Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0535 - Die Verdammte

0535 - Die Verdammte

Titel: 0535 - Die Verdammte
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
und widerlich war sie. Er nahm die fremden Gerüche wahr, und er spürte gleichzeitig, daß es kaum Stellen mehr in seinem Gesicht gab, die nicht brannten. Jetzt fiel ihm wieder ein, womit sie ihn attackiert hatten.
    Mit Hühnerkrallen!
    Das war nicht normal. Wer schlug schon mit Hühnerkrallen? In London niemand, aber hier in Baton Rouge, nur einen Katzensprung von New Orleans entfernt, in einem Klima, das die Emotionen der Menschen hochkochen ließ und wo Voodoo-Kräfte gediehen, sah alles anders aus. Da lebte die Vergangenheit in der Gegenwart, zusammen mit der arroganten Tradition der großen Südstaaten-Familie.
    Hühnerkrallen…
    Bill dachte darüber nach. Er wußte auch Bescheid. Man nahm Hühnerkrallen, um jemandem zu zeigen, daß man genug von ihm hatte oder ihn als Verräter ansah.
    Ein Verräter war Bill nicht. Es kam nur die erste Möglichkeit in Frage. Man hatte genug von ihm. Man wollte, daß er verschwand und sich nicht mehr in Dinge einmischte, die ihn nichts angingen.
    Was hatte er denn getan?
    Bill kam nicht mehr dazu, weiter über die Dinge nachzudenken, denn er hatte etwas gehört. Da er das rechte Ohr gegen den Boden gepreßt hielt, waren auch diese weichen Vibrationen zu vernehmen.
    Jemand schlich auf ihn zu.
    Kamen die Schläger zurück? Wollten sie ihn diesmal so zusammenschlagen, daß er nicht mehr aufstand?
    Bill war waffenlos auf den Friedhof gekommen. Er hatte das Schießeisen bewußt im Hotel zurückgelassen, weil er nicht provozieren wollte. Es wäre jedoch besser gewesen, wenn er die Waffe bei sich gehabt hätte.
    Er wollte etwas tun. Zumindest versuchen, die ihn umschwirrenden Mückenschwärme loszuwerden.
    Etwas klatschte gegen sein Gesicht.
    Naß, feucht, auch klebrig, als wäre dieser Gegenstand mit einer dünnen Leimschicht bestrichen worden.
    Bill blieb liegen. Er stellte sich tot, atmete so flach wie möglich, konzentrierte sich nur auf das Neue und nahm auch einen sehr scharfen Geruch wahr, den er zunächst nicht identifizieren konnte, der ihn allerdings sehr bekannt vorkam.
    Bekannt aus dem Londoner Zoo! Raubtiergeruch war das. Das mußten Tiger, Panther oder Löwen sein.
    Plötzlich schlug das Herz des Reporters schneller. Gleichzeitig hörte er ein Geräusch, das ihn an ein Fauchen erinnerte. Eher so, als würde ihn eine Katze sanft anfauchen.
    Raubtiere waren auch Katzen…
    Der feuchte Gegenstand wanderte weiter durch sein Gesicht. Er war zudem auch leicht angerauht. Bill erinnerte sich daran, daß er schon von einer Katzenzunge am Finger geleckt worden war. Diese Zunge hatte ebenfalls eine rauhe Oberfläche besessen.
    Wie die, die durch sein Gesicht strich.
    Der Reporter verkrampfte sich. Das leise Fauchen blieb, die Zunge wanderte weiter, sie glitt über seine Wunden hinweg, als wollte sie diese pflegen.
    »Genug jetzt, Shandra!«
    Die Stimme hatte Bill nie gehört. Sie besaß einen besonderen Klang. Rauh und peitschend, befehlsgewohnt.
    Die Zunge glitt ein letztes Mal über sein Ohr, dann zog sich das Tier zurück.
    Der Reporter blieb liegen. Er konnte nicht sehen, wer den Befehl gegeben hatte, weil die Person in seinem Rücken stand. In Bills Nase hing noch immer der Geruch des Raubtieres, und der nächste Befehl galt nicht mehr dem Tier, er war an ihn gerichtet.
    »Dreh dich auf den Rücken!«
    »Okay!« keuchte Bill. »Ist schon okay!« Mühsam wälzte er sich herum. Er wollte den Fremden sehen. Während der Bewegung zuckten die Schmerzen heftiger durch seinen Kopf. Als er die geforderte Lage eingenommen hatte, war der Schatten über ihm.
    Bill sah einen schwarzen Körper, ein helles Augenpaar, hörte das Fauchen, diesmal aggressiver, und blieb erstarrt liegen, als sich vor ihm ein Maul öffnete, das spitze Zähne präsentierte, die sich gegen seine Kehle drückten.
    Bill rührte sich nicht. Die Haut an seinem Hals war straff gespannt. Die Enden der Zähne tickten dagegen, und Bill wußte, daß er sich in höchster Lebensgefahr befand. Wenn er sich falsch bewegte, würde das Raubtier ihm die Kehle durchbeißen.
    Panther hatten das nun mal so an sich, es entsprach ihrer Natur.
    Aber Panther konnten nicht reden. Es mußte jemand in der Nähe sein, der ihm den Befehl gegeben hatte.
    Vor Bill bewegte sich ein Schatten. Nicht der des Raubtieres. Dort stand hochaufgerichtet ein Mann, den Mond im Rücken, so daß dessen Schein ihn anstrahlen konnte.
    Da der Panther sich an Bills rechter Seite aufhielt, konnte der Reporter über den Kopf des Raubtieres hinwegschauen und den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher