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0550 - Merlins Stern

0550 - Merlins Stern

Titel: 0550 - Merlins Stern
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nichts mehr, was sie tun konnten, ohne aufdringlich zu werden. Außerdem war da auch noch Julian, der sich schon allein Angeliques wegen um die beiden Überlebenden kümmern würde.
    Seither war es ruhig an allen Fronten.
    Es war wie die Ruhe vor dem Sturm. So, als hole die Hölle Atem, um dann um so mörderischer zuzuschlagen.
    Und immer wieder die Selbstvorwürfe. Die stumme Anklage aus dem Unterbewußtsein, ob es nicht möglich gewesen wäre, etwas zu tun, die Morde zu verhindern.
    Deshalb nutzte Zamorra jede Möglichkeit der Ablenkung. Denn tun konnte er momentan so oder so nichts. Er konnte nur darauf warten, daß die Gegenseite den nächsten Schlag führte und damit verriet, auf welche Weise Lucifuge Rofocale die Macht der Amulette nützen würde.
    Einige Dutzend Meter entfernt hockte der für sein Alter schon ungewöhnlich weit entwickelte kleine Sir Rhett Saris ap Llewellyn zusammen mit einem recht seltsames Wesen, das aufrechtstehend etwa ein Meter und zwanzig groß war. Und sehr massig, um nicht zu sagen fett. Es besaß eine grünliche Haut mit braunem Hauch, die teilweise braune Flecken mit grünem Hauch aufwies. Über den Rücken zog sich eine Art Kamm aus dreieckigen Hornplatten, die sich zur Schwanzspitze verlängerten. Hinzu kamen vierfingrige Hände mit ausfahrbaren Krallen, und in dem kantig vorgereckten Saurierkopf mit den mörderischen Fangzähnen leuchteten große Telleraugen, die kindhaftes Staunen ebenso wie schelmische Verschmitztheit ausdrücken konnten. Aus dem Rücken wuchsen Flügel empor, die viel zu klein schienen, um die Masse des kleinen Drachen in die Luft zu erheben.
    Er besaß noch ein paar weitere Fähigkeiten: Feuerspeien, eine Art Telepathie und eine gehörige Portion liebenswerter Tolpatschigkeit. Deshalb hatte ihn Butler William, der ihn anfangs heimlich »adoptiert« hatte, wohl auch »MacFool« genannt. Im Regelfall wurde er allerdings »Fooly« gerufen. [3]
    Gerade erzählte er dem kleinen Sir Rhett die Geschichte vom guten Drachen und dem bösen Ritter…
    Derweil schwärmte Patricia immer noch von Umberto Eco und Thomas Mann, »…um wirklich zu verstehen, was ich meine, Zamorra, müßtest du ihre Werke in den schottischen Originalfassungen lesen. Die Übersetzungen fallen dagegen gewaltig ab und…«
    Diskussion ist die effektivste Möglichkeit, andere in ihren Irrtürnern zu bestärken, dachte Zamorra innerlich schmunzelnd und verzichtete darauf, die Schottin zu berichtigen.
    Zumal gerade seine Gefährtin Nicole Duval wieder aufkreuzte, gehüllt in ihre jüngste modische Erwerbung - oder in das, was der Modeschöpfer seinen Anhängern als Mode verkaufte.
    Nicole hatte Zerstreuung gesucht bei einem Einkaufsbummel in Lyon, St. Etienne oder wo auch immer sie gewesen sein mochte. Und sie war dabei fündig geworden. Sie begrüßte Patricia mit einem fröhlichen »Hallo« und Zamorra mit einem nicht minder fröhlichen Kuß und drehte sich dann mehrmals um sich selbst.
    »Na, was haltet ihr davon?«
    »Großartig«, murmelte Patricia wenig überzeugt.
    Zamorra nickte nur schwach und verzichtete auf schonungslose Ehrlichkeit; er fand, daß das Kleid sie wie einen moderigen, halb zerfallenen Burgturm auf zwei Beinen aussehen ließ. Der einzige Lichtblick war das hübsche Burggespenst, das oben aus den Zinnen herausschaute und sich herausfordernd durch die ebenfalls neu erstandene Perücke strich; eine synthetische Haarpracht in glitzerndem Violett, Nicole hockte sich auf Zamorras Schoß und lehnte sich an ihn. » Cheri , schenkst du mir dieses kleidsame Wunder? Patrik Reynard hat es eigens für mich entworfen und geschneidert. Es ist ein absolutes Unikat.«
    »Wenn es sich wirklich nicht umgehen läßt?« brummte Zamorra und überlegte zugleich, ob es nicht besser für die kulturelle Fortentwicklung der Menschheit gewesen wäre, wenn man jenem Patrik Reynard - nie gehört! - Schere, Nadel und Faden weggenommen hätte, ehe er dieses Verbrechen wider den guten Geschmack hatte kreieren können. Noch besser schon in jenem Moment, als er zum ersten Mal in Erwägung zog, Modeschöpfer zu werden… Zamorra hoffte darauf, daß Nicole es wie die meisten ihrer Modellkleider nur zwei- oder dreimal trug und dann den Motten überantwortete; die Motten von Château Montagne erfreuten sich einer schon beinahe ungesunden Wohlbeleibtheit.
    »Du bist ein Schatz!« flötete sie und umarmte und küßte ihn so innig, daß erstens Lady Patricia dezent errötete und den neidvollen Blick dennoch nicht
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