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0688 - Das Hohe Volk

0688 - Das Hohe Volk

Titel: 0688 - Das Hohe Volk
Autoren: Claudia Kern
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aus.
    ***
    Pierre Robin tastete nach der Pfeife in seiner Jackentasche und sah sich unauffällig um. Die Aufmerksamkeit, die Nicole und Zamorra erregten, hatte sich, gelegt. Die meisten Polizisten waren zu ihrer Arbeit zurückgekehrt und gingen wohl davon aus, dass jeder, der durch die Straßensperre gelangt war, einen triftigen Grund hatte, um hier zu sein.
    Die beiden benahmen sich auch nicht verdächtig, sondern standen einfach nur da und starrten auf etwas, das aus gewisser Entfernung durchaus als kleines Messgerät durchgehen konnte.
    Der Chefinspektor wusste, dass ein gewaltiger Anschiss drohte, wenn sein Chef je von seiner Einzelaktion erfuhr. Nicht umsonst hatte man eine Nachrichtensperre verhängt und vor allem die Kollegen, die sich gerne mal mit der Presse unterhielten, zu strengstem Stillschweigen verdonnert.
    Dass Robin es gewagt hatte, zwei Zivilisten zur Unfallstelle zu schmuggeln, grenzte an Hochverrat.
    Hinter ihm klimperte es.
    »Und? Könnt ihr schon was sagen?«, fragte Robin und drehte sich um.
    Aber da stand niemand, der ihm hätte antworten können. Nur das Amulett lag auf dem grauen Asphalt.
    Zamorra und Nicole waren verschwunden.
    ***
    Wieso wollen sie mich?, fragte sich Cylas.
    Mit zitternden Knien stieg er die steilen Steinstufen empor, dem Turm entgegen. Der Schweiß lief in Bahnen über sein Gesicht. Die Treppe hatte kein Geländer, und er fürchtete bei jedem Schritt, den Halt zu verlieren und in die Tiefe zu stürzen.
    Weit unter sich hörte Cylas die Gesänge des Stammes, die ihn in seine neue Heimat begleiten sollten. Er versuchte, Wrishtas Stimme in ihnen zu finden, aber das gelang ihm nicht. Ihr Bild stieg in seinen Gedanken auf und ließ sich nicht mehr vertreiben, so sehr Cylas sich auch bemühte.
    In Wrishtas Augen hatten Tränen geschimmert, als sie sich von ihm verabschiedet hatte. Iyokul war hingegen sichtlich erleichtert, dass das Hohe Volk ausgerechnet Cylas zu sich befohlen hatte. Sein leichtfertig gegebenes Versprechen, die Radkonstruktion zu Ende zu bauen, glaubte der junge Krieger nicht.
    Er blinzelte Schweiß aus seinen Augen und sah hinauf zum Turm. Obwohl er den Eindruck hatte, bereits seit Stunden die Treppe emporzusteigen, schien das steinerne Gebäude immer noch weit entfernt zu sein.
    Cylas konnte weder Fenster noch Türen entdecken. Da waren nur die nahtlos zusammengefügten Steine, die in Schwindel erregende Höhen aufragten.
    Die Alten behaupteten, der Turm stütze den Himmel und verhindere, dass der Stamm von den Wolken erdrückt würde. Cylas glaubte es beinahe.
    Die Gesänge des Stammes wurden leiser und verstummten schließlich ganz.
    Cylas wagte einen Blick nach unten, konnte jedoch niemanden mehr sehen. Nur die runden Zelte waren aus dieser Höhe noch zu erkennen. Sie waren nicht größer als das Wagenmodell, das er am Vorabend Iyokul gezeigt hatte.
    Cylas spürte, wie ihm übel wurde. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie hoch er gestiegen war. Mühsam widerstand er dem Drang, sich auf die Stufen zu legen und sie mit den Armen zu umklammern.
    Ich kann nicht hier bleiben, dachte er konzentriert. Ich muss weitergehen.
    Seine Beine waren so schwer, dass er sie kaum noch heben konnte. Cylas wandte den Blick vom Boden ab und den nächsten Stufen zu. Sein Leben dort unten war vorbei. Er fragte sich müde, was ihn wohl im Turm des Hohen Volkes erwartete.
    Die Legenden sprachen von großer Weisheit und vollkommener Zufriedenheit, aber niemand war je aus dem Turm zur Erde zurückgekehrt. Vielleicht gab es etwas ganz anderes hier oben…
    Cylas sah erneut zum Turm - und erstarrte.
    Der dunkle Stein ragte vor ihm auf, nur zwei Stufen entfernt. Die Treppe endete vor einem hölzernen, verschlossenen Tor.
    Cylas war verwirrt. Eben noch war ihm der Turm weit entfernt und torlos erschienen. Es war unmöglich, dass er die große Entfernung so schnell überbrückt hatte.
    Vorsichtig ging der Krieger auf das Tor zu. Das Blut rauschte in seinem Kopf, als er die Hand auf das kühle Holz legte.
    Lautlos schwang das Tor auf.
    Cylas traute seinen Augen nicht.
    Vor ihm lag eine Halle aus hell schimmernden Steinen. Sie war mit Gold und Diamanten verziert, die in einem Licht funkelten, das von allen Seiten zu kommen schien. Wasser plätscherte aus einem kleinen Wasserfall in einen Bach, in dem Cylas bunte Fische sah, die immer wieder spielerisch in die Luft sprangen, ein paar Sekunden verharrten, als wären sie Vögel, und dann wieder ins Wasser fielen.
    Der Bach wand sich seinen
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