Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
öffnete sich, als sie ihre Hand nach dem Messingklingelzug ausstreckte.
    Vor ihr stand Mr. Daver selbst. Ein großer, magerer Mann in den Fünfzig, mit einem gelben, koboldartigen Gesicht und einem Lächeln, das allen Sinn für Humor, dessen sie fähig war, wachrief. Sie hätte am liebsten laut aufgelacht. Die lange Oberlippe hing über die untere hinweg, und das Gesicht war schmal und faltig. Die runden, braunen Glotzaugen, die gerunzelte Stirn und ein Haarschopf, der senkrecht in die Luft stand, verstärkten noch sein koboldartiges Aussehen. ..
    »Miss Belman?« fragte er mit einer gewissen Hast.
    Er lispelte etwas und hatte eine Art, seine Hände zu verschränken, als hätte er die größte Besorgnis, er könnte mißfallen.
    »Kommen Sie bitte in meine Höhle«, sagte er.
    Die ›Höhle‹ war ein sehr bequem eingerichtetes Studierzimmer, dessen eine Wand ganz unter Büchern verschwand. Er schloß die Tür und schob ihr mit einem leisen, nervösen Lachen einen Stuhl hin.
    »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind. Hatten Sie eine angenehme Reise? Aber sicherlich, nicht wahr? Und London . . .? Heiß und schwül . . . Leider, kann ich mir denken. Wollen Sie nicht eine Tasse Tee trinken? Aber natürlich!«
    Er stieß Fragen und Antworten so schnell heraus, daß sie keine Möglichkeit hatte, eine Antwort zu geben, und er hatte den Telefonhörer in der Hand und schon Tee bestellt, ehe sie noch irgendeinen Wunsch geäußert hatte.
    »Sie sind jung - sehr jung«, er schüttelte traurig seinen Kopf. »Vierundzwanzig - nicht wahr? Können Sie Schreibmaschine schreiben? Was für eine lächerliche Frage!«
    »Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Mr. Daver, mich zu empfangen«, sagte sie, »und ich kann auch keinen Augenblick annehmen, daß ich Ihren Ansprüchen genügen werde. Ich habe gar keine Erfahrung im Hotelwesen, und nach dem Gehalt, das Sie aussetzen, muß ich annehmen . . .«
    »Immer ruhig«, sagte Mr. Daver und schüttelte feierlich seinen Kopf. »Gerade Sie brauche ich. Arbeit gibt es sehr wenig, aber auch das ist mir zuviel. Meine Privatarbeiten« - er deutete mit der Hand auf den Schreibtisch, der mit Papieren bedeckt war - »nehmen mich außerordentlich in Anspruch. Ich brauche eine Dame, die die Bücher führt . . . meine Interessen wahrnimmt. Jemand, dem ich vertrauen kann. Ich verlasse mich auf Gesichter. Sie auch? Ich glaube, ja. Und auf die Handschrift . . .! Sie doch auch. . .? Drei Monate lang habe ich annonciert. Mit fünfunddreißig Bewerberinnen habe ich sprechen müssen! Einfach unmöglich . . . Und ihre Stimmen - schrecklich! Ich beurteile Menschen nach ihrer Stimme ... Sie sicherlich auch. Als Sie am vergangenen Montag telefonierten, sagte ich mir gleich: Die Stimme!«
    Er hatte seine Finger so fest ineinander verflochten, daß die - Knöchel ganz weiß waren, und diesmal konnte sie das Lachen nicht verbeißen.
    »Aber Mr. Daver, ich weiß ja gar nichts von der Arbeit in einer Pension. Ich glaube sicher, daß ich es lernen könnte - und ich möchte die Stellung natürlich schrecklich gern haben. Das Gehalt ist ja furchtbar anständig.«
    »Furchtbar anständig«, wiederholte er brummend, »wie merkwürdig die beiden Worte nebeneinander klingen...! Meine Haushälterin. Sehr freundlich von Ihnen, Mrs. Burton, daß Sie den Tee bringen.«
    Die Tür hatte sich geöffnet, und eine Frau mit einem silbernen Teebrett kam herein. Sie war sehr adrett in Schwarz gekleidet. Ihre Augen blickten kaum nach Margaret hin, als sie wartete, während Mr. Daver sprach.
    »Mrs. Burton, diese junge Dame ist die neue Sekretärin unserer Gesellschaft. Sie muß das beste Zimmer im Haus haben, das blaue Zimmer. Aber - warten Sie mal!« er biß sich besorgt auf die Lippen - »vielleicht lieben Sie Blau gar nicht?«
    Margaret lachte.
    »Mir ist jede Farbe recht«, sagte sie, »aber ich habe mich doch noch gar nicht entschieden . . .«
    »Gehen Sie bitte mit Mrs. Burton. Sehen Sie sich das Haus an ... Ihr Büro . . . Ihr Zimmer. - Mrs. Burton!«
    Er wies auf die Tür, und ehe das junge Mädchen wußte, was sie eigentlich tat, war sie schon der Haushälterin durch die Tür gefolgt.
    Ein schmaler Gang verband Mr. Davers Privatbüro mit dem Haus, und Margaret wurde in einen großen, hohen Raum geführt, der die ganze Breite des Gebäudes einnahm.
    »Der Bankettsaal«, erklärte Mrs. Burton mit dünner Stimme, die durch ihre Eintönigkeit auffiel, »wird jetzt als Gesellschaftszimmer benutzt. Wir haben nur drei Pensionäre. Mr.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher