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0582 - Der Totenbaum

0582 - Der Totenbaum

Titel: 0582 - Der Totenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
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belaubte Astwerk!
    Der Baum setzte sich wütend zur Wehr.
    Fooly spie Feuer!
    Aus Nüstern und Rachen brach die Feuerflut hervor, breitete sich blitzschnell über das Laub und die Zweige aus, ließ sie rasch trocknen und setzte sie in Brand.
    Abermals versuchte der Baum sich durch eine Teleportation in Sicherheit zu bringen. Aber er konnte Fooly dabei nicht abschütteln. So, wie der dämonische Baum Zamorra festhielt, so krallte sich der Jungdrache in seine Äste und hielt sich fest.
    Und immer wieder stieß er Feuerlohen gegen die Baumkrone und den Stamm.
    Der Baum wurde zum lodernden Fanal.
    Immer noch ließ Fooly nicht locker. Ihm selbst machte das Feuer nicht viel aus. Seine Drachenhaut vertrug eine ganze Menge. Allenfalls würde er hinterher ein paar bräunliche oder grünliche Flecken mehr haben.
    Aber damit konnte er leben.
    Der Dämonenbaum mit Foolys Feuer nicht!
    Er starb!
    Brennend kippte er um, in Flammen gehüllt, und seine Wurzeln lockerten ihren Griff um Zamorra.
    Da endlich sprang Fooly aus der Baumkrone, wuselte sich zu Zamorra durch und bekam ihn an einem Bein und einem Arm zu fassen. Er zerrte den Freund, der bewußtlos geworden war, aus der unmittelbaren Gefahrenzone.
    Und dann hockte er sich einfach auf den Boden und verfolgte mit sehr gemischten Gefühlen, wie der Mörderbaum zu Asche wurde.
    Einerseits triumphierte er, weil er den Dämon besiegt hatte.
    Andererseits trauerte er um einen Baum.
    Doch fauchender Haß schlug Fooly noch entgegen, bevor der Baum endgültig in den Flammen verging…
    ***
    »Es war tatsächlich ein Überrest jenes Dämons, den Asmodis damals verflucht hat«, erklärte Fooly, und seine Worte untermalte er wieder mit weit ausholenden Arm- und Flügelbewegungen. »Er spürte, wie die anderen Fragmente des Wesens, das er eigentlich war oder zu dem er gehörte, starben, aber da war er selbst schon zu weit fortgetrieben, deshalb starb er nicht und erfuhr auch nicht den ewigen Frieden. Statt dessen wurde er von der magischen Kraft, die den Fluch brach, nur gestreift, und das löste eine Veränderung in ihm aus.«
    Fooly machte eine Kunstpause. Er wußte sehr wohl, wie er sich am besten in Szene setzen konnte.
    Die anderen saßen ihm gegenüber. Sie hatten es sich an Zamorras Swimming-Pool hinter dem Château Montagne gemütlich gemacht.
    »Vorher war er nur ein Teil des eigentlichen Dämons gewesen, der sich ja in Gestalt eines abgestorbenen Baumes zeigte. Jetzt aber wurde er tatsächlich zum Baum. Er war nicht mehr der Dämon, und er hatte nichts mehr mit ihm gemein. Außer der Abstammung. Aber er brauchte menschliche Lebensenergie. Die holte er sich von seinen Opfern. Und in dir, Chef, muß er seinen ganz persönlichen Todfeind gesehen haben. Vielleicht hat er gewußt, daß du den Dämon, der er eigentlich war, unschädlich gemacht hast. Dafür hat er dir Rache geschworen. Er wollte nicht deine Lebensenergie, er wollte dich vernichten.«
    Zamorra nickte langsam.
    »Wie bist du eigentlich nach Loyettes gekommen?« fragte er dann. »Ich hatte dir doch gesagt, daß du zu Hause bleiben sollst.«
    »Ich habe ihn angerufen«, warf Nicole ein. »Als es so aussah, als würdest du selbst zum Baum werden und gesagt hast, daß du dich vielleicht künftig nur noch mit Fooly unterhalten könntest, da hat's bei mir ›Klick‹ gemacht. Ich dachte mir, es könne nicht schaden, jemanden herbeizuholen, der sich mit Bäumen auskennt. Ich hab's hinter deinem Rücken getan, weil ich nicht wollte, daß du dich aufregst. Du behauptest doch immer, daß Fooly immer nur Unsinn anstellt…«
    Die großen Telleraugen des kleinen Drachen schienen noch größer zu werden. Er watschelte zu Nicole hinüber und rieb seinen Kopf an ihrer Schulter, und - wahrhaftig - er schnurrte dabei fast wie ein zufriedenes Kätzchen.
    »Danke«, krächzte er. »Endlich gibt es einen Menschen, der mich versteht.«
    »Bilde dir darauf jetzt bloß keine Schwachheiten ein«, sagte Nicole.
    Zamorra seufzte. Vor ein paar Stunden war er aus dem Krankenhaus zurückgekommen. Man hatte ihn für den Rest der Nacht und auch den folgenden Vormittag über zur Beobachtung dabehalten, doch inzwischen bestand für ihn keine Gefahr mehr, ›zum Baum zu werden‹. Die Blutwerte waren wieder völlig normal, nichts Fremdes war mehr in seinem Körper festzustellen.
    Die Mediziner fanden dafür keine Erklärung.
    Vielleicht, spekulierte Zamorra, lag es daran, daß der Mörderbaum jetzt ›tot‹ war. Aber so ganz konnte er daran nicht
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