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0600 - Jenseits des Lebens

0600 - Jenseits des Lebens

Titel: 0600 - Jenseits des Lebens
Autoren: Werner Kurt Giesa
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damit noch viel mehr zerstören, und das kann niemand von mir verlangen. Und auch nicht von Lis Bernardin selbst. Aber nun hatte sie ein Erlebnis, das sie sehr aufgewühlt hat. Ich möchte ihr gern helfen, aber ich kann es nicht.«
    »Woran scheitert’s?« fragte Nicole.
    »Daran, daß ich das Wort Gottes auf der Zunge trage«, erwiderte Pater Ralph. »Sie muß auf dem Friedhof etwas gesehen haben, das ihr ganzes Weltbild zerstörte, aber selbst das bringt sie nicht zum Glauben zurück. Dabei ist sie doch von guten Christen erzogen worden.«
    »Was hat sie gesehen?« fragte Zamorra.
    »Ich weiß es nicht. Sie redet durcheinander. Mal ist es eine fremde Welt, mal sind es Skelette, dann wieder Dunkelheit am Tage.«
    Die Schatten den Todes verdecken das Sonnenlicht.
    »Bitte?« fragte Pater Ralph.
    Zamorra und Nicole sahen ihn erstaunt an. »Was ist?«
    »Die Schatten des Todes verdecken das Sonnenlicht«, wiederholte Pater Ralph.
    Zamorra runzelte die Stirn. »Habe ich laut gedacht?«
    »Sieht so aus. Was willst du damit andeuten, mein Sohn?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Zamorra. »Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Es ist, als wäre der Satz aus dem Nichts in mir aufgetaucht. Meinen Sie, wir sollten uns mal mit dem Mädchen unterhalten?«
    »Schaden kann es sicher nicht. Auch nicht, daß du dir den Friedhof einmal näher ansiehst. Was Lis Bernardin von sich gibt, gefällt mir gar nicht. Und vielleicht ist an der Sache mehr dran, als wir ahnen können.«
    Zamorra nickte.
    »Wir kümmern uns sofort darum, Pater«, versprach er. »Sie können mit uns wieder ins Dorf hinunter fahren.«
    Was der Geistliche gern akzeptierte - der Fußweg hinauf reichte ihm schon völlig aus, auch wenn’s bergab einfacher ging.
    Aber in einem Auto war es eben doch entschieden bequemer…
    ***
    Reek Norr verzichtete darauf, sich in einem der bequemen Sessel niederzulassen. Das Organhaus hatte die Sessel auf Padrig YeCairns Anweisung hin aus seiner eigenen Substanz ausgeformt.
    Der Sauroide trat zu einem der Fenster und sah hinaus.
    YeCairn reichte ihm einen Becher mit einem kühlen aromatischen Getränk. »Die Schatten des Todes verdecken das Sonnenlicht«, wiederholte er den Satz, den der Sauroide vorhin gesagt hatte. »Was meinst du damit, mein Freund?«
    Reek Norr, der Sicherheitsbeauftragte seines Volkes, gab einen kurzen Schmatzlaut von sich. »Du spürst es doch auch, oder nicht?«
    »Was soll ich spüren?«
    »Ich erkenne dein Unbehagen, Gevatter Tod. Du spürst eine Veränderung. Ich spüre sie ebenso, und ich glaube, ich kenne den Grund dafür. Es ist etwas, das eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte.«
    YeCairn zog unwillkürlich die Schultern hoch.
    Ihm war bewußt, daß die Sauroiden kaum anders konnten, als seine Empfindungen zu registrieren. Ihre hochsensiblen Sinne mit ihrer unglaublich starken Magie mußten schon gezielt abgeblockt werden, um das zu verhindern.
    Andere Menschen hätten sich davon möglicherweise auch nicht irritieren lassen, und auch YeCairn wußte, daß sein Unbehagen einfach irrational war. Es gab nichts, was er vor den Sauroiden zu verbergen hätte. Er wußte auch, daß sie nicht gezielt in seinen Gedanken und Gefühlen herumschnüffelten.
    Welchen Grund hätten sie dafür auch haben sollen?
    Aber da waren immer wieder die unterbewußten Erinnerungen an die Zauberpriester seines Volkes, an die gläsernen, dämonisierten Gesichter und die Macht der düsteren Magie. Und auch die Erinnerung an die Kontrolle, die diese Zauberpriester mit ihrer Magie ausübten…
    Seltsam, dachte er. Ich vergesse so viel von dem, was einst war, aber diese Bilder kehren immer wieder…
    »Es stimmt, Reek«, sagte er dann leise. »Etwas ist anders geworden auf dem Silbermond.«
    »Aber was?« überlegte der Sauroide. »Erinnerst du dich? Wir hatten schon einmal Probleme, vor längerer Zeit. Tote lebten plötzlich wieder. Die Vergangenheit versuchte uns zu erdrücken, fremde Wirklichkeiten einer Entropie, die eigentlich auf ›Götterwind‹ hätte zurückbleiben müssen.«
    Er sprach den Namen seiner Ursprungswelt geradezu verächtlich aus. Es war der Name, den die DYNASTIE DER EWIGEN jener Welt, die sie von der Erde abgespalten hatten, gaben. Die Menschen nannten sie ›Echsenwelt‹, und für die Sauroiden selbst hatte diese Welt nie einen Namen gehabt. Es war die Welt, in der sie lebten, sie bedurfte keiner weiteren Bezeichnung. So etwas war erst erforderlich geworden, als die Sauroiden Kontakt mit den
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