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0536 - Das Haus der Seelenfresser

0536 - Das Haus der Seelenfresser

Titel: 0536 - Das Haus der Seelenfresser
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wahrnehmen. Aber das, was auf dem Wasser schwamm und damit die Oberfläche in Bewegung versetzte, machte ihm Sorgen. Ein Boot war das nicht, soviel konnte er jetzt erkennen. Also doch ein Alligator? Es blieb keine andere Möglichkeit. Aber warum schlief das verflixte Biest nicht?
    Vielleicht schlief es noch nicht… Zamorra atmete tief durch. Das hatte ihm gerade noch gefehlt - sich bei Dunkelheit mit einer hungrigen Panzerechse herumzuschlagen! Wenigstens schien die Bestie allein zu sein.
    »Was ist?« fragte Monica, der seine Reaktion nicht entgangen war. Zudem spürte sie mit ihren Para-Sinnen sein Unbehagen.
    Er würde es ihr sowieso nicht verheimlichen können. »Siehst du unseren schuppigen Freund da draußen? Er kommt genau hierher.«
    Sie stöhnte auf. »Und wir haben nicht einmal eine Waffe, um mit ihm fertigzuwerden! Was jetzt? Lassen wir uns auffressen, oder schwimmen wir zum nächsten Landstrich und versuchen zu entkommen? Auf dem Trockenen sind sie wesentlich unbeweglicher.«
    »Wenn wir flüchten, geraten wir vielleicht vom Regen unter Umgehung der Traufe direkt in die Kanalisation«, unkte er. »Wer weiß, worüber wir stolpern.«
    »Alligatoren schlafen nachts…« Sie verstummte. Vor ihnen schwamm gerade das Paradebeispiel dafür heran, daß Ausnahmen die Regel bestätigen. Und wenn es eine Ausnahme gab, mochten irgendwo um sie herum auch noch andere. Ausnahmen wach sein und auf die willkommene Abwechslung warten, die ihnen die Beute direkt vor den Rachen trieb.
    Plötzlich war der Lichtpunkt am Himmel wieder zu sehen, dieser winzige Stern, der viel tiefer stand als alle anderen und sich dabei bewegte. Und jetzt vernahm Zamorra auch das dumpfe Brummgeräusch. Ganz leise nur, in weiter Ferne, näherte sich ein laufender Motor.
    Ein Hubschrauber, der nach ihnen suchte?
    »Probier noch einmal, Kontakt zu bekommen«, drängte Zamorra. »Falls das uns gilt, sitzt vermutlich Uschi in der Maschine. Sie dürfen uns nicht verfehlen. Kannst du ihre Nähe spüren?«
    »Nein«, sagte Monica. »Es geht anders. Ich fühle, daß sie lebt, aber ich kann nicht genau sagen, wo exakt sie sich befindet.«
    »Dann wollen wir hoffen, daß dort tatsächlich unsere Retter nahen… und daß sie uns schneller finden und erreichen als der Gator…«
    Der aber war schon erschreckend nahe herangekommen…
    ***
    Er hieß Ricardo Diaz - unter anderem. Wie viele Namen er in seinen bisherigen vierzig Lebensjahren benutzt hatte, wußte er schon längst nicht mehr. Einige waren ihm in Erinnerung geblieben, vor allem jene, die in den zahlreichen falschen Pässen gestanden hatten. Er hatte fast den gesamten amerikanischen Doppelkontinent gesehen, doch nirgendwo hatten sie ihn lange in Ruhe gelassen. Die Polizei fand seine Spur immer wieder. Und dann mußte er seinen Standort wechseln.
    Es waren immer nur Kleinigkeiten. Keine großen Gaunereien, wie er es sah. Ein paar Diebstähle auf der Straße, ein paar Hauseinbrüche, ein bißchen Autoklau, hier und da ein paar Vergewaltigungen, auch drei oder zehn unbedingt notwendige Morde in vorbeugender Notwehr - wirklich nichts, worüber man sich aufregen mußte, wenn man die beiden Weltkriege plus Korea, Vietnam, Biafra, Ruanda, Jugoslawien und die Kreuzzüge gegen das Morgenland zusammengefaßt als Maßstab nahm.
    Diaz fühlte sich zu Unrecht verfolgt. Irgendwie mußte er sich ja schließlich durchs Leben schlagen. Und mit ehrlicher Arbeit, war er überzeugt, ging das nicht, weil die erstens schwer und zweitens schlecht bezahlt war und drittens die Steuern ihm das nahmen, was er eigentlich zum menschenwürdigen Leben brauchte. Also umging er das Gesetz weiträumig, kassierte und bezahlte keine Steuern, von denen ohnehin nur die Leute bezahlt wurden, die ihm ans Leder wollten - Polizisten, Staatsanwälte und ähnliche Schwerverbrecher, wie er sie aus seinem eigenen Selbstverständnis heraus sah.
    Er hatte sich diese Rechtfertigung für seine kriminellen Aktivitäten und brutalen Verbrechen bereits so verinnerlicht, daß er selbst fest daran glaubte.
    Manchmal ließ er sich mit Partnern ein. Allerdings waren die oft zu zögerlich, weil sie vom schlechten Gewissen geplagt wurden, wenn es ernst wurde. Diese Schlappschwänze besaßen einfach nicht den nötigen Mumm, eine Sache konsequent durchzuziehen. Und wenn Stacky, dieser unrasierte Nasenbär, nicht so zurückhaltend der Frau gegenüber gewesen wäre, hätten sie bessere Beute machen können als nur diesen verdammten Alu-Koffer und das blaue
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