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0696 - Horror aus dem Eis

0696 - Horror aus dem Eis

Titel: 0696 - Horror aus dem Eis
Autoren: Claudia Kern
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das Schneemobil zurückgelassen. Das Ausmaß des Mülls überraschte ihn jedoch trotzdem.
    Nach mehreren Versuchen fand der Polizist den schmalen Trampelpfad, der sich zwischen leeren Flaschen, Kanistern, Bootsteilen und Bierdosen hindurchwand. Er folgte ihm bis zum Haus, legte die Schneeschuhe ab und griff nach der Pistole in seiner Tasche.
    Tagak war nicht zum ersten Mal bei den Avaliks und wusste, dass Hank gerne mit der Schrotflinte auf Leute losging, die er nicht erkannte - und bei seiner starken Kurzsichtigkeit traf das auf fast jeden zu.
    Tagak klopfte gegen die schmale Holztür. »Rose?«, rief er. »Ich bin’s, Bob Tagak.«
    Im Inneren rumpelte es, als würde jemand Möbel verschieben. Dann entgegnete eine Frauenstimme: »Komm rein!«
    Tagak öffnete die Tür und blieb unwillkürlich stehen. Ihm schlug ein Gestank aus billigen Zigarren und abgestandenem Bier entgegen. Der Raum lag im Halbdunkel, aber das Chaos war trotzdem unübersehbar Auf dem breiten Küchentisch türmten sich die Geschirrreste der letzten Wochen. Die kleinen Fenster waren mit Styropor abgedichtet. Das Licht drang nur durch schmale Spalte in den Raum. Überall standen leere Flaschen. Zerbrochenes Glas knirschte unter Tagaks Stiefeln.
    »Mach die Tür zu«, sagte Rose. Sie saß am anderen Ende des Zimmers in einem alten Sessel. Ihr breites Inuitgesicht war unter der Decke, in die sie sich eingehüllt hatte, kaum zu erkennen.
    »Hallo, Rose. Alles in Ordnung?« Sein Atem stand wie eine Wolke vor seinem Gesicht.
    Sie ging nicht auf die Frage ein, winkte nur mit einer Hand, die eine halb leere Flasche umklammert hielt, ab.
    »Hank ist verschwunden«, sagte sie dann. »Er ist weg und kommt nie wieder…«
    »Das hast du schon über Funk gesagt. Wollte Hank auf die Jagd?«
    Rose trank einen Schluck und hustete. »Ja. Er hat gestern ein Karibu gesehen. Das wollte er jagen.«
    Shit, dachte Tagak. Dann hat er also ein Geivehr dabei.
    Er machte einen weiteren Schritt in den Raum hinein und stutzte.
    Auf dem Boden lag ein Gegenstand, der ihm vertraut vorkam. Tagak bückte sich und hob ihn auf.
    Es war eine Brille, deren Gläser zwar schmutzig, aber unbeschädigt waren. Der Polizist wischte sie an seiner Jacke ab und sah hindurch. Der Raum erschien extrem vergrößert und gekrümmt.
    Für einen kurzen Moment tauchte Hanks Gesicht in Tagaks Gedanken auf. Seine Augen hatten hinter den dicken Gläsern so groß wie die einer Eule gewirkt.
    Tagak hielt Rose die Brille entgegen. »Ohne die wird er wohl kaum etwas erlegen.«
    Es wurde still in dem Zimmer.
    Irgendwo tropfte Wasser auf den Boden. Rose saß stumm in ihrem Sessel und hob die Schultern.
    Der Polizist legte die Brille auf den Tisch. »Ihr habt euch wieder mal gestritten, nicht wahr, Rose? Dann ist Hank wütend ‘raus gelaufen, und jetzt machst du dir Sorgen, dass er irgendwo betrunken eingeschlafen ist. Richtig?«
    Rose nickte.
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte Tagak. »Du solltest den Generator anwerfen, während ich Hank suche. Er wird sich aufwärmen wollen, und hier ist es kalt wie in einer Tiefkühltruhe.«
    Ohne die Antwort der Frau abzuwarten, zog er die Tür hinter sich zu, legte die Schneeschuhe wieder an und stapfte hinaus in die Dämmerung.
    Die Ayaliks gehörten zu den Problemfällen in seinem Bezirk. Beide waren frustriert, arbeitslos und alkoholkrank.
    In den kurzen Sommermonaten kratzte Hank mit Tagelöhnerjobs zumindest genügend Geld zusammen, um den alten Dieselgenerator mit Sprit für den Winter zu versorgen. Was darüber hinausging, wurde gestohlen oder ausgeliehen.
    Aber nicht nur deshalb war Tagak der wohl häufigste Besucher auf dem armseligen Anwesen. Er hatte auch einen persönlichen Grund, denn Hank war sein Onkel.
    Der Polizist blieb stehen. Seit er das Haus verlassen hatte, nagte das unbestimmbare Gefühl, etwas übersehen zu haben, an ihm. So als habe es etwas gegeben, das ihm im Haus hätte auffallen müssen.
    Es ist kalt wie in einer Tiefkühltruhe, schoss ihm sein eigener Satz durch den Kopf. Das hatte er zu Rose gesagt.
    In dem Raum waren es mindestens fünfzehn Grad unter Null gewesen -und trotzdem hatte er das Tropfen von Wasser gehört!
    Dabei hatten die Ayaliks keinen Wasseranschluss.
    Tagak drehte sich zurück zum Haus. Die Schatten der Felsen legten sich in der Dämmerung darüber, während sich am Himmel einer dieser dramatischen, arktischen Sonnenuntergänge abspielte. Es sah aus, als würde die Nacht in Feuer getaucht.
    Der Polizist beschleunigte
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