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061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis
Autoren: Brian Ball
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versuchte Bill näher erläutern.
    Raybould sah verwundert von einem zum anderen. „Das geht über meinen Horizont!“
    Jerry drängte zur Eile. „Es muß gleich Mitternacht sein!“
    „Los!“ Bill hob die Lampe in die Höhe, um den Tunnel besser auszuleuchten. „Wir machen uns lieber davon.“ Er ging voran.
    „Wo ist Sylvia?“ rief Sam plötzlich und blieb stehen. Sie standen knapp neben Alfred Douglas Davenants Leiche, doch waren sie in einem Stadium von Angst und Schrecken angelangt, wo es auf eine Leiche mehr oder weniger auch schon nicht mehr ankam.
    „Sie ist in der Küche. Dort ist sie gut aufgehoben.’Wenn sie in der Küche bleibt, kann ihr nichts geschehen.“
    „Ist sie dort wirklich in Sicherheit?“
    „Sie stört dort nicht das Vorhaben der Mädchen, also sind sie nicht an ihr interessiert.“
    Bill und Raybould atmeten sichtlich erleichtert auf. Nun hatten sie keine weiteren Fragen mehr. „Gehen wir.“
    Bill begann, weiter zu laufen. In Jerry jedoch wurde der Wissensdurst so übermächtig, daß er plötzlich stehenblieb und zu seinem eigenen Erstaunen sagte: „Geht ihr nur voraus, ich werde versuchen, die Eichentür wieder abzuschließen.“
    Er drehte sich um, ging vier Schritte, erreichte die offene Tür, und stolperte über die mit Spinnweben bedeckte Umhängetasche des Armeeleutnants. Bill rief ihm etwas zu, was aber von frohlockendem Triumphgeschrei aus dem Vorratskeller übertönt wurde. Strahlende Helle ergoß sich in den Tunnel.
    „Kommen Sie zurück!“ rief Bill heiser.
    „Laß ihn“, mischte sich Sam ein.
    Brendas Stimme übertönte das Stimmengewirr der Mädchenschar. Sie war schwer, metallisch, erregt. Die Worte waren furchterregend und fremdartig, rhythmisch und drohend wie Hammerschläge. Die Mädchen kamen um die Biegung. Jerry wußte, daß es nun kein Entrinnen mehr gab. Wohin sollte er sich wenden?
    Die Tür! Er schlitterte durch sie hindurch, bog scharf rechts ab, und dort war eine kleine Seitennische. Eine Reihe von Stalagmiten würden ihn verbergen.
    „Narr!“ fluchte er leise vor sich hin. „Du Narr aller Narren!“
    Lauter Gesang drang in den steinernen Saal, in alle Ecken fiel grelles Licht und enthüllte die ganze, grausige Szenerie.
    Jerry sah, daß jedes der nackten, singenden, berauschten, gräßlichen Mädchen eine Last trug. Zwei von ihnen trugen ein merkwürdiges Kreuz, an das der einstige Teddy genagelt war – nun in einen mit Glasaugen glotzenden Geißbock verwandelt – zwei andere trugen den immer noch dampfenden Kessel. Einige trugen Petroleumlampen, andere Kerzen, die mit Ruß geschwärzt worden waren. Das Mal auf Brendas Rücken schien vor Freude zu springen und zu tanzen. Nur Brenda hatte beide Hände frei.
    Jerry erschauerte.
    Und Julie!
    Er schloß die Augen vor Entsetzen. Julie trug einen Korb, in dem etwas leise winselte.
     

     

Jerry drückte sich fester in die Nische hinein.
    Die beiden Mädchen mit dem neuen, grotesken Altarschmuck gingen nun feierlich auf die Stelle zu, wo der einstige, zusammengebrochene Altar gewesen war. Der Gesang erstarb. Die jungen Mädchen bewegten sich wie Automaten. Jerry konnte sehen, daß ihre Augen so seelenlos waren wie bunte Glassteine. Amanda und zwei andere Mädchen räumten die Trümmer des alten Altars weg, ein anderes Mädchen trat nun mit zwei Kerzen vor. Amanda stellte sie links und rechts vom Kreuz auf. Noch mehr Kerzen wurden in die alten Leuchter verteilt. All das nahm nur wenige Minuten in Anspruch, als wäre jeder Handgriff tagelang geübt worden. Brenda holte aus ihrer Tasche Räucherstäbchen, die einen schwefelartigen Geruch verbreiteten. Eines der Mädchen verließ kurz den Saal. Dann kam aus dem Tunnel ein lautes Geräusch wie von brechendem Holz. Als das Mädchen wieder erschien, bot sich Jerry ein Anblick, der ihm jähen Brechreiz verursachte.
    Jerry bemerkte Brendas beifälliges Grinsen, als das schüchterne Mädchen ihr Präsent vorzeigte. Es war eine abgerissene Menschenhand. Jetzt wußte Jerry, was jenes Geräusch im Tunnel bedeutet hatte. Diese Hand hatte Jerry noch vor kurzem am Gelenk des unglücklichen Leutnants gesehen. Nun sollte sie als Altarschmuck dienen. Brenda befestigte mit Bändern an jedem einzelnen Finger Räucherstäbchen und stellte die Hand wie einen Leuchter auf. Dicker, stinkender Qualm stieg von der gräßlichen Hand auf. Jerrys Augen begannen zu tränen.
    Ein Zeichen von Brenda ließ die Mädchen, die sich in tiefer Trance befanden, zurücktreten und
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