Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0562 - Kurier nach Sol

Titel: 0562 - Kurier nach Sol
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
aristokratischer Würde gab.
    „Es ist eine Zumutung", bemerkte er naserümpfend, „mit einem solchen Individuum an einem Tisch sitzen zu müssen."
    Sein abfälliger Blick galt Sergeant Pollack, der die Arme auf den Tisch gestützt hatte und einen großen Becher Kaffee mit den Händen umfaßt hielt, als hätte er kalte Finger.
    „Setzen Sie sich woanders hin, Herr Leutnant", sagte er noch respektloser als sonst. „Ich kann Ihren Parfümduft ohnehin nicht ausstehen."
    „Das ist nicht mein Parfüm, muß ich bemerken", wies er die Anschuldigung zurück.
    „Kann ich mir denken", brummte Pollack. „Sie haben unter den Bewußtlosen wahrscheinlich so lange gesucht, bis Sie eine von den Frauen fanden."
    „Richtig", lächelte Hollingsworth. „Auch das Unglück hat seine angenehmen Seiten."
    Ellsmere, der dem üblichen Geplänkel der beiden bisher wortlos zugehört hatte, wandte sich an Hollingworth.
    „Dann schon raus mit der Sprache. Welche war's?"
    Hollingsworth trank einen Schluck Kaffee.
    „Elisa Kainchen", gestand er zerknirscht. „Und ich habe nicht nach ihr gesucht. Sie war von Anfang an mit mir im selben Raum."
    Pollack lachte meckernd, aber er bewies, daß er ein fairer Streiter war, indem er das Thema nicht weiter berührte. Elisa Kainchen war ein weibliches Mitglied des Intelligenz-Suchkommandos, das für eine Reihe wichtiger und hochentwickelter Talente, aber keineswegs für körperliche Schönheit bekannt war. Elisa hatte den Einsatz auf OBELISK mitgemacht und sich dabei so bewährt, daß der Chef sie auch auf diese Expedition mitgenommen hatte.
    „Wie steht's bei den Triebwerken?" erkundigte sich Ellsmere.
    „In drei bis vier Stunden sind wir fertig", antwortete Pollack.
    „Wenn wir nicht vorher umfallen."
    „Weiß überhaupt jemand, was mit uns passiert ist, als wir das Feld durchbrachen?" wollte Holli wissen.
    „Waringer hat eine Theorie", antwortete Ellsmere.
    „Läßt sie sich so erklären, daß einfache Geister wie Pollack und ich sie verstehen?"
    „Reden Sie für sich selbst", beschwerte sich der Sergeant.
    „Mein Geist ist nicht so einfach."
    „Waringer behauptet, wir seien unmittelbar nach dem Durchdringen des Schmiegfeldes in eine Fremdenergiesenke geraten. Mit anderen Worten: Die SHANTANG war einerseits noch nicht ein Bestandteil des Kontinuums innerhalb des Schirms geworden, andererseits lag die Energiedichte des Fahrzeugs, also Energie pro Volumen, weit über der durchschnittlichen Energiedichte der Umgebung. Zwei Effekte resultieren davon.
    Als physikalisches Gebilde wurde die SHANTANG als Fremdkörper empfunden und aus der Fremdenergiesenke ausgestoßen - etwa so, als wären die SHANTANG und die Senke beides Nordpole eines Magneten. Glücklicherweise erfolgte der Abstoß in der gewünschten Richtung, nämlich in den Schwarm hinein. Waringer hat die Entfernung vom Schirm mittlerweile gemessen. Wir müssen ziemlich kräftig abgestoßen worden sein. Das erklärt, warum Geräte aus den Halterungen gerissen wurden und warum die SHANTANG bis zu diesem Augenblick noch schlingert. Als energetisches Gebilde jedoch war das Fahrzeug für die Senke ein gefundenes Fressen.
    Unsere sämtlichen Energievorräte flossen innerhalb weniger Mikrosekunden in die Senke ab. Dadurch wurden unsere Energiespeicher geleert, und sämtliche Generatoren arbeiteten unter Kurzschlußbedingungen. Sie brannten aus, wenn man so will, obwohl die Sicherungen das größte Unheil verhüteten.
    Was Waringer sich nicht erklären kann, sind die merkwürdigen Visionen, die wir alle in den Augenblicken der Katastrophe hatten.
    Seine Vermutung ist, daß wir uns zeitweise im Grenzbereich zweier Kontinua befanden und Verzerrungserscheinungen unterworfen waren, aber das kann er nicht mit Gleichungen nachrechnen, deshalb spricht er nicht viel darüber."
    Pollack leerte seinen Becher und stand auf.
    „Das ist selbst für mein geniales Gehirn zuviel", erklärte er grinsend. „Aber Waringer wird schon recht haben. Ich gehe lieber wieder an die Arbeit."
    „Nimm dich vor deinem Gehirn in acht!" rief Hollingsworth ihm nach. Wesentlich ernster wandte er sich daraufhin an Major Ellsmere. „Wie lange können wir es hier aushalten, ohne von der Schwarmflotte entdeckt zu werden?"
    Ellsmere zuckte mit den Schultern.
    „Wir haben keine Unterlagen über Stärke und Beweglichkeit der hiesigen Flotte. Angenommen, die Verhältnisse liegen hier so ähnlich wie in einem entsprechend großen Milchstraßensektor in der Umgebung der Erde,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher