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0624 - Der Schädel des Riesen

0624 - Der Schädel des Riesen

Titel: 0624 - Der Schädel des Riesen
Autoren: Jason Dark
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Furchen und Gräsern. Eine müde, alte, schwammige Haut, die sämtliche Straffheit und Frische verloren hatte. Selbst mein eigener Vater sah nicht so alt aus wie ich.
    Das würgende Gefühl schoß in meine Kehle hoch. Die Tränen drückten gegen die Augen, ich ballte die Hände zu Fäusten und spürte die Nässe des Schweißes.
    Im Wasser zerrann mein Gesicht. Die Züge zerflossen, sie wurden einfach hinweggetragen und machten mir deutlich, daß ich mich in einem Prozeß der Auflösung befand. Auch meine Seele war weggetrieben worden. Ich saß am Bachrand wie ein Stück Hülle.
    Beim Aufstehen kippte ich nach hinten. Bevor ich ins Gras fallen konnte, war Kara da und stützte mich ab.
    »Komm auf die Beine, John. Du solltest etwas essen und auch trinken. Bitte!«
    Mich überkam Schwindel, als ich stand, hielt mich allerdings ohne Hilfe. »Nein, Kara, ich will nichts essen, ich möchte meine Ruhe haben. Kann ich noch bleiben?«
    »So lange du willst.«
    »Das werde ich wohl nicht tun.« Meine Füße bewegten sich schlurfend durch das Gras. »Ich habe noch kein Ziel, ich werde auch in naher Zukunft keines haben. Ich kann nicht in meine Wohnung zurück. Ich würde mich dort nur verkriechen und an Dinge erinnert werden, die hinter mir liegen. Es ist zu schlimm.«
    Kara widersprach nicht. Sie hielt mich auch nicht auf, als ich das Blockhaus ansteuerte, das ihr, Myxin und dem Eisernen als sichere Unterkunft diente.
    Ich öffnete die Tür – und sah die kleine Gestalt vor mir wie einen erstarrten Schatten.
    Es war Myxin, der Magier!
    Wir schauten uns an. Er sah in mein altes, ich in sein normales Gesicht. Dann fragte ich: »Wo kommst du her, Myxin?«
    »Aus deiner Wohnung, John, von deinen Freunden…«
    ***
    Ich wollte lachen, sehr bitter lachen, aber das blieb mir im Hals stecken.
    Von meinen Freunden, hatte er gesagt. Aus der Wohnung. Es war einfach nicht zu glauben, lächerlich in diesen Augenblicken für mich, denn es lag alles zu weit zurück.
    Tage nur, doch mir kam es vor, als wäre es in einem vergangenen Leben gewesen.
    Der Boden schwankte unter den Schuhen. Erinnerungen überschwemmten mich mit einer derart elementaren Wucht, daß ich mich am Türrahmen abstützen mußte.
    Kara stand hinter mir. Sehr dicht, so daß ihr warmer Atem meinen Nacken streifte.
    »Aus meiner Wohnung, von meinen Freunden«, wiederholte ich flüsternd. »Sorry, aber beides gibt es nicht mehr, Myxin. Es tut mir leid, das ist für mich gestorben.«
    »Ich sehe keinen Grund, John!«
    Ich wollte ihn anschreien und schaffte nur ein Krächzen. »Verflucht noch mal, schau mich an! Zu was bin ich denn geworden? Zu einem… zu einem Menschen, den das Alter gezeichnet hat. Da kannst du sagen, was du willst, es ist so.«
    Der kleine Magier gehörte zu den Wesen, die zwar menschlich aussahen, abgesehen von seiner leicht grünlich schimmernden Haut, aber er brauchte nicht zu atmen, er kam auch ohne Nahrung aus, was er durch den mehr als zehntausendjährigen Schlaf bewiesen hatte. In diesem Augenblick aber sah es aus, als würde er lange und seufzend tief Luft holen. Dabei schüttelte er den Kopf. »Zieh dich nicht zurück, John. Es wäre ein schlimmer Fehler, glaub es mir.«
    Ich stierte ihn an. »Was soll ich denn machen?«
    »Nachdenken.«
    Eine klare Antwort, mit der ein Mensch auch etwas anfangen konnte.
    Nur ich konnte oder wollte nicht, darüber war ich mir selbst nicht im klaren. »Worüber soll ich denn nachdenken, Myxin. Kannst du mir das sagen?«
    »Ja, über eine Lösung.«
    Ich schaute ihn an, um herauszufinden, ob er es ernst meinte. Sein Gesichtsausdruck blieb normal. Er hatte nicht versucht, mich auf den Arm zu nehmen. »Eine Lösung?« flüsterte ich, »nein, Myxin, die gibt es nicht. Zumindest sehe ich keinen Weg.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen, John. Du strengst dich nicht an, das ist es.«
    »Würdest du das in meiner Lage?«
    »Bestimmt. Ich habe lange in einem magischen Schlaf gelegen, das weißt du genau. Ich kann dir und Suko dankbar dafür sein, daß ihr mich aus dieser unnatürlichen Ruhe geweckt habt. Auch für mich hat es eine Lösung gegeben, es wird sie auch für dich geben. Zudem arbeiten wir alle an diesem Problem.«
    »Wer ist wir?«
    »Ich schließe Anwesende mal aus«, erklärte Myxin mit ruhiger Stimme. »Das sind Suko, die Conollys, Jane, Lady Sarah, Sir James. Sie alle machen sich ihre Gedanken und Sorgen, damit du wieder zu dem wirst, der du einmal gewesen bist.«
    »Klar, daran glaube ich sogar. Ich bin
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