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0655 - Der Tod in Moskau

0655 - Der Tod in Moskau

Titel: 0655 - Der Tod in Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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immer«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß Gregor euch dieser Sache wegen hergeholt hat. Das wird ja wohl eher mit dem Tod im roten Mantel Zusammenhängen, den auch Tanja gesehen hat. Vielleicht sollten wir uns erst mal darum kümmern. Soll heißen, ihr jagt für Aurora den Tod, und ich helfe Tanja. Was auch immer Aurora an diesem Skelett-Phänomen so interessant findet. Gut, es ist sicher ein Para-Phänomen. Aber gerade deshalb Wissenschaftler aus dem westlichen Ausland anzufordern, paßt eigentlich nicht richtig ins Bild.«
    »Es paßt schon, Boris«, sagte Nicole.
    Verblüfft sah er sie an. »Wieso das?«
    »Sie wollen dich schützen und halten. Sie denken, es ist ein Fall für die Parapsychologie. Wenn du den Fall nicht lösen könntest, wärest du erledigt. Wenn wir ihn nicht lösen können, haben eben die ausländischen Experten versagt, und dich trifft keine Schuld - keine negative Eintragung in deiner Personalakte. Schaffen wir es allerdings, kassierst du den Ruhm, weil du der Teamchef bist. Verstehst du? Du bist tatsächlich ziemlich unentbehrlich. Wenn es schiefgeht, wollen sie uns, den Ausländern, den Hilfsarbeitern, den schwarzen Peter zuschieben. Du bleibst ungeschoren, so oder so.«
    »Das ist unglaublich«, murmelte Saranow.
    »Das, mein Freund«, erwiderte Nicole, »ist Politik. Gehen wir jetzt zu Eva?«
    ***
    Tanja hatte nur wenig geschlafen. In ihren Träumen sah sie Avalon, und sie sah einen großen Wald voller seltsamer Fabelwesen, aber jedesmal, wenn sie erwachte, schwand die Erinnerung an die Traumbilder sehr rasch dahin. Noch während sie die Eindrücke zu sortieren und festzuhalten versuchte, entzogen sie sich ihr.
    Es war längst hell, als sie sich endgültig wieder von ihrem Bett erhob. Sie suchte die Etagentoilette auf, den einzigen Raum, in dem es Wasser gab, erfrischte sich und kehrte ins Zimmer zurück. Gern hätte sie geduscht, aber das war hier leider nicht möglich.
    Im Spiegel betrachtete sie ihre eigenartige Lederkleidung. Sie gefiel ihr nicht. Sie paßte nicht zu ihr, das war das einzige, was sie mit absoluter Sicherheit wußte. So wollte sie nicht herumlaufen! Am liebsten hätte sie die Sachen einfach fortgeworfen, aber sie hatte nichts anderes. Sie konnte ja nicht nackt durch die Stadt laufen. Dafür war es zu kühl, es war nicht ihre Art, und außerdem erregte es Aufsehen. Das hier war nicht Avalon und auch nicht der Wunderwald…
    Sie stutzte.
    Waren das Erinnerungen?
    Wieder grübelte sie, versuchte Erinnerungen zu wecken. Aber da war nichts, so sehr sie sich auch anstrengte.
    Was hatte der große, dicke Mann gesagt, der Parapsychologe war und Saranow hieß? Eine Rückführung durch Hypnose…?
    Aber sie wußte nicht, ob sie ihm vertrauen konnte.
    Vielleicht wollte er ihr helfen, vielleicht aber auch nicht. Er hatte zwar etwas Beruhigendes an sich, durch das sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Aber noch blieb sie mißtrauisch. Vielleicht war alles nur eine Falle.
    Es wäre nicht die erste…
    Sie hatte den Tod gesehen. Den Knochenmann im roten Mantel. Und er war vor ihr zurückgewichen. Er schien sie zu kennen, oder er spürte etwas, das von ihr ausging und ihn berührt hatte. Davor fürchtete sie sich.
    Sie mußte fort von hier, mußte sich erst einmal zurechtfinden. Aber wie, in ihren auffälligen Sachen? Aus dem Fenster konnte sie auf die Straße hinaussehen. Niemand war auch nur so ähnlich gekleidet wie sie, und niemand trug einen langen Dolch an der Seite.
    Wenn sie untertauchen wollte, benötigte sie andere Kleidung.
    Aber woher nehmen und nicht stehlen?
    Sie war keine Diebin! Aber sie konnte auch nichts kaufen. Sie trug kein Geld bei sich, auch keine Kreditkarte. Und da sie nichts über ihre Vergangenheit wußte, keinen Menschen kannte, konnte sie auch nicht bitten, daß jemand sie telefonieren ließ. Mit wem sollte sie denn reden?
    Mit diesem Saranow allenfalls. Er hatte ihr seine Visitenkarte gegeben.
    Was sollte sie ihm sagen?
    Er würde ohnehin hierher kommen. Er hatte versprochen, mit ihr einkaufen zu gehen, damit sie andere Kleidung erhielt. Aber damit gab sie sich auch praktisch in seine Hand; sie stand dann in seiner Schuld. Gab es denn keine Möglichkeit, das zu vermeiden?
    Vielleicht sollte sie einfach verschwinden. Trotz ihrer auffälligen Kleidung. Irgendwie würde sich schon eine Möglichkeit finden. Aber zuvor sollte sie vielleicht noch etwas essen. Der Hunger begann in ihr zu nagen. Durst war nebensächlich; sie hatte sich am Wasserkran des

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