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0671 - Der Zeittaucher

Titel: 0671 - Der Zeittaucher
Autoren: Unbekannt
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Ich würde ihnen unsere Überlegungen klar vor Augen führen. Aber ich durfte nicht alles aussagen. Noch nicht. Noch war es zu früh. Ich hob die Schultern und sagte: „Wenn ich daran denke, allen Menschen erklären zu müssen, warum wir mit zwei Gestirnen fliehen wollen, dann bricht mir der kalte Schweiß aus."
    „Schwitzen", warf Orana ein, „ist staatsmännische Pflicht eines Großadministrators!"
    Sekundenlang hallte der Raum vom Gelächter wider.
    Dann wurden wir schlagartig wieder ernst. Ich mußte den ersten offiziellen Schritt nach vorn machen. Es war unumgänglich. Ich fühlte mich auch nicht wohl bei dem Gedanken, der Bevölkerung des Sonnensystems etwas zu verheimlichen.
    „Ich nehme diese Pflicht willig auf mich", sagte ich und machte mir erste Notizen für meine Ansprache. „Sendedatum in den frühen Morgenstünden des fünften Dezembers."
    „Das dürfte der beste Termin sein", sagte Deighton. „Jedenfalls sollte noch nicht erwähnt werden, daß die Terraner mit ihrem eigenen Heimatplaneten das System verlassen."
    „Damit bin ich einverstanden. Zumal wir die technischen Voraussetzungen dafür noch nicht ganz geschaffen haben!"
    antwortete ich.
    In den nächsten Stunden diskutierten wir, unterbrochen durch den Eintritt des Arkoniden, was ich den Terranern zu berichten hatte. Dann hielt Waringer seinen Vortrag über den Stand der Vorbereitungen für die Flucht, für die Ausführung des Großen Planes. Nicht nur für die Zuhörer der systemweiten Ansprache war es wichtig, die Motive klar herauszustellen - auch wir hatten unsere eigenen persönlichen Zweifel und Probleme. Schließlich leiteten wir hier und jetzt das kühnste und riskanteste Abenteuer der Menschheit ein.
    Schließlich sagte Atlan: „Abgesehen vom glücklichen Ausgang unserer letzten Mission!
    Wir dürfen nicht vergessen, daß mit den Schiffen auch sämtliche Mutanten zurückgenommen sind. Sie befinden sich auf der Erde.
    Wir können also jederzeit mit dem fähigsten Korps rechnen, das die Menschheit je hervorgebracht hat."
    Daran hatte ich schon gedacht. Als sich die Diskussion dem Ende zuneigte, hob ich die Hand und fragte: „Geoffry! Wann könnte diese Flucht stattfinden?"
    Waringer hatte diese Frage sicher schon erwartet, denn er brauchte keine Sekunde lang zu überlegen.
    „Nicht vor dem fünfzehnten Dezember. Mit Sicherheit nicht. Ich sehe noch nicht in allen Teilbereichen dieses verrückten Unternehmens klar. Vermutlich wird es ins nächste Jahr hineingehen."
    Also noch rund vier Wochen, in denen die Unsicherheit uns alle in ihrem Griff halten würde. Ich stand auf.
    „Heute werde ich meine Rede ausarbeiten. Atlan, du besuchst mich doch?"
    „Gern", gab der Arkonide zurück. „Wo?"
    „Im Bungalow. Die Übertragung kann aus meinem Büro in der Administration stattfinden."
    „Das hat noch Zeit. Gut, ich komme später nach."
    Orana und ich verließen die Versammlung und benutzten den kleinen Transmitter, der uns im Tiefgeschoß des Bungalows wieder entließ. Orana und ich setzten uns auf die Terrasse, sahen hinaus auf den Wasserspiegel und auf die Silhouette der schönsten Stadt des Sonnensystems, wie jeder sagte. Hier hatte mein langer Weg begonnen - und hier schien sich der Kreis auf rätselhafte Weise zu schließen.
    Plötzlich schien mir die Stadt so, als wären ihre Tage gezählt.
    Und die Tage einer relativ glücklichen Menschheit ebenso.
    Diese Stunden waren die letzte ruhige Zeit für viele Tage und Wochen. Eine trügerische Ruhe, die jeden Augenblick auseinanderbrechen konnte.
     
    3.
     
    Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dachte ich, Orana Sestore, obwohl ich schon lange genug darüber hinaus sein müßte.
    Seinen eigenen Mann auf dem Bildschirm von Terra-Sol-Vision zu sehen, war nichts Aufregendes. Trotzdem war es anders.
    Rhodan war Bezugsperson für jeden, der sein Gerät jetzt eingeschaltet hatte.
    Neun Uhr morgens, fünfter Dezember.
    Es gab kaum einen Terraner unter den einundzwanzig Komma zwei Milliarden, der nicht auf den Bildschirm blickte. Von Merkur bis zu bemannten Relaisstationen auf der Plutobahn saßen die Menschen ruhig da und warteten, was diese achtmal angekündigte Sendung bringen würde.
    Ich wußte es, aber ich war trotzdem überrascht von der Perfektion und der Ehrlichkeit, mit der die Wissenschaftler die Sendung zusammengestellt hatten. Sie würden siebzig Minuten dauern.
    Gongschlag. Die Kennfarbe auf dem Schirm wechselte.
    Die Ansagerin vergaß ihr gewohntes Lächeln und sagte halblaut,
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