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060 - Trip in die Unterwelt

060 - Trip in die Unterwelt

Titel: 060 - Trip in die Unterwelt
Autoren: Dämonenkiller
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gelbe Fiat kam wie ein niedrig fliegendes Flugzeug an und machte drei Meter vor dem Kühler des Busses wieder eine Ausweichbewegung. Ich sah, wie der Bus keine zwanzig Zentimeter neben meiner linken Wange vorbeiraste und sich in eine blaue Fläche verwandelte.
    Der Wagen raste durch die Ortschaft. Ein Kleinlastwagen tauchte auf, als mein Wagen langsamer wurde und mit einer Geschwindigkeit von kaum weniger als achtzig Stundenkilometern schräg über die Straße raste, in eine Neunzig-Grad-Kurve ging und dann nach unten weitersauste. Der Fahrer drohte mir mit der Faust. Als letzten Eindruck nahm ich mit, dass die Ladung – es waren Baugeräte – von der Ladefläche purzelte. Dann verschwand das Bild in einer Wolke aus Staub, der hinter dem Heck des Fiats aufwirbelte.
    Zwischen dem kleinen Fischerhafen und dem Rand der Ortschaft befand sich ein Hain Pinien, einige Eichen und struppiges Gebüsch. Jetzt leuchteten und glänzten alle Blätter nach dem tagelangen Regen. Der Wagen steuerte von der unbefestigten Straße herunter und schaukelte, langsamer werdend, auf die Büsche zu.
    Eine Chance für mich?
    Die unheimliche Kraft bremste den kleinen Wagen ab. Ich kannte die Gegend gut. Hier in der Trattoria sul Porto gab es den billigsten und besten Fisch.
    Drei Männer der Besatzung der Colombo machten gerade ein großes Schlauchboot mit weißem Außenbordmotor von der Kaimauer los. Das Boot schaukelte auf den hohen, an dieser Stelle aber ungefährlichen Wellen, so dass die Oberkörper der beiden Männer im Boot abwechselnd auftauchten und wieder verschwanden. Und zwischen den Büschen und Baumstämmen traten jetzt unheimliche Gestalten hervor. Sie wirkten seltsam und unwirklich, aber ich glaubte, eine Ähnlichkeit mit den Maskentänzern zu erkennen. Der Wagen hielt jäh an und schlitterte über den körnigen Sand. Ich wurde aus dem Sitz gehoben und verstauchte mir fast das Handgelenk, als ich nach dem Türgriff tastete. Die Tür flog auf und riss aus der Verankerung.
    Ich sprang aus dem Wagen und handelte abermals rein instinktiv, indem ich mich nach links fallen ließ. Dabei überschlug ich mich, bis ein Strauch mich bremste und mir einen schmerzhaften Hieb gegen die Rippen versetzte. Aber ich kam irgendwie wieder auf die Beine und rannte auf den rostenden Kranwagen zu.
    »Halt, Colombo!«, schrie ich keuchend und mit brennender Kehle.
    Diese atemberaubende, wahnsinnige Fahrt hatte mich in kalten Schweiß gebadet. Ich erkannte nun den Ernst der Lage. Was ich jetzt tat, konnte mein Leben retten. Aber ich weigerte mich immer noch, das Unglaubliche zu begreifen und zu akzeptieren.
    Der Mann neben dem braunen, rostenden Poller drehte sich um. Es war George von Loewenstein, ein reicher polnischer Adliger mit einem britischen Pass und einer entzückenden italienischen Mutter, die in Rom in einem Penthouse residierte und laut Georges Aussage einhundertundein Jahre alt war.
    »Hallo, scrittore!«, rief er und lachte. »Schon so eilig diesen Morgen? Wir haben gerade das Frühstück eingekauft. Kommen Sie an Bord?«
    »Mit Vergnügen! Sie sind meine Rettung. Die Bevölkerung hier scheint mich ärgern zu wollen.«
    »Ja, die Leute sind oft etwas reichlich derb bei ihren Späßen. Kommen Sie! Sie können mir Ihre Geschichte an Bord erzählen. Wir haben frischen Kaffee.«
    Ich sprang vorsichtig ins Boot. Als ich mich umdrehte und nach meinem Wagen sah, entdeckte ich einen Reigen von Gestalten, die mein Auto umtanzten. Aus dem Auspuff stieg eine weißliche Wolke auf. Aber jedes Mal, wenn ich eine der Gestalten genauer ins Auge fassen wollte, verschwamm sie oder schob sich hinter den Wagen oder einen Busch. Nun war ich sicher, dass es die Maskentänzer waren.
    Dann wurde meine Aufmerksamkeit abgelenkt. Das Boot tanzte auf den Wellen. Die Schraube des Vierzig-PS-Motors wirbelte das Wasser auf. Man verstand sein eigenes Wort nicht mehr. Das Boot fuhr in großem Bogen zur Jacht, die an drei Ankern hing und sich gedreht hatte; sie bewegte sich auf den großen Wellen nur unmerklich.
    Wir legten an der breiten Leiter an. Das Boot wurde mit geübten Griffen festgemacht. George stieg als Letzter aus, nachdem er zwei braune Tüten nach oben gehoben hatte.
    Nur langsam beruhigte ich mich. Wir gingen mit einem Mann der Besatzung in die mittlere Kabine. Es war eine Art Salon, gemütlich, nicht übertrieben teuer und zweckmäßig eingerichtet. Wortlos goss mir George mit der wahren Ruhe des Weltmannes ungefragt einen Whiskey ein. Ich war wohl das
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