Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis
Autoren: Brian Ball
Vom Netzwerk:
stillstehen. Alles war nun geordnet.
    Aus Brendas Kehle kam eine tiefe, befehlende Stimme.
    „Das Warten ist vorüber. Die Stunde der Erlösung ist gekommen.“
    Ein langer Seufzer der Mädchen war die Antwort.
    „Magister!“ riefen sie sehnsüchtig im Chor.
    „Er kommt!“ beschwichtigte Brendas rauhe, männliche Stimme. Ein grausiges Versprechen lag in ihren Worten. „Er kommt, wenn die Stunde voll ist.“
    Mitternacht. Jerry wußte, daß nun der Augenblick gekommen war. Die Stunde des Teufels. War es erst zwanzig Minuten her, seit sie losgezogen waren, um diesen närrischen Raybould zu suchen? Wie lange wohl mochte er selbst schon in der eiskalten Pfütze liegen, die sich unter ihm gesammelt hatte, weil er den stetig fallenden Tropfen, die von der Decke kamen, den Weg in den großen Saal versperrte. Was mochte noch alles geschehen, ehe die schauerliche Zeremonie beendet war?
    Auf ein Zeichen von Brenda gingen nun vier der Mädchen auf Lord Titus zu. Sie hoben den Stuhl samt dem Lord auf und trugen ihn vor den Altar. Dann kamen noch mehr Mädchen herbei, um den Leichnam aus dem Stuhl zu heben. Jerry packte das nackte Entsetzen. Wie konnten diese jungen, appetitlichen Mädchen bloß mit einer derartigen Selbstverständlichkeit einen so scheußlichen Leichnam berühren! Wieso schüttelten sie sich nicht vor Ekel vor diesem verwesten Fleisch an den vertrockneten Knochen! Brendas Drogen schienen ihnen Halluzinationen vorzugaukeln, die sie die Wirklichkeit nicht erkennen ließen. Liebevoll streiften sie die verfaulten Fetzen von Lord Titus’ Leib, als wäre er ein Teenageridol mit dem Gesicht eines Cherubs. Sie legten den grünlichen Leichnam auf den Altar. Amanda schleppte den Kessel herbei. Durch den Schleier des aufsteigenden Dampfes konnte Jerry sehen, daß sie lächelte.
    „Bald, Magister!“ schwang Brendas metallische Stimme über der Szene. „Die Stunde ist gekommen.“
    Und die Mädchen arbeiteten weiter, ölten und massierten den vertrockneten und verwesten Leib von Lord Titus. Die Mädchen waren ganz offensichtlich der Teil eines Planes. Was hatte Alfred Douglas Davenant über die Bedeutung junger Mädchen für ein solches Unternehmen gesagt?
    „… und der gute Pfarrer von Hagthorpe war überzeugt, daß auch der wirksamste Zauberspruch oder die kraftvollste Beschwörung nur dann Erfolg bringen kann, wenn ein Mädchen von jungen Jahren an der Hexenversammlung teilnimmt …“ Alfred Douglas Davenant war zu sehr Gentleman gewesen, um das Wort‚ Jungfrau’ zu gebrauchen. Wie sehr mußte also die Mitwirkung von einem ganzen Dutzend Jungfrauen Erfolgsgarantie für Brendas Vorhaben sein.
    „Bald!“ ermutigte Brenda die Mädchen, und deren Bemühungen verdoppelten sich.
    Über dem Altar schien ein Schatten aufzutauchen. Schwarz und drohend. Ganz langsam nahm der Schatten Gestalt an.
    Brenda rief: „Der Meister kommt!“
    Die Mädchen sanken vor dem eingeölten, ekelhaften Leichnam in die Knie und hoben die Blicke zu ihrer mageren Priesterin.
    „Großer Meister der Seele!“ rief Brenda, und ihre Stimme war nicht mehr die eines Yorkshire-Flittchens, sondern eine tiefe, schwingende, befehlsgewohnte Stimme. „Fürst der Finsternis, komm zu mir!“
    Der Schatten über dem Altar kam in Bewegung. Jerry sah ein Paar riesiger, glühender Augen. Glitzernde, rote Augen, die wie schimmernde Lampen im Dunkel des bestialischen Gesichts hingen.
    „Satan, komm zu deiner Dienerin!“ bat Brenda. „Ich bringe dir ein Opfer dar!“
    Ohne die Mädchen zu ihren Füßen zu beachten, machte sie eine leichte Bewegung mit ihrer tätowierten Hand. Julie erhob sich. Ihr langes, blondes Haar fiel ihr über das Gesicht, so daß Jerry ihre Augen nicht sehen konnte. Aber er wußte auch so, daß sie voller Glückstränen waren. Sie ging auf den Tisch zu, auf dem die verfaulten Reste des einstigen Festmahls standen. Sie nahm den Korb an sich und schritt auf den Altar zu.
    „Herr der Nacht, Fürst der Finsternis! Komm!“
    „Komm!“ flüsterten all die kleinen Hexen. „Oh, komm!“
    Jip-jip-jip!
    Jerry war einer Ohnmacht nahe, als er das klägliche Gefiepe der Pudelhündin aus dem Korb vernahm. Das arme Tier schien zu fühlen, daß es von Feinden umringt war. Jerry sah, daß Julie versuchte, den zappelnden Pudel aus dem Korb, zu ziehen.
    „Das Opfer!“ rief Brenda. „Komm zurück zu uns, Magister! Satan wird kommen, wenn das Opfer dargebracht ist.“
    Mit wem sprach sie! Von welchem Opfer war die Rede? Was hatte sie vor?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher