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0536 - Das Haus der Seelenfresser

0536 - Das Haus der Seelenfresser

Titel: 0536 - Das Haus der Seelenfresser
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nächsten 20 oder 30 Jahre wertvoll machen. Wer wollte schon hier wohnen oder Besitz erwerben? Menschen, die nicht als Touristen hierher kamen, siedelten sich eher in den Städten an. Da gab es wenigstens eine geordnete Infrastruktur. Wer hier einen Sack Kartoffeln brauchte, mußte allein gut fünf Kilometer bis zur Straße zurücklegen, und dann war es noch einmal so weit bis Okeechobee oder Sherman. Wenn das Auto streikte, war das eine gewaltige Strecke. Und das Haus sah gar nicht danach aus, als hätte der letzte Besitzer gewußt, daß es seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts so etwas wie Automobile überhaupt gab.
    Einen Stall für Pferde oder Esel gab es hier aber auch nicht!
    Nach der ersten Umrundung ging Zamorra etwas näher heran. Er hatte das Gefühl, daß die Temperatur um so weiter fiel, je näher er dem Holzhäuschen kam. Plötzlich war Tendyke neben ihm. Er hielt Nicoles Strahlwaffe in der Hand. Unwillkürlich warf Zamorra einen Blick auf die Einstellung der Waffe. Sie stand nicht auf ›Betäubung‹, sondern auf ›Laser‹ - mit maximaler Stärke.
    »Hältst du das nicht für etwas übertrieben?« kritisierte Zamorra, der noch nie ein Freund brutaler Gewalt gewesen war.
    »Laut Nicole nützen die Schockstrahlen wenig. Und wenn wir es hier mit Seelenlosen wie dem Augenarzt zu tun bekommen sollten, schieße ich lieber sofort tödlich, statt ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Die ich treffe, waren ohnehin schon vorher tot…«
    »Bevor wir hineingehen, versuchen wir erst mal einen Blick durch die Fenster zu werfen«, sagte Zamorra. »Irgendwie wird mir dieses Haus von Minute zu Minute unheimlicher. Noch unheimlicher aber, daß Ombres Amulett überhaupt nicht reagiert, sondern das alles hier als völlig normal zu empfinden scheint.«
    »Hast du so etwas nicht auch schon bei Merlins Stern hin und wieder erlebt?« gab Tendyke zu bedenken, während sie sich dem vorderen der drei gar nicht so großen Fenster näherten. »Wenn er durch Leonardo de Montagnes Einflüsse abgeschaltet war, oder, wie in den letzten Jahren, wenn er einfach streikte?«
    Zamorra nickte widerwillig. Trotzdem konnte er sich nicht recht dazu durchringen, Erlebnisse mit dem einen Amulett auf ein anderes zu übertragen.
    Er trat an das Fenster, wischte die äußere Schmutzschicht ab. Aber von drinnen haftete noch einmal fast ebensoviel Dreck. Es war kaum etwas vom Inneren des Zimmers zu erkennen. Zamorra sah nur Schatten, die alles mögliche darstellen konnten.
    »Siehst du mehr als ich?« fragte er den Freund.
    »In drei Sekunden«, versprach der Abenteurer und zerhieb mit dem Griff der Waffe die Scheibe. In fast der gleichen Bewegung wirbelte er die Strahlwaffe herum und richtete die Mündung durch die Öffnung.
    Kein Seelenfresser quoll heraus. »Bist du verrückt?« stieß Zamorra hervor.
    »Wieso? Über das Fensterglas werde ich mich wohl mit dem Erben noch einigen können. Zur Not bin ich haftpflichtversichert.«
    Er spähte durch die Öffnung. »Eine Art Schlafkammer«, sagte er. »Eine Art Pritsche, ein Spind, ein Stuhl, ein Tisch, ein paar Decken, ein Bild - kein Kruzifix über der Tür. Aber ein Schatten auf dem Holz. Da hat mal eins gehangen.«
    Zamorra nagte an seiner Unterlippe. »Liegt es irgendwo auf dem Boden?«
    »Nicht in meinem Sichtfeld«, sagte Tendyke. »Ich kann auch keine Person oder die Nebelgeister entdecken. Komm, benutzen wir als brave Bürger die Haustür.«
    Sie traten zur Seite. Zamorra sah nach unten. Er stieß Tendyke an. »Schau dir das mal an!«
    Sie hatten im Schnee keine Spuren hinterlassen!
    Der Schnee knirschte unter den einsinkenden Sohlen, aber wenn die Füße wieder gehoben wurden, blieben keine Eindrücke zurück! Die Oberfläche sah so unversehrt aus wie vorher!
    Tendyke pfiff durch die Zähne. »Denkst du, was ich denke?«
    »So wenig nun auch wieder nicht«, grinste Zamorra gönnerhaft. »Diese Schneeschicht ist eine Illusion.«
    »Und wenn es den Schnee schon nicht gibt«, fuhr Tendyke so laut fort, daß auch die in einigem Abstand wartenden Ladies es mithören konnten, »existieren vielleicht auch ein paar andere Dinge nicht. Vielleicht ist sogar das ganze Haus eine Illusion.«
    »Und du erkennst sie nicht?«
    »Du hast zu romantisierte Vorstellungen von meiner Gabe, Gespenster wahrzunehmen«, sagte Tendyke. »Dieses Haus ist vielleicht eine Illusion, aber kein Gespenst. Wie würde mein ganz besonderer Freund aus der Zeit des Sonnenkönigs, Don Christofero, keifen: Folgt mir
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