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0702 - Das dunkle Ich

0702 - Das dunkle Ich

Titel: 0702 - Das dunkle Ich
Autoren: W.K. Giesa
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Beleidigung. Vielleicht verklagt dich aber auch die Beleidigung wegen sträflichen Missbrauchs…«
    »Halt die Luft an und denk' an Zamorra, solange du noch denken kannst«, sagte Ullich. »Vorhin hattest du es eilig, jetzt singst du ellenlange Opernarien…«
    »Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, sagte der Teufel und setzte sich in den Bienenkorb.«
    Unwillkürlich lächelte Ullich. Vielleicht war es doch gut, dass sein Freund sich eine Beschäftigung gesucht und sie gefunden hatte. Allmählich lief er wieder zur alten Form auf. Es war ihm nicht mehr anzumerken, dass er soeben erst seinen Vater und dann dessen Lebenswerk verloren hatte.
    Besser so, als Trübsal blasen… Durch das Abenteuer, das ihnen bevorstand, kam er wohl schließlich einfacher über den Verlust hinweg. Wenn sie es hinter sich hatten, war Zeit vergangen, die manche Wunden heilen oder zumindest lindern konnte.
    »Also los.«
    Sie konzentrierten sich auf Professor Zamorra und Nicole Duval und versuchten dann, zwischen den Regenbogenblumen wieder nach »draußen« zu treten.
    Aber das ging nicht.
    Etwas Unglaubliches geschah!
    ***
    Der Transport verzögerte sich!
    Er fand gewissermaßen in Zeitlupe statt!
    Das war falsch. Normalerweise gab es nicht die geringste zeitliche Verzögerung. Man trat zwischen die Blumen, dachte an sein Ziel und verließ sie mit dem nächsten Schritt an eben diesem Ziel wieder, wobei die Zielvorstellung ebenso eine Person wie eine Landschaft oder ein Bauwerk oder sonst etwas sein konnte.
    Jetzt aber - dauerte es an!
    Möbius und Ullich erlebten, wie ihre Umgebung sich verdunkelte, zu einer immer intensiver werdenden Schwärze wurden, mehr noch - zu etwas Lichtlosem. Alles um sie herum löste sich auf; sie schwebten in einem unbekannten Nichts.
    Und etwas begann, sie zu zerreißen.
    Möbius schrie auf. Etwas zerteilte ihn, wollte ihn in unterschiedliche Richtungen davonzerren. »Aufhören!«, schrie er. »Zurück! Stop! Alles Stop!«
    Aber wer konnte ihn hören, wer seine Worte verstehen?
    Die Regenbogenblumen waren unkommunikativ. Sie reagierten nicht. Sie hatten nur den Auftrag aus den Gedankenbildern der beiden Menschen, sie an ein bestimmtes Ziel zu bringen.
    Aber dieses Ziel existierte doppelt…
    Carsten Möbius wurde geteilt.
    Es gab ihn zweimal.
    Es gab Carsten, und es gab Möbius, die sich voneinander zu entfernen begannen, aber beide Hälften begriffen, dass sie nicht vollständig waren, dass sie ohne einander nicht lebensfähig waren.
    Sie bekamen nicht einmal mit, dass es Michael und Ullich ebenso erging.
    Und da war noch etwas Drittes.
    Rostan und Gunnar.
    Aber beide starben in diesen Augenblicken, weil sie sich nicht aufteilen konnten. Die Erinnerung an die früheren Inkarnationen erlosch. Sie war unteilbar, und sie konnte sich auch nicht an jeweils einen der beiden Körper heften.
    Weder Carsten noch Möbius wussten von diesem Augenblick an noch, dass sie einmal, in einem früheren Leben vor Jahrtausenden, gemeinsam Rostan der Wissende gewesen waren. Und weder Michael noch Ullich wussten, dass sie Gunnar mit den drei Schwertern waren…
    Dieser Teil von ihnen starb.
    Aber sie selbst wollten nicht sterben!
    Sie kämpften um ihr Überleben!
    Sie wollten nicht als zwei Hälften des Ganzen untergehen, voneinander getrennt und gespalten. Sie wollten wieder eins sein mit sich selbst.
    Aber das Nichts, durch das sie trieben, wollte ihnen diese Chance nicht geben.
    Es wollte den Auftrag ausführen, sie an ihr Ziel zu bringen. An ein Ziel, von dem sie nicht einmal ahnen konnten, dass es doppelt existierte!
    Zwei identische Zamorras in einer einzigen Welt…
    »Aufhören!«, schrien Carsten, Michael, Möbius und Ullich. »Aufhören! Es geht so nicht!«
    Aber die Regenbogenblumen ließen sich davon nicht beeinflussen. Der Transportvorgang ließ sich nicht stoppen.
    Anders wäre es gewesen, wenn in diesem Moment einer der beiden Zamorra starb - dann hätte es nur noch ein Ziel gegeben statt deren zwei.
    Es war teuflisch.
    Es war das nackte Grauen.
    Die vier Hälften zweier Menschen begriffen, dass sie dem Untergang geweiht waren und nichts dagegen tun konnten. Sie unterlagen der Macht der Magie.
    Vielleicht würden sie in diesem Nichts vergehen, weil keiner ihrer Teile sich für ein Ziel entscheiden konnte. Vielleicht würde das Nichts sie ausspeien, aber jedem von ihnen fehlte dann die Hälfte, an Seele und an Substanz, und der Tod war die zwangsläufige Folge.
    Es ging zu Ende, war vorbei.
    Irgendwie glaubte
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