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0548 - Knochen-Cowboy

0548 - Knochen-Cowboy

Titel: 0548 - Knochen-Cowboy
Autoren: Jason Dark
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erwartet, Sinclair…«
    Ich lauschte der Stimme nach. Sie hörte sich an, als hätte sie Mühe, die Worte zu bilden. In der Tat klang sie sehr guttural. Wer immer der Sprecher war, unsere Sprache beherrschte er nicht perfekt. Mir kam es so vor, als schien er zu üben.
    »Wer bist du?« erkundigte ich mich.
    »Ein Geist.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Du bist nicht sichtbar, redest trotzdem, also mußt du ein Geist sein. Aber auch Geister haben Namen, wie ich genau weiß.«
    »Ich bin Cattananga!«
    Jetzt wußte ich alles und gleichzeitig überhaupt nichts, weil ich mit diesem Namen beim besten Willen nichts anfangen konnte. »Tut mir leid, ich kenne keinen Cattananga.«
    »Das glaube ich schon.«
    »Dann erkläre mir, woher du kommst.«
    »Aus dem Reich der Finsternis, der Welt der bösen Geister und Dämonen, in der ich zu Hause bin. Ich war einmal ein Mensch, und ich habe es geschafft, den Weg zu finden.«
    »Dann hast du vielleicht so ausgesehen wie die Maske auf dem Totempfahl?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Bist du mit ihr identisch?«
    »Was heißt das?« zischte es durch den Raum.
    »Seid ihr ein- und dieselbe Person?«
    »Ja.«
    Ich überlegte, aber ich bekam noch keinen Sinn in die gesamten Antworten. Unterdessen lag Judy Williams regungslos auf der Couch und spürte den Druck der Mündung unter ihrem Kinn. Hinter mir stand noch immer ihre Mutter. Sie weinte nicht mehr. Dafür atmete sie jetzt laut und sehr hastig.
    »Was hat Morgan Clusky mit dir zu tun?« wollte ich von Cattananga wissen.
    Die Antwort erfolgte prompt. »Er war der erste Weiße, dem ich Vertrauen schenkte.«
    »Hat es sich gelohnt?«
    »Sehr sogar.«
    »Wie kam es denn dazu?« Ich war fest davon überzeugt, daß ich die ganze Wahrheit erfahren würde. Und ich wollte auch endlich wissen, woran ich war.
    Cattananga begann zu sprechen. Aus zischenden, wispernden und flüsternden Lauten setzten sich seine Worte zusammen. Ich hatte große Mühe, sie zu verstehen. »Vor langer Zeit kam er als Weißer in unser Land, das noch von uns regiert wurde.«
    »Den Apachen?«
    »Das war der Name unseres Stammes. Wir lebten in Felshöhlen, wir ernährten uns von der Jagd und von dem, was uns das Land sonst noch hergab. Nur wenige Weiße bekamen wir zu Gesicht. Morgan Clusky war einer der ersten. Er befand sich auf der Flucht, viele Männer jagten ihn. Er war angeschossen, und trotzdem hat er noch einen von uns vor dem Biß einer Klapperschlange bewahrt. Wir bewiesen ihm unsere Dankbarkeit, indem wir ihn aufnahmen. Fortan lebte er bei uns, und er richtete sein Leben nach unseren Sitten und Gebräuchen ein. Er fühlte sich wohl, er lernte vieles kennen, auch die Geheimnisse des Tanzes.«
    »Der Beschwörung?«
    »Ja, die Geister, die ich rief, denn ich, Cattananga, war der große Medizinmann. Ich beschwor die Geister der Finsternis, ich entwickelte die alten Zaubertränke, und mir gelang der Blick in die anderen Welten. Die meisten meiner Brüder hatten Furcht vor mir, nicht so der Weiße. Er interessierte sich für meine Magie, wurde mein Helfer, und schon bald zollte man ihm Achtung. Wir versetzten uns in Trance, wir blickten in die Dunklen Reiche, und wir baten die Dämonen darum, uns in ihren Kreis einzugliedern. Es dauerte Jahre, bis wir soweit waren. Ein mächtiger Dämon, Cattananga, ließ uns seine Seele. Das heißt, er gab sie mir, und ich nahm zum Dank auch seinen Namen an. Fortan war ich Cattananga, der Zauberer. Ich spürte die Kraft in mir, die den Schleier des Todes von mir reißen, wenn er einmal über mich herfallen würde. Ich wußte, daß ich nicht sterben konnte, ich würde immer leben, nur anders.«
    »Im Pfahl?«
    »Es ist der heilige Totem. Er ist die Verbindung zwischen den beiden Reichen, zwischen der Welt, die du siehst und zwischen der, die du nicht sehen kannst. Der Totempfahl und ich gehören zusammen. Wir haben die Kraft und die Macht.«
    »Was ist mit Clusky?«
    »Die Jahre vergingen, er wurde älter. Aber er hat es nie bereut, mein Helfer gewesen zu sein. Er hat das geheime Wissen in sich aufgesaugt, wie der verdörrte Boden das Wasser eines Regengusses. Eines Tages bat er mich, ihn zu entlassen. Er wollte die letzten Jahre seines Lebens nicht mehr bei unserem Stamm verbringen, sondern zum Sterben zurückkehren in seine alte Heimat, die jenseits des großen Wassers lag, von dem er so oft erzählte. Er war besessen von unseren Beschwörungen, und er versprach uns allen, diese Magie auch in seine Welt einzubringen. Zeit war nicht
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