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0532 - Der Blutschwur

0532 - Der Blutschwur

Titel: 0532 - Der Blutschwur
Autoren: Jason Dark
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wollte.
    »Eine sehr schöne Tote«, flüsterte Goran. »Ja, sie ist einfach wunderbar. Findest du nicht auch, Dunja?«
    Das Mädchen nickte steif.
    »Mehr hast du nicht zu sagen?«
    »Doch… doch … sie ist schön.«
    »Das meine ich doch«, flüsterte Goran. »Auch du wirst bald eine so schöne Leiche abgeben.«
    Sie hörte die Worte, ignorierte sie aber, schaute zu Boden und spürte den leichten Druck einer Hand auf ihrer Schulter. »Du mußt ihn anschauen, Dunja, ihn anschauen.«
    »Ja…« Langsam hob sie den Kopf.
    Goran grinste etwas schief. In seinen Augen irrlichterte es.
    »Möchtest du keine Leiche sein?« fragte er nach.
    »Ich… ich weiß es nicht.«
    »Unser Ziel ist der Tod! Hast du das vergessen?« Er hatte seine Stimme um eine Nuance erhoben.
    »Nein, ich habe es nicht vergessen, nur nicht daran gedacht.«
    »Ja, das kann passieren«, gab er zu und deutete auf die Leiche der Maria Mitic. »Sie liegt vor dir, selbst im Tod ist sie schön, vielleicht schöner als im Leben, denn sie befindet sich jetzt schon an dem Ort, nach dem wir uns alle sehnen. Das Jenseits hält ihren Geist umfangen, es läßt ihre Seele laufen. Vielleicht schlägt das auf ihr Aussehen zurück. Jeder von uns, der in den Tod ging, sieht so glücklich aus. Du wirst ebenfalls merken, wie es ist. Berühre sie. Knie nieder und streichle über ihr Gesicht, das wird dir guttun.«
    Dunja zuckte zusammen und schaute Goran aus großen Augen ängstlich an. »Soll ich… soll ich es wirklich tun?«
    »Ja…«
    Die anderen beobachteten sie ebenfalls, wie sie niederkniete, um leichter an die Tote heranzukommen. Sie streckte ihren Arm über den Sargrand hinweg und berührte das Gesicht der Toten. Sie spürte kalte, weiche Haut.
    Dunja mußte ihre Furcht überwinden, um die Finger an der Wange entlang bis hin zum Hals nach unten wandern lassen zu können. Erst dann war Goran zufrieden.
    »Steh wieder auf. Alles weitere ist nicht deine Sache. Wir werden sie jetzt begraben, wie es das Ritual vorschreibt. Und über ihrem Grab wirst du deinen Blutschwur leisten.«
    Noch wußte das junge Mädchen nicht, was genau damit gemeint war. Dunja war nur klar, daß es ein Zurück für sie nicht mehr gab.
    Sie hatte einmal zugestimmt und würde auch dabei bleiben.
    Man steckte ihr die Rose zwischen die Hände, verschloß den Sarg wieder und ließ ihn zu viert ins Grab hinab.
    Er schlug etwas kantig auf, blieb auch schräg stehen, und das reichte den Finsteren.
    Kräftige, dunkel geschminkte Hände griffen nach den in dem Erdhaufen steckenden Schaufeln. Eine Arbeit, die sonst der Totengräber allein durchführte, erledigten sie jetzt alle zusammen.
    Das schwere Erdreich klatschte in das Grab und landete dumpf auf dem Deckel des Sargs. Die Darkers arbeiteten geschickt und zielstrebig. Es war ihnen anzusehen, daß sie diese Arbeit nicht zum erstenmal durchführten.
    Schon bald konnten sie das lockere Erdreich festtreten. Auf der Grabstätte entstand ein kleiner Hügel.
    Goran war zufrieden. Er lächelte kalt, als er seine Runde drehte und die Blicke in die Gesichter seiner Schützlinge senkte. »Wir werden noch größer werden«, versprach er. »Der Meister wird uns zum Ziel führen, zur Glückseligkeit im Reich des Todes.«
    »Wann kommt er?« fragte jemand.
    »Noch in dieser Nacht!« lautete die Antwort. » Er bestimmt die Zeit, nicht wir.«
    »Wir warten auf ihn. Wir warten voller Sehnsucht. Wird er wieder die Karten mitbringen?«
    »Ich weiß es selbst nicht«, gab Goran zu, »aber wir müssen damit rechnen. Der Meister ist immer für eine Überraschung gut. Er wird dann einen von uns auserwählen, der dann das Glück hat, ins Jenseits schauen zu dürfen. Wir alle wollen es, denn diese Welt gibt uns nichts. Jeder von uns spürt die Todessehnsucht in sich. Im Zeichen der Rose und des Schwans haben wir uns versammelt. Freiheit heißt Tod! So sagte es die indische Philosophie der Romis-Gruppe, und dieser Schwan, der auch bei ihnen eine zentrale Rolle gespielt hat, wird auch uns begleiten. Freut euch darauf, meine Freunde. Freut euch auf die Freiheit…«
    Markige Worte, die in der düsteren Umgebung ihre Wirkung nicht verfehlten.
    Die Mitglieder nickten. Sie kannten die Philosphie genau, und sie lebten auch danach. Ein jeder von ihnen hatte sich umgestellt. Ihr Leben verlief in anderen Bahnen, bis es in der lang ersehnten Freiheit schließlich endete.
    Mehr brauchte er nicht zu sagen. Sie alle kannten diese Philosophie nur zu gut.
    Es war auch Goran, der
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