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057 - Schreckensmahl

057 - Schreckensmahl

Titel: 057 - Schreckensmahl
Autoren: Larry Brent
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zum
Alltag, wie so vieles im Leben.
    Jonathan Calley fing nicht nur an, seine Frau zu
vernachlässigen, er stieß auch seine Freunde vor den Kopf. Er behandelte sie
unaufmerksam, nahm Einladungen an, sagte sie wieder ab und zog sich in das
schloßähnliche Haus zurück, das ihm sein Vater – ein reicher Kaufmann, der
durch eine Kette von Geschäften im ganzen Land sein Geld gemacht hatte –
vererbte.
    Jonathan Calley war dieses Haus nach dem Tod seines
Vaters zugesprochen worden. An das große Geld der Firma jedoch kam er nicht
heran, das hatte sein vorausdenkender und kühl rechnender Vater durch einen
Testamentsbeschluß wohlweislich unterbunden.
    Wie ein Unmündiger erhielt Jonathan Calley monatlich
einen bestimmten Betrag von der Geschäftsleitung überwiesen. Er selbst brauchte
keinen Finger krumm zu machen. Er lebte ganz seinem Hobby. Aber dieses Hobby
schluckte so viel Geld, daß die Summe, die normalerweise eine Familie mit hohen
Ansprüchen zwei Monate über die Runden gebracht hätte, innerhalb eines Monats
von Calley aufgebraucht wurde.
    Er kaufte die teuersten Teppiche, die kostbarsten Vasen
und Wandbehänge. Sobald er etwas davon hörte, daß ein Bild, eine Brücke, ein
Foliant oder eine Skulptur aus Persien zu bekommen waren, ersteigerte oder
kaufte er die angebotenen Dinge.
    Sandra Calley seufzte, als sie daran dachte und den
kostbar eingerichteten Raum durchquerte, der stilecht war und mehr Geld
verschlungen hatte als die Möbel, die sie selbst zum Wohnen benutzten.
    »Sandra?«
    Jonathans Stimme klang wie aus weiter Ferne an ihr Ohr.
    »Ja, ich bin es. Wo bist du?« Sie verhielt im Schritt.
    »Hier unten, im Gewölbe. Du mußt den Raum von Prinzessin
Faya durchqueren. Ich bin genau darunter.«
    Jeder Raum, jedes Zimmer hatte im Lauf der Zeit seine
Bezeichnung erhalten.
    Jonathan Calley war ein Außenseiter, ein weitabgewandter
Träumer. Sein Vater hatte dies gewußt und seinem Sohn deshalb jede Möglichkeit
der Mitarbeit in der Firma untersagt.
    »Mit Jonathan ist nicht viel los. Er würde das Vermögen,
das ich mit Fleiß und Sparsamkeit zusammengetragen habe, innerhalb kürzester
Zeit verprassen. Außerdem ist er nicht fähig, wie ein Geschäftsmann zu denken.«
    Sandra Calley war es, als hätte der Vater ihres Mannes
-Ernst T. Calley – diese Worte erst gestern zu ihr gesprochen. Dabei lag das
Ganze schon über zehn Jahre zurück.
    Aber hier im Haus schien die Zeit stillzustehen. Nichts
veränderte sich, außer, daß Jonathans Sammlung persischer Gegenstände immer größer
wurde. Es gab keine Hausangestellten und keine Bediensteten mehr. Seit Jahren
machte Sandra alles allein. Und sie erledigte nur noch das Notwendigste.
    Jonathan schien damit auch zufrieden zu sein. Er bekam
gar nicht mit, wie es um ihn herum aussah. Es war ihm auch egal.
    Den Großteil seiner Zeit verbrachte er in den
palastähnliche n Räumen, in seiner Welt, die er sich geschaffen hatte und die
mehr war als nur die Kulisse zu einem phantastischen Märchenfilm.
    Sandra Calley fand dies alles wenig erregend. Sie war im
Lauf der Zeit apathisch geworden, und zur Außenwelt hatten beide so gut wie
keinen Kontakt mehr.
    Vom Saal der Prinzessin Faya führte ein Durchlaß in einen
mit dunkelrotem Seidenstoff bezogenen Raum. Im Boden eine rechteckige Öffnung,
aus der sich ein schmaler, haarloser Schädel hob.
    »Hier bin ich, Sandra«, sagte eine Stimme. Es war
Jonathan Calley.
    »Ich hab das Essen auf dem Tisch stehen«, sagte sie
einfach, ohne ihm in die Augen zu sehen. »Das Fleisch wird kalt.
    Komm endlich!«
    Er schüttelte den kahlen Kopf. »Ich bin noch nicht
soweit, Sandra. Ich muß es noch zum Abschluß bringen.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich begreife nicht, was du da
unten suchst. Ich denke, du wolltest nur diese Etage voll nutzen. Aber jetzt
auch noch den Keller.« Sie winkte ab und wollte sich umdrehen und machte den
Eindruck einer Frau, der alles gleichgültig geworden war.
    »Ich bin einen Schritt weitergegangen, Sandra.« Er hatte
die Angewohnheit, ihren Namen oft zu nennen.
    »Einen Schritt weiter! Wie sich das anhört!« Sie blies
die Backen auf, und schien durch diese Geste andeuten zu wollen, daß es
eigentlich in diesem Haus nichts mehr geben konnte, was sie noch zu überraschen
vermochte. »In den letzten Jahren bist du immer einen Schritt weitergegangen«,
fügte sie hinzu.
    Ihre Stimme klang flach.
    Jonathan Calleys Sucht war in der Tat immer stärker
geworden. Ihr schwacher Vorwurf hatte seine
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