053 - Schrei, wenn dich der Hexentöter würgt
solche Bemerkung zu machen.
Er wandte den Kopf. Der Feuerschein spiegelte sich auf
seinem Gesicht. Krachend fiel eine Seitenwand des alten Hauses zusammen. Funken
stoben auseinander und wurden schwerelos durch die Luft gewirbelt, als würde
eine Schar Glühwürmchen am nächtlichen Himmel vor ihnen einen wilden
orgiastischen Tanz aufführen. „Wir stehen vor einem Rätsel, Mister Brent“,
sagte Wergh benommen. X-RAY-3 preßte die Lippen zu einem schmalen Strich
zusammen. „Vergessen Sie nicht den dunkelgrünen Ford, den ich verfolgte und den
ich hier aufspürte!“ Seine Stimme klang sicher und fest. Die Wirkung der
Spritze setzte ein, und Larry fühlte sich weniger hinfällig. „Der Wagen wurde
auch in Filsum gesehen. Schwester Margareta hat diesen Wagen ebenfalls gesehen...“
„Das stimmt“, bemerkte Wergh kleinlaut. Er wußte
nicht, was er von dem merkwürdigen Amerikaner halten sollte, der nur mit einer
Hose bekleidet auf einem Motorrad durch die kalte Nacht fuhr, der angeblich in
eine Grube fiel, in der ein verrosteter Dolch seinen Unterarm durchspießte, der
schließlich im letzten Augenblick dem Wahnsinn dadurch entging, daß er sich von
dem Folterstuhl unter dem Wasserfaß losreißen konnte und der ein halbnacktes Mädchen
durch die Nacht schleppte und ins Haus des Bürgermeisters brachte. Das alles
war mehr als ungewöhnlich und unglaublich. Die Taten und Erzählungen schienen dem
Gehirn eines Verrückten zu entspringen. Und nun dieses brennende Haus, in dem
Brent angeblich den Beweis erbringen wollte...
„Wir dürfen keine Zeit verlieren“, sagte Larry, noch
ehe der Bürgermeister und Kommissar Wergh etwas sagen konnten. „Sie kennen
Michael Thielen, Herr Bürgermeister.“ Der Gefragte nickte wie unter einem
inneren Zwang. „Daß es eine Verbindung zu diesem jungen Mann geben muß, darüber
sind wir uns alle klar. Schließlich benutzte der Hexentöter “, und Larry
Brent betonte das Wort mit eigenartiger Härte, „den Wagen Michael Thielens.
Lassen Sie uns zur Wohnung Thielens fahren!“ „Er lebt mit seiner Mutter
zusammen in einem kleinen Bauernhaus.“ „Dann fahren wir eben dahin. Es dürfte
interessant sein, auch der Mutter einige Fragen zu stellen.“
Larry Brent ließ sich von seinen Überlegungen nicht
abbringen. Seine Festigkeit und Sicherheit, die er an den Tag legte, irritierte
die beiden Männer, die ihn begleiteten. X-RAY-3 war eine Persönlichkeit, deren
Einfluß man sich kaum entziehen konnte. Die Fahrt nach dort nahm knapp zehn
Minuten in Anspruch. Sie mußten einen unwegsamen Pfad hinter sich bringen, ehe
sie das Bauernhaus erreichten. Ein Gatter begrenzte das verhältnismäßig große
Anwesen, zu dem einige Stallungen und ein großer Garten gehörten. Das Haus lag
in völliger Dunkelheit. Der Bürgermeister betätigte die Glocke. In den Ställen entstand
Unruhe. Dann erst wurde im Haus, in der Wohnung im Parterre, Licht angeknipst. Ein
Fenster wurde geöffnet, und der Oberkörper einer Frau wurde sichtbar. Der
Bürgermeister antwortete auf die üblichen Fragen, die zu solch ungewohnter
Stunde unwillkürlich gestellt wurden. Dann kam die Frau, mit einem wollenen
Mantel bedeckt, aus dem Haus.
„Wir möchten gern mit Michael sprechen“, sagte der Bürgermeister.
Larry hatte den Mann während der Fahrt instruiert, so daß das Gemeindeoberhaupt
sich jetzt zum Sprecher machte. „Er ist nicht zu Hause“, erwiderte Frau
Thielen. Sie war eine kleine, ruhige Frau. Es irritierte sie nicht, daß der
Bürgermeister mit zwei anderen Herren hier auftauchte. Sie hielt das Ganze für
einen offensichtlichen Irrtum. „Was willst du von Michael, Johannes?“
Sie redete den Bürgermeister mit Du an. Hier im Dorf kannte jeder jeden, und Johannes Brunner war hier groß
geworden. Er war selbst nur wenige Jahre älter als Michael Thielen, ein Mann
Mitte der Dreißig, den jeder Einwohner duzte. „Er ist heute schon sehr früh
weggefahren“, fuhr die Frau fort. „Zu irgendwelchen Freunden. Mehr weiß ich
nicht.“
„War er in der letzten Zeit oft weg, Martha?“ „Ja, wie
das halt bei jungen Leuten so der Fall ist. Warum fragst du danach?“ Ihr
Gesicht wurde plötzlich ernst. Erst in diesem Augenblick schien ihr bewußt zu
werden, daß hier offenbar etwas nicht mit rechten Dingen zuging. „Ist etwas
geschehen, um Gottes Willen – so sag doch, was ist los ? Hat er – etwas angestellt ?“
Die Hände der Frau glitten fahrig über ihr runzliges
Gesicht. Larry Brent näherte sich
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