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0521 - Teufels-Pferde

0521 - Teufels-Pferde

Titel: 0521 - Teufels-Pferde
Autoren: Jason Dark
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Tanith geheißen, eine Hellseherin und Wahrsagerin. Durch Mörderhand war sie umgekommen, aber ihr Geist, der in einem anderen Reich schwebte, war noch immer in der Lage, durch die Kugel einen Kontakt mit mir aufzunehmen.
    »Die eigentliche Wahrheit liegt hinter den Spiegeln«, sagte ich leise, als ich den Kelch des Feuers vor mir auf den Tisch stellte und Suko das Licht bis auf eine Lampe gelöscht hatte.
    »Was meinst du, John?«
    »Nichts.«
    Ich nahm vorsichtig Platz und legte meine Hände um die Außenwand des Kelchs. Das Gold kam mir weich und warm vor. Es schmiegte sich in meine Handflächen.
    Der Dunkle Gral war in der Lage, mir andere Welten zu eröffnen.
    Er konnte mich tatsächlich in die Zonen bringen, die hinter dem Sinnbild Spiegel lagen. Davon wollte ich jetzt nichts wissen, denn mich interessierte einzig und allein die Kugel.
    Eine Kugel hatte eine wichtige Rolle gespielt. Sie war der Trumpf des Hexen-Trios gewesen, und ich hoffte stark, durch eine Kugel Kontakt zu Julie aufnehmen zu können, sie zu sehen und zu erfahren, wo sie sich aufhielt.
    Suko wußte, daß er mich nicht stören durfte und verhielt sich dementsprechend still. Nur sein und mein Atem war zu vernehmen.
    Er schaute auf mich. Ich aber versenkte mich in den Anblick der Kugel, hatte zusätzlich noch mein Kreuz neben den Kelch gelegt, damit es mir half, die unbekannten Kräfte zu verstärken.
    Ich konzentrierte mich sehr stark. Es gelang mir gut, alle störenden Gedanken zu zerstreuen und mich einzig und allein auf dieses eine zu konzentrieren.
    Dabei hatte ich das Gefühl, in die Kugel hineinzusinken. Sie wurde plötzlich größer, sie wuchs mit jeder Sekunde, während ich mich verkleinerte.
    Für mich existierte nur mehr die Kugel. Sie schwamm in einer gewaltigen Fläche. Ich konnte nicht mehr an ihr vorbeischauen, in meinen Ohren klang ein feines Singen auf, als wäre es Musik aus dem Jenseits, die mithelfen sollte, mich in eine tiefe Trance zu versetzen. Meine Gedanken beschäftigten sich einzig und allein mit Julie. Ich wollte einen Kontakt haben und hoffte, daß mir dabei der Geist der toten Tanith als Übermittler diente. Es war ein Spiel. Ich konnte verlieren oder gewinnen, mehr Möglichkeiten gab es nicht.
    Das Rot der Kugel überstrahlte alles. Sie hatte Ausdehnungen bekommen, über die ich nur staunen konnte. Sie war wie ein Meer, das sich vor mir ausbreitete.
    Aber gab sie auch einen Kontakt ab?
    »Julie!«
    Für mich war es ein innerlicher Schrei, den ich in die Kugel hineinschickte, um endlich den langersehnten Kontakt mit dem Mädchen aufnehmen zu können.
    Schließlich war es Julie gewesen, die etwas von mir gewollt hatte.
    Diesmal lag der Fall umgekehrt.
    In die Kugel geriet Bewegung.
    Fast so wie beim Würfel des Unheils oder des Heils, bei dem sich die Schlieren bewegten, wenn er aktiviert wurde.
    Tief in ihrem Innern, so meinte ich, kristallisierte sich ein Bild hervor. Zwar schemenhaft, aber erkennbar.
    Aus den Schatten wurden Bäume, und diese Bäume standen an einer bestimmten Stelle.
    Ich sah eine Brücke, ein Denkmal, Gestalten, die ich nicht erkennen konnte.
    Ein leiser Schrei entfuhr meinem Mund, als ich mich zurücklehnte und gleichzeitig hochsprang.
    »Was hast du?« fragte Suko.
    Ich war wie aus einem tiefen Traum erwacht, wischte über meine Stirn, stand auf, faßte nach dem Kreuz und torkelte bleich im Gesicht auf die Wohnzimmertür zu.
    »Weißt du, wo wir sie finden können?«
    »Ja, verdammt.«
    »Wo denn?«
    Ich blieb stehen. »Hyde-Park«, flüsterte ich. »Ich habe die Achilles Statue gesehen. Sie steht im Hyde-Park, oder nicht?«
    »An der Südwestecke.«
    Ich war schon an der Wohnungstür. »Genau dort müssen wir hin…«
    ***
    Es war Abend geworden, und mit der Dunkelheit krochen auch die langen Dunstfahnen heran. Dieser feuchte Nebel stieg von den großen Wiesenflächen des Hyde-Parks auf und legte sich schattengleich über das gesamte Gelände, wo er eine Decke bis zum frühen Morgen bildete.
    Im Winter – und besonders bei Dunkelheit – glich der Hyde-Park einem großen Totenfeld. Das Leben war erstarrt. Besucher durchquerten ihn in ihren Fahrzeugen, aber nicht mehr zu Fuß.
    Wer sich nicht in seinen Autos aufhielt, besaß einen Grund. Lichtscheues Gesindel verbarg sich in den Parks und huschte stets in Deckung, wenn Polizeistreifen erschienen.
    Die meisten Menschen fürchteten sich in der Finsternis, nicht so Julie Gladstone, die es tatsächlich geschafft hatte, ungesehen nach London zu
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