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0643 - Das fliegende Grauen

0643 - Das fliegende Grauen

Titel: 0643 - Das fliegende Grauen
Autoren: Jason Dark
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mich an. »In diesem Lande ja. Der Sultan steht sich gut mit dem König. Man lässt ihn werkeln und wirken.« Er drückte mir etwas in die Hand. »Hier, schauen Sie mal.«
    Es war ein Feldstecher. Ich pustete den Staub von der Optik und schaute hindurch.
    Zum Greifen nahe holte ich die kleine Stadt inmitten des Steinmeeres zu mir heran. Die Häuser interessierten mich weniger. Sie waren für mich nur Staffage. Mir ging es allein um die Menschen, die sich dort befinden mussten. Natürlich hegte ich auch die ferne Hoffnung, Glenda und Jane zu entdecken.
    Leider nein, dafür sah ich die Wächter. Sie trugen helle Kleidung, nur ihre Waffen schimmerten dunkel. Über den Schultern hingen Gewehre, in manchen Gürteln steckten auch Revolver.
    »Lass mich auch mal schauen.«
    »Sorry, Suko.« Ich gab ihm das Glas.
    Donati hatte sich wieder eine Zigarre angezündet. Paffend lehnte er an der Fahrerseite und trank dazu Wasser aus der Dose. In seinem Bart hatten sich Tropfen gesammelt, die wie feine Perlen schimmerten. Er wischte über die kratzigen Stoppeln und meinte: »Wissen Sie eigentlich, Sinclair, dass mein Job damit quasi beendet ist?«
    »Sie wollen zurück?«
    »Ich werde in der Dunkelheit fahren. Sie können sowieso nur mit dem Hubschrauber weg.«
    »Gibt es keine anderen Fahrzeuge?«
    »Geländewagen stehen dem Sultan angeblich auch zur Verfügung. Nur finden sie die mal. Der wird sie in irgendeinem der Bauten versteckt haben.«
    Suko schlug vor, die Dunkelheit abzuwarten.
    »Das müssen Sie sowieso. Und sehen Sie zu, dass Sie den Schweinwerfern ausweichen. In der Nacht feiert der gute Sultan wahre Lichtorgien. Die Strahlen schießen in sämtliche Richtungen. Der hat Angst um seinen Luxus, um sein Leben, was weiß ich nicht alles noch.« Donati deutete nach oben. »In wenigen Minuten ist es so weit, dann fällt hier der Vorhang.«
    Suko und ich verkürzten uns die Wartezeit, indem wir jeder zwei Dosen mit Wasser leerten. Beim Trinken kam es uns vor, als würde der Körper die Flüssigkeit aufsaugen wie ein trockener Schwamm. Wir überprüften unsere Waffen.
    Es waren die normalen. Berettas, mein Kreuz, der Dolch, Sukos Dämonenpeitsche, sein Stab.
    »Schauen Sie mal hoch!«, sagte Donati und lachte.
    Wir hoben die Köpfe, blickten hin, schauten, staunten, denn es war einfach wunderbar. Ein Schauspiel, das die langen Strapazen der Reise beinahe vergessen ließ. An das, was vor uns lag, dachten wir in diesen Sekunden nicht.
    Dunkelblau, dabei so tief wirkend und gleichzeitig zum Anfassen nahe, spannte sich der Himmel über uns. Das war nicht nur irgendein Himmel, das war die Weite des Firmaments, die Unendlichkeit des Alls, die zu Träumereien verlockte und zum Philosophieren einlud. Es war einfach wunderbar, dorthin schauen zu können.
    Und dann die Sterne. Ich hatte den Eindruck, als wären Millionen winziger Lämpchen eingeschaltet worden. Und das bei Vollmond. Eine tolle Kulisse. Der Mond war so ungemein klar, so dass wir seine Landschaft erkennen konnten, die Berge, die sich als graue Schatten abzeichneten.
    Ein Mond, wie von einem Maler geschaffen. Ein gleichzeitiger Kraftspender für die Nächte der Finsternis, für Vampire, Werwölfe und andere dämonischen Geschöpfe.
    Dieses Wunder sahen wir nicht nur, wir erlebten es. Zumindest mir rann dabei ein Schauer der Ehrfurcht über den Rücken, eine Gänsehaut, die auch so rasch nicht weichen wollte.
    »Was haben Sie?«, fragte Donati, der seine mittlerweile erloschene Zigarre wieder angezündet hatte.
    Mittlerweile steckte sie nur noch halb so lang zwischen den Lippen.
    »Mich beeindruckt so ein Himmel!«
    »Ja, er ist wunderbar. Das gehört zu den Schönheiten dieses Landes.« Dann winkte er ab. »Wissen Sie, wenn man so lange in diesem Land lebt wie ich, schaut man kaum noch hin. Aber es ist faszinierend, da haben Sie Recht. Der stiehlt selbst dem Palast des Sultans die Schau, und das soll schon was heißen.«
    Suko stand hinter mir. Als er sich in Bewegung setzte, knirschten seine Tritte.
    »Sagenhaft, nicht?«
    Er brummte nur.
    »He, was hast du?«
    »Im Prinzip nichts, John, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass dort etwas war.«
    »Tatsächlich? Wo?«
    »Am Himmel. Ich - ich habe da einen Schatten gesehen.« Er hob die Schultern »Kann mich auch täuschen, aber ich meine schon, dass sich dort etwas beweg hat.«
    »Ein Vogel?«
    »Möglich.«
    Suko sprach so seltsam, dass ich mich an Donati wandte, der uns zugehört hatte. »Ich weiß, was Sie wissen
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