stilleben, das irgend jemand inszeniert hatte, um auf seine Kunst aufmerksam zu machen.
    Hinter mir hörte ich die Schritte des Gaston Lacre. Müde schlurfte er in das Zimmer. Er schaute mich mit, wie ich meinte, traurigen Augen an. Seine Lippen zuckten, ohne daß er etwas sagte. Er rieb seine Handflächen gegeneinander, die Jacke umschlotterte seinen Körper, weil sie einfach zu weit für ihn war.
    Als er stehenblieb, holte er tief Luft. »Haben Sie den Schrei gehört, Mann?«
    Ich nickte. »Er war ja nicht zu überhören.«
    »Eben.«
    »Und wer hat geschrieen?«
    Lacre schaute mich an. Dann lachte er plötzlich. Aber nicht laut, eher leise und wiehernd. Dabei bewegte er seinen Schädel vor und zurück. Sein weißes Haar fing an zu flattern, und das Lachen hörte ebenso abrupt auf, wie es aufgeklungen war. »Das ist die Frage aller Fragen. Das ist das große Rätsel. Deshalb sind Sie doch gekommen, Monsieur. Man will, daß Sie das Rätsel lösen.«
    »Ja, das dachte ich mir.«
    »Und was sagen Sie dazu?«
    »Nichts weiter. Ich müßte mich erst hier im Zimmer ein wenig genauer umsehen.«
    »Was wollen Sie denn finden?« Er fragte es lauernd und hatte den Kopf schiefgelegt.
    »Nun ja…«, ich hob die Schultern. »Zumindest den Ein- oder Ausgang, den der Schreier benutzt hat.«
    »Wie schön für Sie, Monsieur Sinclair, wie schön. Aber den werden Sie nicht finden.«
    »Was heißt das?«
    »Das heißt, daß es hier weder einen Aus- noch einen Eingang gibt. Ausgenommen die Tür.«
    »Und?«
    »Durch sie ist die Person, die geschrieen hat, weder hereingekommen noch hinausgegangen«, erklärt er, nickte mir zu und zeigte ein breites Lächeln.
    »Aber es war jemand da.«
    »Das stimmt, Monsieur.«
    »Wer denn?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen, ich weiß es nicht. Sie sind doch der Fachmann, wie ich mir habe sagen lassen.«
    »Ja, irgendwo schon. Allerdings nicht für leere Zimmer, aus denen Schreie ertönen. Das ist normalerweise nicht mein Metier.« Ich steckte jetzt auch die Beretta wieder weg.
    »Was dann?«
    »Mal dies, mal das«, erwiderte ich, ohne konkret zu werden. Ich stand in der Mitte des Zimmers und schaute mich um. Sehr langsam maß ich Wände, Fußboden und Decke mit den Blicken ab, als könnte ich so nachrechnen, ob irgend etwas vorhanden war, das sich als Fluchtweg eignete. Doch da gab es nichts. Dann zweckentfremdete ich die Beretta und setzte sie als Klopfinstrument ein. Ich tickte mit dem Griff an den Wänden entlang, um herauszufinden, ob sich hinter den Steinen irgendein Hohlraum verbarg.
    Das traf nicht zu.
    Gaston Lacre beobachtete mich dabei. Hin und wieder schaute ich ihn an. Seinem
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