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0595 - Radio-Grauen

0595 - Radio-Grauen

Titel: 0595 - Radio-Grauen
Autoren: Jason Dark
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Gesang und das Klappern der Gebetsmühlen brachte Unruhe in die Reihen der Menschen. Viele drehten sich um, sie waren aus dem Konzept gekommen.
    Die Mönche hatten den Weg in den Ort schon längst gefunden.
    Sie kamen aus den kleinen Seitenstraßen, selbst in den Häusern hatten sie sich verborgen.
    Jetzt waren sie da.
    Und sie kämpften dagegen an. An der Spitze stand Wasawa, der alte Abt. Er hielt die Augen geschlossen. Der Mund stand offen, damit die alten Gesänge über die Lippen schwingen konnten.
    Suko spürte, wie Dario in seinem Griff erschlaffte. Die magische Energie mußte seinen Körper verlassen haben. Er dachte nicht mehr an die Taten, die vor ihm lagen, sein Augenmerk richtete sich einzig und allein auf den alten Mönch.
    Suko merkte, wie der Mann nach vorn gehen wollte. Er ließ ihn los. Und Dario ging auf den Abt zu, der ihn überhaupt nicht zur Kenntnis nahm und einfach weitersang.
    »Hör auf!« brüllte der Grauhaarige. »Hör auf, du störst die Stimmen der Toten. Du singst auf ihrer Frequenz, das darfst du nicht. Sie müssen die andere Phase erreichen, sie müssen es…«
    Der Abt sang weiter.
    Dario hob die rechte Hand. Es sah so aus, als wollte er zuschlagen. Suko schaute zu den anderen Mönchen hin, die keinerlei Anstalten trafen, ihrem Abt behilflich zu sein. Deshalb hielt auch Suko sich zurück.
    In der gleichen Frequenz gesungen – das war die Lösung! Eine verrückte Lösung. Die tibetischen Mönche wußten mehr über Totenmagie. Sie waren ebenfalls in der Lage, mit vielen Wesen Kontakt aufzunehmen, und sie waren nun gekommen, um Menschen zu retten.
    Dario quälte sich. »Treib sie nicht zurück, treib sie nicht zurück! Sie haben mit uns Kontakt aufgenommen, sie…«
    »Doch, er wird sie zurücktreiben«, sagte ich in die Worte und noch ziemlich atemlos hinein, denn ich hatte den Ort des Geschehens erreicht, gemeinsam mit Max Schreiber, der den verfluchten Recorder sogar mitgebracht hatte.
    Der Abt sang weiter. Dario aber wirbelte herum und schaute mir entgegen.
    Den Recorder hielt ich für einen Augenblick hoch. »Da sind die Stimmen der Toten«, erklärte ich. »Dieses Gerät kann auf Batterie laufen, wenn du verstehst.«
    Der Abt sang nicht mehr. Die Tat hatte ihn erschöpft, er schwankte, und Suko lief hin, um ihn zu stützen.
    Dario hatte nur Augen für mich und den Recorder. »Was soll das heißen, daß er auf Batterie läuft?«
    »Möchten Sie die Stimme Ihrer Ahnen denn nicht hören, Dario?«
    Er konnte es nicht fassen, daß ihm jemand in dieser Lage einen derartigen Vorschlag machte. »Ja«, schrie er dann, »natürlich will ich die Stimmen meiner Ahnen hören.«
    »Das ist gut, dann schau her!«
    Als ich den Apparat zu Boden stellte, warf mir Suko einen fragenden Blick zu. Ich zwinkerte kurz. Er wußte Bescheid, aber Dario nicht. Dieser Mensch war fasziniert von der Tatsache, daß sich alles noch zu seinem Guten hin wenden würde.
    Ich schaltete den Recorder auf Batteriebetrieb um und gleichzeitig an. Zurückgespult war er bereits. Noch hörten wir nur das Rauschen. Auf vollste Lautstärke hatte ich ihn gestellt, viele Menschen konnten zu- und mithören.
    Sie starrten das Gerät an, mich nahm niemand zur Kenntnis. Das genau hatte ich gewollt.
    Ich griff in die Tasche, zog mein Kreuz hervor. Als das erste Wort des Toten erklang, legte ich es auf den Recorder und sprach nur für mich hörbar die Formel.
    Es war ein Risiko gewesen, aber es hatte sich gelohnt, denn mein Talisman ließ mich nicht im Stich…
    ***
    Der Blitzstrahl, der aus dem Apparat in den düsteren Himmel raste, zeigte eine Farbe zwischen Grellweiß und Grün. Er glich einer Lanze, die von den Wolken verschluckt wurde.
    Die in der Nähe stehenden Menschen sprangen zurück, auch Dario warf sich nach hinten. Er gehörte außer mir zu den wenigen, die den Vorgang voll und ganz begriffen hatten.
    Seine Schreie erinnerten mich an die Todesrufe der Geisterstimmen, die aus dem bereits zur Hälfte verkohlten und verbrannten Recorder schwangen.
    Was früher einmal Stimmen gewesen waren, verwandelte das Kreuz in die Schreie der Vernichtung. Die Seelen aus dem Jenseits, die aus der ersten Phase nicht mehr hervorkamen, würden auch keinen Kontakt mehr zu lebenden Personen einnehmen, dafür hatten Suko, die Mönche und ich letztendlich gesorgt.
    Der Bann fiel, die Menschen dachten wieder normal, und irgendwo spielte sogar ein Radio.
    Vor unseren Füßen aber lag ein verkohlter Klumpen, das vernichtete Band nebst
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