Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0582 - Der Totenbaum

0582 - Der Totenbaum

Titel: 0582 - Der Totenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
unwahrscheinlich dunkel geworden hier draußen. Eben noch hatten ein paar Sterne am verdämmernden Abendhimmel gefunkelt. Jetzt, da der Himmel endgültig schwarz geworden war, nicht einmal eine schwache Aura der untergegangenen Sonne noch am Horizont sichtbar war, war eben dieser Himmel wirklich endgültig schwarz geworden. Die Sterne waren nicht mehr zu sehen.
    Alles war schwarz und lichtlos.
    Dabei war der Himmel wolkenlos, nichts hätte den Blick auf die Sterne oder den Mond verdecken können. Es war auch noch sommerlich warm. Eine Nacht, die sich eigentlich eher zum Feiern oder Ausgehen eignete, als sie einfach zu verschlafen.
    Aber etwas stimmte hier nicht.
    Die Dunkelheit war… unnatürlich.
    Nicole konnte vom Wagen aus nicht mal mehr die Friedhofsmauer sehen. Zamorra sowieso nicht.
    Aber Nicole und den Wagen konnte man vom Friedhof aus auch nicht sehen. Das war natürlich eine perfekte Tarnung. Niemand konnte erkennen, daß noch Verstärkung für Zamorra im Hintergrund wartete.
    Dennoch gefiel es Nicole nicht.
    Langsam schritt sie vorwärts.
    Und hatte plötzlich den Eindruck, daß sich in ihrer unmittelbaren Nähe etwas - jemand? - befand!
    ***
    Die Intelligenz hatte einen Plan gefaßt..
    Der FEIND war am besten zu treffen, wenn der Angriff aus einer Richtung erfolgte, mit der er keinesfalls rechnete.
    Er versuchte mit seiner Beschwörung, die Intelligenz zu sich in einen Bannkreis zu rufen.
    Aber er würde nicht damit rechnen, wenn sich ihm die Intelligenz näherte… im Körper einer vertrauten Person!
    Das würde ihm einen Schock versetzen!
    Und der würde die spontane Wucherung des Keims in ihm auslösen!
    Er würde in diesem Moment begreifen, daß die Intelligenz ihm überlegen war.
    Das würde ihn moralisch vernichten.
    Und erst danach körperlich.
    Die Intelligenz näherte sich der Person, die das Auto verlassen hatte.
    Narren waren diese Sterblichen! Glaubten sie wirklich, unerkannt geblieben zu sein?
    Hätte die Intelligenz es gekonnt, sie hätte höhnisch gelacht.
    Aber so lachte sie nur innerlich.
    Und griff an!
    ***
    Nicole stoppte mitten im Schritt.
    Sie glaubte, jemanden höhnisch lachen zu hören!
    Aber es war kein lautes Lachen. Sie hatte es telepathisch vernommen!
    Irgend jemand hatte dieses höhnische, boshafte Lachen direkt in ihr Bewußtsein projiziert!
    Kein Mensch lachte so…
    Aber wenn es kein Mensch war, was dann?
    Nicole fuhr herum. In der Schwärze dieser lichtlosen Nacht sah sie etwas, das noch schwärzer war. Etwas, das sich über ihr emporwölbte und mit gewaltigen Armen zum Himmel griff.
    Nein, das waren keine Arme.
    Das waren Äste!
    Unmittelbar über ihr ragte ein Baum empor! Mitten auf dem Asphalt der Straße!
    Das war unmöglich!
    Noch ehe Nicole begriff, was überhaupt geschah, machte sie einen Sprung rückwärts, um wieder zum Wagen zu gelangen. Es war eine instinktive Reaktion, aber dabei trat sie gegen etwas, strauchelte und konnte einen Sturz nicht verhindern.
    Sie war über eine Luftwurzel gefallen, die ihr der Baum in den Weg gestreckt hatte!
    Und dieser Baum war jetzt richtig in Bewegung! Er trieb weitere Wurzeln, die sich bogen, umherschlängelten und nach Nicole tasteten, während sich der Stamm samt Baumkrone von oben über sie neigte.
    Der mächtige Stamm krümmte sich, die Äste reckten sich Nicole entgegen. Trotz des dichten Laubes raschelte es nicht, der Baum bewegte sich in völliger Lautlosigkeit!
    Diese Stille fiel Nicole erst in diesem Augenblick wirklich auf!
    Vorher hatte sie nicht darauf geachtet, obgleich die Stille doch unnatürlich war. Keine Nachtvögel riefen in die Nacht, auch Insekten waren nicht zu hören. Kein Summen, kein Zirpen, rein gar nichts.
    Alles war still. Unheimlich still!
    Bis Nicole aufschrie, weil Luftwurzeln nach ihren Beinen griffen und sie umschlingen wollten.
    Das durfte sie nicht zulassen. Von einem Moment zum anderen wurde ihr klar, daß diese Wurzeln dann auch in ihre Haut eindringen würden. Sie würden dann hineinwachsen in ihre Beine und durch ihren ganzen Körper wuchern…
    Aber dann war von einem Moment zum anderen alles vorbei!
    Gerade so, als hätte ihr Schrei den Bann gebrochen!
    Nichts berührte Nicole mehr, die auf dem Asphalt lag und sich aufzurichten versuchte. Kein riesiger Baum beugte sich mehr wie ein mörderischer, dämonischer Schatten über sie. Keine Luftwurzeln mehr, keine beweglichen Äste!
    Nichts dergleichen!
    Aber beim Wagen flammte Licht auf.
    Es waren aber nicht die Scheinwerfer des Citroën.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher