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0654 - Unter dem Vampirmond

0654 - Unter dem Vampirmond

Titel: 0654 - Unter dem Vampirmond
Autoren: Werner Kurt Giesa
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und euch an ihm gütlich tun.« Sie erläuterte ihren Plan.
    »Du spielst riskant«, sagte der Vampir schließlich. »Vielleicht etwas zu riskant. Es gab da mal vor einiger Zeit eine Versammlung von Werwölfen, die Zamorra gesprengt hat. Für die Betroffenen war diese Angelegenheit ziemlich endgültig und tödlich. Gut, es war nur ein Rudel flohräudiger Köter, aber trotzdem - was den Werwölfen geschah, könnte auch uns zustoßen. Ein Mann wie Zamorra ist sehr gefährlich.«
    »Aber wir sind edler und stärker als Wölfe«, sagte Michelle. »Und vor allem sind wir weit mehr, als jene damals gewesen sein dürften. Wir werden Zamorra zerfetzen. Wir alle zusammen. Ich habe den Plan entworfen, ich habe die Falle gestellt, und er tappt hinein.«
    »Man hörte bereits davon, daß er hinter dir her sei«, sagte diSarko. »Und daß er nicht allein kommt.«
    »Natürlich nicht. Seine Gefährtin ist bei ihm«, sagte Michelle. »Aber sie stellt keine zusätzliche Gefahr dar.«
    Ohne anzuklopfen, betrat in diesem Moment Kees van Sarken den Raum. Wie schon vorher bei Michelle, hatte er sich herangepirscht, ohne daß jemand seine Nähe registriert hatte. Er war einfach da.
    »Ich wäre mir da nicht so sicher«, sagte van Sarken.
    Er war nicht allein gekommen; eine farblose Erscheinung folgte ihm, blieb aber an der Tür stehen. Ebenfalls ein Vampir, aber eine niedere Kreatur. Nicht mehr als ein Diener.
    Gierig starrte van Sarken die beiden Mädchen bei diSarko an. Nicht weniger gierig betrachtete er Michelle. Sie hob die Arme und zeigte ihm die langen, scharfen Klingen an ihren Unterarmen.
    Zu sagen brauchte sie dabei nichts. Van Sarken verstand die Geste und verzog verdrossen das Gesicht.
    »Mein Diener hat mir geflüstert, wer bei Zamorra ist«, sagte er, noch ehe diSarko ihn für die Störung maßregeln konnte. »Sagt euch der Name Gryf ap Llandrysgryf etwas?«
    ***
    Gryf schnipste mit den Fingern. Seine schockgrünen Augen glühten für einen Moment regelrecht in der Dunkelheit. Dann befand sich eine Taschenlampe in seiner Hand.
    »Daran hast du nicht gedacht, Alter«, vermutete er.
    Zamorra griff in eine Innentasche seiner Jacke. Eine weitere Lampe leuchtete auf.
    »Und zur Not habe ich immer noch ein Feuerzeug bei mir«, erwiderte er spöttisch. »Alte Dienstvorschrift beim Militär: Bei Einbruch der Dämmerung ist mit Dunkelheit zu rechnen.«
    »Wie sinnig. Gilt das auch in der Morgendämmerung?« brummte Gryf.
    »Ach, die Jungs haben da noch viel sinnigere Vorschriften. Gerät der Soldat in ein Gewässer, das tiefer ist als ein Meter, so hat er selbsttätig mit Schwimmbewegungen zu beginnen. Und so weiter…«
    »Klingt so, als hättest du für den Kosovo-Krieg trainiert.«
    Zamorra legte dem Druiden die Hand auf die Schulter. »Je länger wir hier herumstehen und dummes Zeug reden, desto mehr Zeit verlieren wir. Vorhin im Hotel hast du gedrängelt, jetzt drängele ich.«
    »Ist ja wie in der Metro und an der Supermarktkasse - überall drängeln die Leute…« Gryf verstummte und begann mit seinen Para-Sinnen zu lauschen. Er tastete nach Nicoles Bewußtseinsaura und ihren Gedanken. Was er erkannte, war wie ein Schatten der Zeitschau. Was das Amulett Nicole übermittelte erfuhr Gryf gewissermaßen aus zweiter Hand.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das ist doch nicht das, was ich wollte«, brummte er.
    »Was ist passiert?« wollte Zamorra wissen.
    »Ich sehe nur, was sie in ihrem Halbtrance-Zustand wahrnimmt, und das auch nur verschwommen«, erklärte der Silbermond-Druide. »Zu ihren eigentlichen Gedanken, also zu dem, was sie tatsächlich wahrnimmt, weil es sich um sie herum abspielt, komme ich einfach nicht durch. Ihre wirkliche Wahrnehmung wird vom Amulett beziehungsweise der Zeitschau komplett überlagert.«
    »Und das bedeutet?« fragte Zamorra alarmiert.
    »Das bedeutet, daß wir Gefahren in ihrer unmittelbaren Nähe möglicherweise nicht schnell genug erkennen können. Wenn sie in eine Falle gerät, dann…«
    »Denkfehler«, sagte Zamorra. »Wenn sie in eine Falle gerät, können wir ohnehin nichts anderes tun als sie herauszuholen versuchen. Wir müssen verhindern, daß diese Falle zuschnappt, wir müssen ihr also immer ein paar Meter voraus sein, nur eben auf anderen Wegen, durch parallele Gänge beziehungsweise zur Not mit dem zeitlosen Sprung.«
    »All right«, erwiderte der Druide. »Kannst recht haben, Alter. Trotzdem wären mir beide Optionen zugleich wesentlich lieber. Ich habe gern die Kontrolle über alles,
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