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0553 - Geisterstunde

0553 - Geisterstunde

Titel: 0553 - Geisterstunde
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Tür, durch die du noch nie zuvor geschritten bist. Da ahnst du, daß sie dich heute zum letztenmal geholt haben.
    Die Tür wird geöffnet. Du wirst in den Raum gestoßen. Und du siehst, was auf dich wartet.
    Das Fallbeil!
    Diese mörderische Konstruktion, während der französischen Revolution erdacht, um Menschen im Fließbandverfahren so rationell wie möglich umzubringen. Aber wie lange ist das nun schon her?
    Jene Hinrichtungen fanden in der Öffentlichkeit statt. Hier ist die Einsamkeit der Höllentiefe.
    Da steht sie.
    Stygia.
    Die Dämonin lächelt. Es ist das eisige Lächeln des Todes.
    Sie sieht dich an mit ihren rot flammenden Augen, Bockshörner wachsen aus ihrer Stirn.
    Die Abgesandte des Teufels…
    »Ein letztes Mal frage ich dich«, hörst du sie sagen.
    »Nein!« schreist du. »Ich gehe den Pakt nie ein! Niemals!«
    Den Pakt des Wahnsinns, zu dem sie dich zwingen will. Den Pakt, mit dem sie sich deiner speziellen Fähigkeiten versichern will, um das Böse zu stärken. Sie will, daß du an die Seite deines Vaters trittst, daß du so wirst wie Asmodis und Hand in Hand mit ihm arbeitest. Aber du hast dich so lange nicht zwingen lassen… auch heute nicht!
    Sie gibt den Henkershelfern einen Wink. Sie greifen zu und pressen dich gegen die hölzerne Platte. Blitzschnell wirst du gefesselt.
    Nur deinen rechten Arm lassen sie frei!
    Mit einem heftigen Ruck kippt die Platte in die Waagerechte. Das Halsbrett fällt herab, und du kannst dich nicht mehr rühren.
    Da kommt die dumpfe Furcht. Warum liegst du auf dem Rücken, so daß du über dir die scharfe, furchtbare Schneide des Fallbeils siehst?
    Die Gehörnte tritt heran. Sie lächelt immer noch, wie es LUZIFER selbst nicht bösartiger tun könnte.
    Ihre Hand mit den spitzen Krallen anstelle der Fingernägel greift nach dem Seil, das die stählerne Klinge noch über dir hält.
    Sie löst das Seil vom Sperrhaken.
    Du weißt, wenn sie es jetzt losläßt, fällt die Klinge herab.
    Dann bist du tot…
    »Du hast deine Chance vergeben«, hörst du sie sagen. Sie greift nach deinem rechten Arm und zwingt ihn in die Höhe. Sie drückt dir das Ende des Seiles in die Hand!
    »Gut festhalten!« sagt sie.
    Ihre Teufelshörner glühen. Du starrst sie entsetzt an. Die schwere Fallbeilklinge zerrt an deiner Hand. Krampfhaft versuchst du, nicht loszulassen. Deine Muskeln spannen sich. Die Klinge ist schwer, unheimlich schwer.
    Sie entfernen sich. Die Henkersknechte stampfen davon, und Stygia folgt ihnen. Du schaust ihr nach.
    In der Tür dreht sie sich noch einmal um.
    »Sterben Sie wohl, Mister Robert Ten-dyke«, sagt sie.
    Dann läßt sie dich allein.
    Allein mit dem Tod, der über dir stäh lern grinst. Du bist allein mit der Schwäche, die deine Muskeln bald erlahmen lassen wird. Allein mit der Müdigkeit.
    Du weißt nur eines: Du darfst das Seil nicht loslassen.
    Zwischenspiel
    Und? fragte Fenrir respektlos. Hast du es losgelassen ?
    »Elender, mordlüsterner Wolf!« zeterte Fooly. »Dir geht es wohl nie blutig genug zu, wie? Raubtier!«
    Wie schmeckst du eigentlich gegrillt? überlegte Fenrir.
    »Natürlich habe ich das Seil losgelassen«, sagte Tendyke. »Sonst wäre ich ja immer noch in dieser verdammten Kammer, nicht wahr? Irgendwann wirst du müde, verläßt dich auch die letzte Kraft.«
    »Und?«
    »Das Fallbeil fiel herunter.«
    »Aber Sie leben und sitzen hier«, sagte Mostache verwundert. »Wie ist das möglich?«
    Tendyke zuckte mit den Schultern. »Sie wissen vermutlich, daß Zamorra und Nicole zu den Unsterblichen gehören, weil sie vom Wasser der Quelle des Lebens getrunken haben. Nun gut, bei mir funktioniert der Trick etwas anders.«
    »Wie?« wollte Mostache wissen.
    Der Abenteurer lächelte. »Sie werden entschuldigen, wenn ich das als mein Geheimnis betrachte, ja? Nicht mal Zamorra kennt es. Und… das soll auch so bleiben.«
    »Warum hast du uns dann diese Geschichte erzählt, Ten?« fragte Gryf. »Du machst uns neugierig und blockst dann ab.«
    »lch wollte euch nur einen Eindruck verschaffen, wie’s kommen kann«, erklärte Tendyke.
    »Wann hat sich das eigentlich abgespielt?« erkundigte sich Nicole.
    »Es war, bevor ihr Stygia kennenlerntet. Auch, bevor wir uns kennenlernten.« Er breitete die Arme aus und zog die Peters-Zwillinge näher an sich heran, küßte sie nacheinander. »Stygia war damals noch ein recht kleines Licht und Asmodis noch der Fürst der Finsternis. Sie wollte ja schon immer ganz nach oben. Sie dachte, wenn sie mich zwingt,
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