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063 - Das Rätsel der Insel

063 - Das Rätsel der Insel

Titel: 063 - Das Rätsel der Insel
Autoren: Michael J. Parrish
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nutzt die Energie der Hirnströme, aber im Gegenzug erschafft er aus seinen Gedanken das Paradies auf Erden für ihn. Oder vielmehr: erschuf. Denn in den letzten Jahrzehnten wurden die Träume des Menschen immer schwächer. Wo zuvor prächtige Möbel und rauschende Feste die Burg erfüllten, sind jetzt nur noch leere Gänge und Säle.«
    »Ich verstehe«, sagte Matt. »Dann stimmt es also? All das hier - die Insel, die Festung und die Menschen darin - sind nur eine Projektion? Es existiert nicht wirklich?«
    »Es existiert, weil ich es will«, gab der Khan zurück.
    »Dann… bist du dieser Organismus?«, wollte Aiko wissen.
    »Es ist das Bewusstsein des Wesens, das zu euch spricht, in der Gestalt des Mannes, mit dem es einst verschmolz. Dank mir wurde dem Mann, der sich Kanghai Khan nannte, ein langes Leben ermöglicht, in einer Umgebung seiner Wahl. Es fehlte ihm an nichts. Aus seiner Erinnerung wurde für ihn die Welt erschaffen, die er sich erträumte. Eine stolze Festung, umgeben von Bergen und Steppe, bewohnt von den Menschen, die er kannte und liebte. Er hat sein Leben genossen, das lange war und erfüllt. Doch jetzt, nach dreihundert Jahren, ist seine Energie nahezu erschöpft. Ein neuer Symbiont muss gefunden werden.«
    »Ich hab’s doch geahnt«, brummte Matt. Laut fragte er: »Und das soll einer von uns sein?«
    »Nicht irgendeiner«, gab der Khan kopfschüttelnd bekannt.
    »Du bist es.«
    »Ich?«
    »Ich habe euch Prüfungen unterzogen und festgestellt, dass du alle Voraussetzungen erfüllst. Du bist jung und vo ller Energie, und du scheinst über viele interessante Erinnerungen zu verfügen. Du bist der Anführer dieser Gruppe, was für deine Stärke spricht, du bist furchtlos und umsichtig. Nur Geduld musst du noch lernen. Aber dazu wird in den nächsten tausend Jahren Zeit genug sein…«
    »Ohne mich!« Matt schüttelte entschieden den Kopf und trat einen Schritt zurück. »Wenn du denkst, dass ich hier in Aspik versauere, dann…«
    »Keine Sorge«, versicherte der Khan. »Es wird dir an nichts fehlen. Im Gegenteil werden dir all deine Träume und Wünsche erfüllt. Jeder mögliche und jeder unmögliche. Bei diesem da« - er deutete auf dem mumifizierten Körper - »bestand das Problem darin, dass er allein zu mir kam. Ich habe versucht, ihm Gesellschaft zu verschaffen, habe aus seiner Erinnerung Menschen erzeugt, die ihn die Einsamkeit vergessen lassen sollten. Doch es hat nicht funktioniert…«
    »Natürlich nicht«, warf Aiko ein. »Diese Menschen hatten ja keine eigene Identität, sondern waren nur Fragmente seiner Erinnerungen. Das ist gerade so, als würde man mit sich selbst sprechen.«
    »Du hast es richtig erkannt«, stimmte Khangai Khan zu - oder vielmehr das Wesen, das durch die Projektion seines Körpers sprach. »Deshalb habe ich meinen Plan geändert. Diesmal wird mein Symbiont Gesellscha ft haben, die dafür sorgt, dass seine Lebensenergie über die Jahrhunderte erhalten bleibt.«
    »Kommt nicht in Frage.« Matt schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du bist und woher du kommst, aber du solltest dich damit abfinden, dass ich auf deine Pläne pfeife.«
    »Das kann ich nicht«, entgegnete der Khan, während seine groß gewachsene Gestalt allmählich zu verblassen begann. »Es ist meine Bestimmung. Ich habe dreihundert Jahre darauf warten müssen, dass wieder jemand seinen Fuß auf diese Insel setzt. Ich werde euch nicht einfach gehen lassen.«
    Damit verschwand die Gestalt des Mongolen.
    Matt, Aruula und Aiko schauten einander betroffen an - und wandten sich im nächsten Moment zur Flucht.
    Keine Sekunde zu früh. Und doch zu spät.
    Denn einen Herzschlag später veränderte sich die grün leuchtende Masse, die den Leichnam des Mongolen überzog, und nahm plötzlich Form an!
    Drei armdicke Tentakel formten sich aus dem zähflüssigen Schleim. Wie die Enden einer Peitsche zuckten sie quer durch den Raum und erwischten Matt und seine Freunde, als sie gerade durch die Öffnung nach draußen steigen wollten.
    Einer der Tentakel traf Matthew Drax an der Schläfe.
    Ihm war, als rase ein Stromschlag durch seinen Körper. Er fühlte heißen Schmerz, zuckte krampfhaft, während albtraumhafte Bilder durch sein Bewusstsein schossen. Bilder von einer anderen Bewusstseinsebene, die seine Wahrnehmung überstieg.
    Instinktiv griff er nach dem Tentakel, der sich an seiner Stirn festgesogen hatte.
    Die gallertartige Masse fühlte sich kalt und feucht an und versuchte seinem Griff auszuweichen.
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