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0694 - Eine Falle für Merlin

0694 - Eine Falle für Merlin

Titel: 0694 - Eine Falle für Merlin
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schwestern des Schicksals anzulegen? Brüderchen, du bist ein noch größerer Narr, als selbst Zamorra glaubt.«
    »Es liegt lange zurück, aber es hängt alles zusammen und kommt jetzt zum Wirken. Hilf mir, dunkler Bruder.«
    »Ich sehe das so, dass sie dich jagen und dass ich dich verstecken soll, ja?«
    »Verstecken und gegebenenfalls schützen«, bat Merlin. »Ein Fluch hindert mich, die Erde bis zum kommenden Vollmond zu verlassen, aber die Zeit ist zu kurz, als dass Zamorra mir helfen könnte, den ich gebeten habe, gewisse Dinge zu tun…«
    »Ein Fluch hindert dich, soso«, murmelte Asmodis.
    Er betrachtete den Faden, der sich um Merlins Hals wand. Offenbar hatte der Lichtbruder diesen Faden nicht bemerkt. Aber Asmodis spürte, dass Merlin unter dem Einfluss der von jenem Faden ausgehenden Magie stand.
    Er war in eine Falle getappt, und diese Falle schleppte er mit sich herum, ohne es selbst zu bemerken…
    Es spielte keine Rolle, ob Asmodis ihm half oder nicht. Der Ex-Teufel war nicht sicher, ob es ihm gelang, die Magie des Fadens zu neutralisieren. Er wusste nur: wenn er ihn einfach so entfernte, starb Merlin.
    Aber wenn er ihn nicht entfernte, halfen alle Verstecke nicht.
    »Du hast meine Unterstützung, Bruder«, sagte er. »Wenn das hier vorbei ist, werde ich dich in ein sicheres Versteck bringen, wo dich weder die engelsverfluchte alte Hexe findet noch die Schwestern des Schicksals. In der Zwischenzeit entspanne dich, genieße eines der Mädchen, oder meinetwegen auch zwei oder drei… dieses Haus und alles, was darin ist, steht dir uneingeschränkt offen.«
    »Danke«, erwiderte Merlin knapp.
    Er konnte sich nicht entspannen, konnte nicht genießen. Nicht, solange ihm der Tod drohte.
    Ihm, der schon so unendlich lange lebte und der nicht ausgerechnet jetzt sterben wollte.
    Weil es für ihn noch unendlich viel zu tun gab.
    Denn mochten auch die Schwestern des Schicksals ihre Fäden spinnen und zu bunten Abbildern der Wirklichkeit knüpfen - Merlin war einer der Wächter, die im Auftrag des Dieners der Schicksalswaage daran arbeiteten, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.
    Und Merlins Ablösung war noch fern.
    Wenn er getötet wurde, war das nicht nur persönliche Tragik. Damit hätte er sich nach so vielen Jahrtausenden abfinden können.
    Aber die Schicksalswaage würde zur dunklen Seite kippen…
    ***
    Yaga kämpfte ihr Schwindelgefühl nieder. Die ganze Welt drehte sich um sie, nachdem sie an einen anderen Ort teleportiert worden war. Vor ihr lag der zusammengerollte Teppich, und vor ihr lag ihr in Decken gewickeltes Kind. Sie kniete nieder, nahm es hoch, zog es an ihre Brust.
    »Hexenkind, lach geschwind«, raunte sie. »Geschützt vor Mord an sicherem Ort…«
    Das Kind weinte und schrie nicht mehr. Aus großen Augen sah es die Mutter an.
    Yaga streichelte das Köpfchen.
    Dann erhob sie sich wieder, sah sich um. »Wo bin ich?«, fragte sie. »Ich danke euch für die Rettung - wo auch immer ihr euch verbergt.«
    »Du bist bei uns, aber du wirst nie in Sicherheit sein, so lange dein Feind Zamorra lebt«, erklang eine Stimme. Nacheinander traten die Thessalischen Hexen aus der Dunkelheit ins Licht. »Du hast uns um Hilfe gebeten, wir haben dir Hilfe gewährt. Warum taten wir das?«
    Yaga stieß mit dem Fuß gegen den zusammengerollten Teppich.
    »Er verbirgt einen Hinweis darauf, wo ich meine andere Tochter finden kann.«
    Die Thessalischen Hexen schwiegen eine Weile. Dann sagte eine: »Und du kannst diesen Hinweis nicht entschlüsseln.«
    »Bisher konnte ich es nicht«, gestand Yaga.
    »Wir werden es für dich tun«, versprach eine der Hexenschwestern. »Aber vergiss nie, dass alles seinen Preis hat. Das, was wir für dich tun, ebenso wie das, was du für uns tust. Alles muss sich ausgleichen, nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen, aber irgendwann.«
    Irgendwann ? »Ja«, sagte Yaga. »Irgendwann.« Ein Versprechen, das sie vielleicht niemals würde halten müssen. Irgendwann würde sie tot sein, wie es jener makabre Handel vorsah. Tot, getötet von ihrem Feind Zamorra. Diesem Schicksal konnte sie nicht entkommen, nie mehr, nachdem sie selbst eingewilligt hatte.
    Weil sie ihre Tochter finden musste!
    Dafür war sie zu allem bereit!
    Sie verbarg ihre Gedanken. Die Hexenschwestern mussten nicht wissen, dass Yaga nicht damit rechnete, ihre Schuld bezahlen zu müssen, weil sie vorher getötet wurde.
    Aber Yaga musste so lange leben, bis ihre zweite Tochter, das Kind, das sie auf den Armen hielt,
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