Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
verlief. Das Haus schwankte etwas, auch Suko, auf dem Balken stehend, hatte Mühe, die Balance zu halten. Der Würgeadler besaß eine überproportionale Größe. Dementsprechend lang waren auch seine Beine und natürlich die Krallen.
    Um das Bauchgefieder zu erreichen, mußte Suko an den Beinen hochklettern wie an einer Stange.
    Vom Balken stieß er sich ab.
    Mit beiden Händen faßte er gedankenschnell zu und bekam eines der Beine zu fassen. Eisern hielt er sich daran fest. Der Adler ignorierte ihn völlig, er flog normal weiter.
    Suko besaß noch die Nerven, mir zuzuwinken, bevor er sich hochhangelte und sehr schnell das dichte Gefieder unter dem Bauch des Vogels erreicht hatte.
    »Das Kreuz!« rief ich.
    »Verstanden!«
    Mit einer Hand hielt sich Suko fest, mit der anderen drückte er das Kreuz in den weichen Flaum.
    Das merkte natürlich der Adler, und es irritierte ihn. Urplötzlich wurde sein Flug unruhig. Ich bekam einen Stoß, der mich zurück und bis gegen einen alten Schrank schleuderte.
    »Die Formel, Suko!«
    Gegen den Flugwind schrie er sie an. »Terra pestem teneto – salus hic maneto!«
    Es war alles gesagt.
    Und dann stürzten wir ab!
    ***
    Das war der Fall, der Absturz, das mußte einfach das Ende sein.
    Suko und ich hatten den Bogen einfach überspannt.
    Und es war blitzschnell über uns gekommen, ohne daß es einem von uns gelungen wäre, sich zu wehren.
    Man hatte mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich wartete auf den Fall, den schmetternden Aufschlag, das kurze Chaos, das vor dem endgültigen Aus stand.
    Wir prallten nicht auf.
    Ich hörte auch kein Krachen, kein Splittern oder Reißen. Auch keine Schreie, dafür spürte ich etwas anderes, und mir fiel auf, daß ich noch immer den Dunklen Gral festhielt.
    Wärme umschmeichelte mich.
    Eine herrliche Frühlingsluft, die nach Blüten roch und mit einem fernen Singen erfüllt zu sein schien.
    Ich öffnete die Augen.
    Kein kalter Wind fegte mehr durch die Lücke im Dach. Ich sah auch nicht mehr den Vogel, dafür einen Suko, der zurückgefallen war, auf dem Boden lag und sich aufrichtete.
    Wir starrten uns an.
    Dann hoben wir die Schultern. Keiner von uns begriff, wer oder was uns gerettet hatte.
    Aber waren wir das wirklich?
    Mit etwas schwankenden Bewegungen kam Suko auf mich zu.
    »Wir sind da«, sagte er, »aber wo, zum Henker, befindet sich der Würgeadler?«
    »Keine Ahnung.«
    »Dann haben wir ihn zerstört.«
    »Scheint so«, erwiderte ich. »Und van Akkeren gleich mit. Oder hast du ihn entdeckt?«
    »Auf keinen Fall.«
    »Monsieur Sinclair, Monsieur Sinclair! Bitte, kommen Sie. Bitte, schnell! Wir sind gerettet!« Die Stimme Pierre Greniers schallte uns vom Erdgeschoß her entgegen.
    »Willst du?« fragte Suko.
    »Sicher.«
    Wir gingen gemeinsam und wurden von einer Familie Grenier erwartet, die nicht wußte, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie waren völlig durcheinander, jedenfalls stand fest, daß wir wieder festen Boden unter dem Haus hatten.
    »Es hat alles geklappt«, erklärte Paul.
    »Dann freuen Sie sich.«
    »Nein, Monsieur, Sinclair, das kann ich nicht.«
    »Weshalb nicht?«
    »Kommen Sie zum Fenster und schauen Sie nach draußen, bitte. Kommen Sie sofort!«
    Auch Suko ging mit. Wieder standen wir nebeneinander und sahen durch die Scheibe.
    Der Schnee war verschwunden! Normalerweise hätten wir jetzt das Dorf mit seinen kleinen Häusern sehen müssen, dahinter die Hänge und weiter entfernt die schroffen Grate der Berge, all das war nicht vorhanden, dafür sahen wir eine völlig andere Umgebung.
    Frühlingshaft grün präsentierte sich die Landschaft. Wellig, bedeckt mit Wiesen und Wäldern, die allesamt in einem frischen Grün erstrahlten.
    »Verstehen Sie das?« fragte Paul Grenier.
    Ich gab keine Antwort, doch in meinem Innern stieg eine gewisse Ahnung hoch.
    Suko dachte ähnlich. Er bewegte die Lippen, damit ich sehen konnte, welchen Buchstaben sie formten.
    Es war ein A!
    Ein A! wie Aibon!
    ***
    Ich war es auch, der den Namen flüsternd aussprach. Suko nickte mir zu. »Und die Erklärung?« fragte er dann.
    »Der Gral.«
    »Meine ich auch.«
    Der Dunkle Gral, dieses uralte Gefäß, auch Kelch des Feuers genannt, gehörte zu den wichtigen, weißmagischen Dingen, die eine Verbindung zwischen den Welten herstellen konnte.
    Unsere Welt und Aibon, das waren doch zwei verschiedene Paar Schuhe, obwohl sie sich manchmal glichen.
    Aber Aibon war das Land der Märchen, der Legenden, der Feen, des ewigen Frühlings, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher