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057 - Sanatorium der Cyborgs

057 - Sanatorium der Cyborgs

Titel: 057 - Sanatorium der Cyborgs
Autoren: Michael Schönenbröcher
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Heute waren ein kaum brauchbares Auge und das Gehirn die einzigen ursprünglichen Teile seines Körpers. Obwohl sein Herr es ihm mehrfach angeboten hatte, auch das verletzliche Hirn durch einen Massenspeicher samt Persönlichkeits-Chip zu ersetzen, war Haank standhaft geblieben. Diesen Teil Menschlichkeit wollte er sich bewahren.
    Vielleicht war es diese Menschlichkeit, die ihn immer wieder gegen Takeos von reiner Logik diktierte Entscheidungen sprechen ließ. Sozusagen als sein soziales Gewissen.
    Ein Geräusch vom Eingang her riss Haank aus seinen Gedanken. Er aktivierte den Zoom seines künstlichen Auges, um die Ankömmlinge zu identifizieren. Es waren Aiko, Drax und die Barbarin. Takeo hieß sie willkommen.
    »Dann ist es also so weit«, ließ Aiko sich vernehmen. »Wieder heißt es Abschied nehmen.«
    Takeo hob in einer imitierten menschlichen Geste die mechanischen Schultern. »Es ist nicht notwendig, an der Expedition teilzunehmen. Commander Drax und Aruula kamen bisher auch ohne dich bestens zurecht.«
    Innerlich seufzte Haank. Das Feingefühl seines Herrn in menschlichen Belangen hatte über die Jahrhunderte stark gelitten.
    Entsprechend unwirsch fiel die Reaktion seines Sohnes aus. »Begreifst du nicht, dass das Ziel der Expedition für unser aller Schicksal wichtig ist, Vater? Die Daten von der Raumstation zeigen eine erhöhte Konzentration von Siedlungen rund um den Kratersee. Wir müssen herausfinden, warum das so ist und wer dort lebt.«
    »Zumal der See über drei Jahrhunderte lang die Quelle einer unbekannte Kometenstrahlung war«, fügte Commander Drax hinzu. »Vor etwa zweihundert Jahren ist diese Strahlung dann plötzlich verschwunden - interessanterweise ging es danach mit der Menschheit wieder bergauf. Gibt Ihnen das nicht zu denken, Takeo?«
    Miki Takeo schien sich in das Schicksal zu fügen, seinen Sohn schon wieder für längere Zeit entbehren zu müssen.
    Die Dauer der Exp edition war für ein halbes Jahr veranschlagt. Schließlich führte der Weg am neuen Nordpol vorbei auf die andere Seite der Erde - und zurück.
    Selbst wenn der Prototyp des Space Shuttle intakt gewesen wäre - die besten Techniker der Enklave arbeiteten an den Schäden, die Drax' Bruchlandung verursacht hatte [1] - hätte man mit ihm die Reise nicht durchführen können. Erstens fehlten ausreichende Mengen reinen Kerosins, das raffiniert werden müsste, und zweitens gab es beim Kratersee keine Landebahn. Durch die Aufwerfungen des Kometeneinschlags glich das Gelände dort einem runzligen Gesicht.
    Also blieb nur der Landweg. Zumindest bei der ersten Etappe konnte man dabei auf die Gleiter zurückgreifen. Etwa auf Höhe der Eisgrenze wurde das magnetische Feld der Erde so instabil, dass eine Kompassnadel rotierte und die Magnetfeld-Transmitter der Gleiter versagten. Dort würden Drax, Aruula und Aiko dann auf den mitgebrachten Eissegler umsteigen müssen, dessen Bauteile Haank zusammen mit den Vorräten auf der Ladefläche des Lastgleiters verstaut hatte.
    Commander Drax kam auf ihn zu und streckte die Hand aus. Obwohl Haank die Bedeutung der Geste mittlerweile gelernt hatte, zögerte er. Noch immer schien es ihm nicht…
    angemessen, einem durch und durch organischen Menschen so vertraut zu begegnen.
    Und ausgerechnet ich werfe Takeo vor, sein Feingefühl habe gelitten! rief sich Haank zur Ordnung und schlug ein. Der Händedruck des Commanders war fest, sein Lächeln ehrlich. Immer wieder war Haank überrascht von der Integrität, mit der Drax und Aruula ihm begegneten. Die Bewohner von El'ay und Umgebung besaßen diese Eigenschaft nicht; Von ihnen wurde alles, was anders war, mitleidlos verfolgt oder zumindest gemieden.
    Dass der Commander solche Vorurteile nicht hegte, hatte Haank in den Tagen ihrer engen Zusammenarbeit erleben können, als es darum ging, die optimale Route der Expedition festzulegen.
    Der kürzeste Weg war der über Land - nach Norden die Küste entlang durch Kanada, Alaska, westlich am neuen Nordpol vorbei und - sofern das Bering-Meer zugefroren war, über das Eis hinüber auf das Staatsgebiet der ehemaligen GUS-Staaten.
    »Danke für die gute Arbeit, Haank«, lobte Drax mit einem Blick auf die beiden startbereiten Gleiter. »Ohne Sie hätten wir wohl nicht so schnell aufbrechen können.«
    Nun, zumindest das war eine kalkulierte Unwahrheit, wie Haank wusste. Tatsächlich hätte sich die Expedition bereits vor zwei Wochen auf den Weg machen können. Aber man wollte abwarten, wie die Japaner sich nach
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