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0664 - Der Vampir von Denver

0664 - Der Vampir von Denver

Titel: 0664 - Der Vampir von Denver
Autoren: Claudia Kern
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sollten wieder einmal aufgefüllt werden.«
    Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ fast fluchtartig das Zimmer. Nicole und Zamorra folgten ihm etwas ruhiger.
    Fooly blieb allein zurück und betrachtete die Häuserpyramide, die mittlerweile beträchtlich an Höhe gewonnen hatte. Er war William nicht böse, weil er die Runde ebenfalls verlassen hatte. Essen einkaufen war immerhin eine sehr wichtige Tätigkeit, die keinen Aufschub duldete - vor allem nicht für einen sich im Wachstum befindenden Jungdrachen, der eigentlich immer hungrig war, auch wenn Zamorra ihn gerne darauf hinwies, daß sein gesamtes Wachstum sich in der Breite abzuspielen schien.
    Alles Ignoranten , dachte der Drache und fragte sich, ob William ihm wohl wieder eine kleine Überraschung aus dem Dorf mitbringen würde. Das tat er normalerweise, wenn er zum Einkäufen fuhr.
    Seine Gedanken stockten.
    Einkäufen?
    Um ein Uhr morgens?
    In dem kleinen Dorf unterhalb des Châteaus, in dem es noch nicht einmal eine 24-Stunden-Tankstelle gab?
    Fooly schnaufte empört und watschelte zur Tür.
    »Unverschämtheit«, murmelte er. »Das ist Feigheit vor dem Feind. Er hat genau gewußt, daß er verlieren würde, und hat deshalb die Flucht ergriffen. So ein Feigling.«
    Das es noch einen anderen Grund für Williams Ausrede geben könnte, kam dem Drachen nicht in den Sinn.
    ***
    Jin Mei legte zögernd die Hand auf die Türklinke. Ihr Vater hatte ihr zwar klare Anweisungen gegeben, aber jetzt, wo der Moment nahte, wußte sie nicht, ob sie ihm gehorchen konnte. Sie hatte keine Angst vor dem, was sie erwartete - schließlich sollte sie nur einige Tage in einem Antiquitätengeschäft arbeiten -, vielmehr störte es sie, daß sie jemanden täuschen sollte.
    Auch wenn es nur ein Fremder war…
    Ihr Vater hatte nicht gesagt, weshalb sie für diesen Mann arbeiten sollte, aber Jin Mei hatte genug von den Geheimnissen mitbekommen, die sich hinter der friedlichen Fassade des Viertels verbargen, um zu ahnen, was der Grund war.
    Jin Mei betrachtete die Fassade des Antiquitätengeschäfts, das in einer schmalen Gasse im Zentrum Chinatowns lag. Mehrstöckige Backsteingebäude türmten sich rechts und links von ihr auf und tauchten die Gasse in ein schattiges Halbdunkel. Nur ab und zu drangen Sonnenstrahlen, die von den Fenstern reflektiert wurden, bis zum Boden durch.
    Das Geschäft selbst lag im Erdgeschoß und wirkte auf den ersten Blick nicht sonderlich beeindruckend. Neben der schmalen Tür aus rissigem Holz und abgeblättertem Lack befand sich ein Schaufenster mit der Aufschrift »Kunstwerke und Antiquitäten«. Hinter der schmutzigen Scheibe hatte jemand ein einfaches schwarzes Tuch ausgebreitet, auf dem einige Gegenstände lagen. Jin Mei, die sich seit ihrer Kindheit für chinesische Kunst interessierte und davon träumte, ihr Wissen bei einem Studium zu vertiefen, ging näher heran. Ihre Augen wurden groß, und ihr Herz begann wie wild zu klopfen. Auf dem Tuch lagen ein kunstvoll verziertes Schwert, ein Teeservice aus feinem, handbemalten Porzellan und ein kleiner geknüpfter Teppich, auf dem einige Fabelwesen in geradezu unglaublicher Detailtreue abgebildet waren. Selbst durch das milchige Glas konnte die junge Chinesin erkennen, daß dies wahre Kostbarkeiten waren, Schätze, die man sonst nur in Museen betrachten konnte.
    Sie holte tief Luft. Hinter der Scheibe lag ein Vermögen.
    »Wenn Sie sich für mein bescheidenes Angebot interessieren, können Sie auch gerne eintreten und es näher betrachten«, sagte eine Stimme hinter ihr auf Mandarin.
    Jin Mei zuckte zusammen und sah auf. Sie war so in den Anblick der Gegenstände vertieft gewesen, daß sie nicht bemerkte, wie sich die Holztür öffnete und ein älterer Chinese hinaustrat. Er sah sie jetzt leicht amüsiert an.
    Sie verbeugte sich und lächelte unsicher.
    »Verzeihen Sie bitte, aber ich glaube kaum, daß ich mir etwas aus Ihrem wunderbaren Angebot leisten könnte«, sagte sie in der gleichen Sprache. »Vielmehr hoffe ich, daß ich Ihnen etwas anbieten kann.«
    Sie zeigte auf einen Zettel, der am Schaufenster klebte: Verkäuferin gesucht.
    Der ältere Mann nickte. »Jemand, der Kunst mit soviel Freude betrachtet wie Sie, sollte ständig davon umgeben sein«, antwortete er elegant und öffnete die Tür. »Treten Sie ein, damit wir uns über den geschäftlichen Teil unterhalten können.«
    Jin Mei vergaß ihre moralischen Skrupel. Sie wollte wissen, was sich hinter der Tür befand, welche Schätze dort
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