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0571 - Die Legende vom grauen Riesen

0571 - Die Legende vom grauen Riesen

Titel: 0571 - Die Legende vom grauen Riesen
Autoren: Jason Dark
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wehte mir unsichtbar entgegen. Keine Dampf- oder Qualmschwaden trieben an meiner Nase entlang, und mich ekelte dieser Gestank an. Es roch nach verbranntem Fleisch und angekohlter Haut, so daß es mir fast den Magen umdrehte.
    Aber wer war da verbrannt?
    So sehr ich mich auch bemühte, ich sah keine Reste irgendwelcher Körper.
    Ich erinnerte mich daran, daß die Schlangen in das offene Maul gehuscht waren, kurz bevor der Schädel zerplatzte. Sollten sie möglicherweise verkohlt worden sein?
    Am Grund des sehr tiefen Trichters bewegte sich etwas. War es eine Täuschung? Vielleicht ein Reflex, der durch eingefallenes Licht entstanden war?
    Ich schaute noch einmal nach, ohne etwas entdecken zu können.
    Das machte mich unzufrieden. Da stimmte einiges nicht! Oder waren es nur flüssige Reste, die allmählich erkalteten?
    Der Gestank blieb und trieb mich letztendlich auch vom Rand des Trichters zurück. Ich überquerte die Hügelkuppe. Stundenlang hielten wir uns bereits auf diesem Eiland auf. Der Tag war noch vorhanden, aber die gewaltigen Schatten der Dämmerung schoben sich über den Himmel wie ein nie abreißendes Tuch.
    Lucy Freeman hatte mich entdeckt und winkte mir zu. Ich grüßte zurück, froh darüber, daß ich sie hatte retten können.
    Dann lief ich mehr rutschend als gehend den Hang hinab. Allmählich wurde es Zeit, daß wir von der Insel verschwanden. Wie es aussah, hatte Suko sein Versprechen nicht gehalten, denn nahe der Insel konnte ich kein Schiff der Küstenwache entdecken.
    Dem würde ich was erzählen, mich so hängenzulassen. Ich dachte sehr intensiv an meinen Freund und nicht an die noch vorhandenen Gefahren. Daran wurde ich schnell erinnert.
    Es begann mit Lucys Schrei!
    Sofort stoppte ich, schaute zu ihr hinab und stellte fest, daß sie sich nicht in Gefahr befand. Sie hatte den rechten Arm waagerecht und halbhoch ausgestreckt. Ihr Zeigefinger wies an mir vorbei in eine bestimmte Richtung.
    Ich drehte mich um!
    Aus dem Krater drang dicker Rauch. Schwarz und fettig wirkte er, durchzogen von helleren Schlieren, die ihren Weg innerhalb des Rauchs fanden.
    Der Trichter oder der Vulkan arbeitete noch und schickte das nächste Grauen aus der Tiefe.
    Ein gewaltiges Zischen ertönte, als hätte ein Riesenkessel Dampf abgelassen.
    Große Gesteinsbrocken, schwarz verbrannt und kantig, schleuderten hoch in die Luft.
    Und mit ihnen kam sie.
    Morna Clayton hatte die Insel nicht verlassen. Sie mußte eines mit dem Schädel des grauen Riesen geworden sein, hatte sich dann zwangsläufig von ihm trennen müssen und kehrte zurück.
    Eine Frau? Eine Mutation? Ein Monster?
    Vielleicht von jedem etwas. Ihr Kopf war normal. Der Körper aber, Arme und Beine eingeschlossen, bestand aus zahlreichen, zuckenden Schlangen…
    ***
    Hatte sie an Größe gewonnen, war sie tatsächlich gewachsen, oder wirkte sie nur so auf mich?
    Jedenfalls stand sie dort, wo einmal der Kopf des Riesen aus der Inselerde gedrückt worden war. Und sie sah nicht so aus, als wollte sie aufgeben.
    Ihr Gesicht hatte eine andere Farbe bekommen. Es war bleicher geworden und schimmerte trotzdem in blanken Farben, die eine Mischung aus Grün, Blau und Türkis zeigten.
    Mir kam der Vergleich mit einer Schuppenhaut der Schlangen in den Sinn. Es waren genau die Tiere, die ihr Leben beeinflußten.
    Mich übersah sie. Ihr ging es einzig und allein um Lucy Freeman.
    Laut rief sie ihren Namen.
    »Komm her, Lucy! Oder hast du vergessen, zu wem du jetzt gehörst?«
    Ich drehte den Kopf nach rechts. Wie ein Häufchen Elend stand die junge Frau auf dem Hang. Sie quälte sich, zwei Seelen kämpften in ihr. Ich tat etwas, das man mit dem Begriff Risiko umschreiben konnte, aber ich mußte es darauf ankommen lassen.
    »Lucy, geh hin!«
    Wenn sie das tat und wenn sie es schaffte, der Schlangefrau Paroli zu bieten, dann war ihre Seele wieder im Gleichklang, dann hatte sie das Trauma endgültig überwunden.
    Sie schaute mich an.
    Selbst auf diese Entfernung hin sah ich den überraschten Ausdruck in ihrem Gesicht.
    »Ja!« rief ich laut und nickte. »Du mußt hingehen. Bitte, tu dir und ihr den Gefallen!«
    Morna Clayton lachte mich hart an. »Jetzt bist du machtlos, wie?«
    Ich gab ihr keine Antwort, sondern näherte mich Lucy, die immer noch nicht wußte, was sie nun machen sollte.
    »Bitte, Lucy!«
    Plötzlich nickte sie. Es war ein nur leichtes Bewegen ihres Kopfes, dann gab sie sich einen Ruck und ging den ersten Schritt. Er fiel ihr schwer, sie wirkte wie eine alte
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