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0611 - Brennpunkt Medo-Center

Titel: 0611 - Brennpunkt Medo-Center
Autoren: Unbekannt
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Appetit war gründlich ruiniert.
    Ich dachte an Tracos Vasiouh.
    Ich zwang mich dazu, den letzten Schluck des dunkelbraunen Getränks hinunterzuwürgen, das ich unter dem Namen Kaffee kannte. Ich zog die Jacke über, schnallte die Waffe unter die Schulter und verließ meine Wohnung. In der Garderobe hing der leichte Mantel des Mädchens, das ich sehr gut kannte, sie war aber kein Ersatz für Annabel, und sie war weit davon entfernt, Annabel jemals von ihrem Platz in meinen Gedanken verdrängen zu können.
    „Verdammt!" sagte ich.
    Während ich in dem Schacht der Antigravanlage nach unten sank, pfiff ich wieder. Es waren die paar Takte „unseres" Liedes.
    Für drei Personen im Bereich dieser Milchstraße waren es die Takte des Todes.
    Für Annabel, für mich und für den Akonen.
    Ich stieg in meinen Gleiter, schaltete die Maschine an und fuhr langsam durch die Straßen auf das Haus zu, in dem, sorgfältig getarnt, unser Büro lag. Noch ließ die Menschenmenge nicht erkennen, daß das Chaos nach Tahun griff. Ich sah sämtliche Dinge, die ich auch sonst auf diesem Weg entdecken konnte, nur in verstärkter Aktivität.
    Wieder pfiff ich.
    Auch der Kommandant dieses Explorers würde merken müssen, daß Tahun nicht länger ein Zentrum der medizinischen Hilfe war. Wir alle waren hoffnungslos überfordert. Ich merkte es an unzähligen Zeichen. Überall hasteten die Menschen. Niemand schien Zeit zu haben, und niemand verleugnete, daß er beschäftigt war. Wenn das, was ich hier sah, für ganz Tahun zutraf, dann war es soweit.
    Tahun war ein Hexenkessel.
    „Vermutlich", brummte ich vor mich hin, als ich die Hauptstraße verließ und auf unser Büro zusteuerte, „kreist jetzt das Explorerschiff mit vielen anderen zusammen um diesen Planeten und hofft, daß hier die Welt noch in Ordnung ist."
    Ich ließ mir die Unterlagen geben, ehe ich mit Lawer zusammentraf. Eine merkwürdige Erregung hatte sich meiner bemächtigt. Ich fühlte mich wie ein Puma, der seine Nase auf eine kräftige Spur gesenkt hatte.
    „Das habe ich befürchtet, aber nicht erwartet!" murmelte ich.
    Die junge Assistentin hob den Kopf und fragte verblüfft: „Was sagten Sie, Mister McDrollyn?"
    Ich lächelte sie mit einem Rest Beherrschung an und erwiderte langsam: „Tausende von Raumschiffen kreisen über Tahun. Sie alle verlangen die Landeerlaubnis, und so gut wie allen ist sie verweigert worden. Und hier auf dem Boden des Planeten wimmelt es von Lebewesen aus allen Teilen der Galaxis."
    „Aber in der Mehrzahl sind es Terraner oder späte Abkömmlinge von Terra!" widersprach die Assistentin.
    „So ist es. Das macht das Problem komplizierter."
    „Wessen Problem?" fragte das Mädchen verwirrt.
    „Mein Problem."
    „Was ist Ihr Problem, Mister McDrollyn?"
    Ich setzte mich auf die Schreibtischkante und sah, wie sich die Tür zu Lawers Büro öffnete. Drei Kameraden kamen heraus, sahen mich an und nickten. Sie schienen auf mich gewartet zu haben.
    „Mein Problem ist", sagte ich langsam, „inmitten des Chaos auf Tahun einen einzelnen Menschen zu finden. Nicht einen Menschen, sondern einen Akonen."
    Ich lächelte das Mädchen an. Dann pfiff ich einige Takte, und ging in das Büro von Lawer hinein. Ich fühlte die Blicke aller Anwesenden in meinem Rücken.
    Die Welt, in der ich lebte, war keineswegs die beste von allen.
    Aber die Hölle in mir war schlimmer als alles andere.
    Manchmal haßte ich mich, weil ich nicht die Kraft fand, meine Neurose zu überwinden.
    Nur Annabel hätte mir helfen können.
    Hinter mir schloß sich die schwere, schalldichte Tür. Lawer starrte mich an, als sei ich ein violetter Haluter.
     
    4.
     
    Es gibt eine Grenze dafür, was ein Mensch ertragen kann. Nicht nur ein Mensch, sondern dieses Gesetz galt für alle denkenden und intelligenten Wesen.
    Es war ein Problem der Addition und der Möglichkeit, gewisse Erlebnisse zu sublimieren.
    Sie waren mehr als zwei Jahre, abgeschnitten von aller terranischen Kultur, in einem Gebiet des Raumes umhergeflogen, hatten hundert oder mehr Landungen durchgeführt und mehr als siebentausend Einzeleinsätze hinter sich. In den Speichern der Bordgeräte lag eine gewaltige Flut von bereits verarbeiteten Informationen.
    Sie hatten gehungert und gefroren.
    Sie alle hatten auf Planeten gelebt, die ihnen keine Möglichkeit gegeben hatten, sich als Menschen zu fühlen.
    Mehr als zwei Jahre lang waren sie in die Schiffszelle eingesperrt gewesen. Sie hatten ihren Auftrag zu ihrer Zufriedenheit und
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