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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß
Autoren: Peter Randa
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als draußen, eine feuchte Kälte, die bis in die Knochen dringt. Simone erschauert. Mit einem Streichholz zündet die Frau ihre Kerze wieder an.
    Mein Gott, wie alt und klein sie ist. Wie eine Karikatur wirkt sie: Das Gesicht scharf wie eine Klinge, mit einer riesigen Nase. Wortlos, gelassen neugierig beobachtet sie die Eindringlinge.
    „Warum haben Sie nicht geöffnet?“ fragt Jacques scharf., „Warum sollte ich das?“
    „Um uns einzulassen.“
    „Meinetwegen können Sie jetzt noch gehen.“
    „Was erwarten Sie?“ sagt Bernard.
    „Ich weiß nicht.“
    Eine richtige alte Schreckschraube, mindestens hundertjährig. Jacques reißt sich zusammen.
    „Sind Sie die Besitzerin?“
    „Nein.“
    „Gibt es einen Besitzer?“
    „Zuweilen.“
    „Ist der derzeitig anwesend?“
    „Ich weiß nicht.“
    Die tanzenden Schatten der Kerzenflamme haben etwas Unheimliches. Es ist keine gewöhnliche Kerze, welche die Alte in der Hand hält, vielmehr eine dicke Kirchenkerze, eine von denen, die während der Totenmesse um den Sarg herum stehen.
    „Sie haben doch wohl einen Raum, der geheizt ist?“
    „Ja.“
    „Führen Sie uns hin.“
    Man muß ihr befehlen. Die Alte dreht sich um und setzt sich wortlos in Bewegung. Simone zögert: „Ich möchte doch lieber draußen bleiben.“
    „Red’ keinen Unsinn“, sagt Jacques. „Wir sind schließlich vier, und zwei davon handfeste Männer.“
    Er nimmt sie beim Arm und zwingt sie, weiterzugehen. Bernard und Marthe folgen hinterdrein.
    Der Flur ist endlos. Sie haben die Alte eingeholt, die langsam und gebeugt geht, wobei sie die Kerzenflamme mit der vorgehaltenen Hand schützt. Plötzlich hält sie inne und öffnet eine Tür. Der Raum ist kümmerlich beleuchtet. An der gegenüberliegenden Wand brennen in einem riesigen Kamin ein paar mächtige Holzscheite.
    Vier Stufen führen hinunter. Die Alte bleibt stehen, um sie vorbeizulassen. Sie wirkt wie die Hexe im Märchen. Jacques muß seine Frau am Arm packen, um sie zum Weitergehen zu zwingen.
    Bei der spärlichen Beleuchtung können sie die Einzelheiten des Raums nur undeutlich erkennen. Sie befinden sich in einer ländlichen Küche. Vor dem Feuerherd ein großer, von Holzbänken umgebener Tisch. Mehrere dunkle Truhen, über denen in einer Reihe aufgehängte Kupferkasserollen schimmern. Vor dem Kamin ein großer Ohrensessel, und vor diesem Sessel ein Hauklotz, der Stumpf einer Buche, auf dem ein Mann hockt. Ein Riese … Vornübergebeugt, auf die brennenden Holzscheite starrend. Er rührt sich nicht. Sein Gesicht ist von den Flammen beleuchtet. Mächtiger, struppiger Bart, die Haut voller Runzeln. Trotzdem muß er wesentlich jünger sein als die Frau, mindestens zwanzig oder dreißig Jahre, aber auch er wirkt uralt.
    Simone und Marthe gehen zögernd zum Kamin. Sie halten ihre Hände vor die Holzscheite und reiben sie.
    Die Alte hat die Tür zugemacht und ihre Kerze ausgeblasen. Man hört ihre Schritte nicht, es ist, als schwebe sie. Sie geht auf den sitzenden Mann zu, bleibt neben ihm stehen.
    „Du hast sie hereingelassen?“ fragt er.
    „Sie haben dreimal geklopft.“
    Er steht auf und grüßt auf eine unerwartet ehrerbietige Weise. Tatsächlich ein Riese, mit einem scheußlichen Kropf.
    „Sie haben es so gewollt.“
    „Sagen Sie mal“, sagt Jacques scharf, „was bezwecken Sie eigentlich mit dieser Komödie?“
    Er legt seinen Mantel ab und schüttelt ihn.
    „Ich kann mir schon denken, daß es Ihnen hier an Zerstreuung fehlt“, setzt er hinzu, „aber das ist kein Grund, uns zum Narren zu halten. Ich muß Ihnen sagen, daß das bei uns nicht verfängt. Mit dem schwarzen Mann kann man mir schon lange nicht mehr Angst einjagen.“
    Sie erwidern nichts. Bernhard hat sich gleichfalls seines schneebedeckten Mantels entledigt und sich sogar eine Zigarette angezündet.
    „Ich will Sie gleich beruhigen: Mein Kamerad ist Ingenieur und ich bin Professor, also machen Sie’s halblang. Über Gespenster reden wir später, vielleicht nachdem Sie uns etwas zu trinken und zu essen angeboten haben.“
    Lachend geht er zum Feuer. Jacques fragt nachdrücklich: „Sie haben doch etwas zu essen? Wohlgemerkt, wir werden alles bezahlen.“
    „Es wird nichts zu bezahlen geben.“
    Der Mann war es, der antwortete, und die Alte geht zu einer Truhe. Marthe hat sich in den Ohrensessel gesetzt und streckt ihre Beine zum Feuer aus. Simone hat ihren Pelzmantel ausgezogen, stellt sich aber möglichst nah an die Feuerstätte. Die ganze Situation ist zu
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