Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
vermutet, und es spielt keine Rolle, daß der Professor bis jetzt noch nicht zurückgekehrt ist. Vielleicht kann die Rückkehr variabel gelenkt werden. Oder es gibt dort einiges zu erledigen, wo sie sich befinden. Immerhin wissen wir ja nun, daß wir uns wegen der Fotografie umsonst Sorgen gemacht haben und der Professor nicht in den Schützengräben von Verdun gestorben ist.«
    »Das bedeutet nicht, daß er anderswo überlebt hat«, unkte Patricia. »Und wenn er die Rückkehr wirklich variabel steuern kann, dann würde er sehr schnell zurückgekehrt sein. Sowohl er ais auch Nicole können sich doch denken, daß wir uns Sorgen um sie machen.«
    »Nun gut.« Raffael wandte sich wieder dem Telefon zu und gab eine neue Auslandsrufnummer ein. England, Insel Anglesey. Eine kleine Hütte fernab der Zivilisation.
    Der Wählton lief.
    Patricia nahm das Amulett von der Schreibtischplatte auf. Es fühlte sich immer noch seltsam weich an. Gerade so, überlegte sie, als sei es nicht gänzlich vorhanden.
    Aber wo war das, was an seiner Struktur zu fehlen schien?
    ***
    Zamorra erwachte, als ihn jemand sanft rüttelte. Er richtete sich auf und spürte jähen Schmerz am Kopf. Als er nach der Stelle tastete, spürte er getrocknetes Blut.
    Jemand hatte ihn mit einem Steinwurf betäubt.
    Und jetzt befand er sich in einer düsteren, stinkenden Kammer. Er lag auf einer Holzpritsche, die ziemlich rissig und rauh war. Etwas stach in seinem Rücken, als er sich bewegte - er hatte sich einen Splitter ins linke Schulterblatt gezogen. Natürlich hatte niemand die Freundlichkeit besessen, ihm ein Hemd zu geben; dafür hatte man ihm das Amulett abgenommen, und, wie er Augenblicke später durch Abtasten seiner Hosentasche feststellen mußte, auch die Strahlwaffe und den erbeuteten Dhyarra-Kristall.
    Zwei andere Männer befanden sich noch mit ihm in der Zelle, die nur von einem winzigen Fensterloch erhellt wurde. Gleichgültig sahen die beiden Mitgefangenen zu. Einer war mit Fußschellen und einer schweren Eisenkette an die Wand gefesselt. Es stank nach Urin und Fäkalien, und irgendwo ganz in der Nähe pfiffen Ratten.
    »Auf, Bürger!« knurrte einer der beiden Jakobiner-Schergen Zamorra an. »Auf mit dir. Man will dich sehen. Also bewege dich, und sei nicht dumm. Dummheit kann sehr weh tun.«
    Im Klartext: Wenn er sich wehrte oder zu flüchten versuchte, würden sie ihn rücksichtslos zusammenschlagen. Zamorra sah, daß draußen im Korridor noch ein dritter Mann wartete.
    »Wo bin ich hier?« fragte er.
    Man lachte ihn aus. »Rate einmal, Bürger.«
    »Die Bastille?«
    »Ah, er kennt sich aus. Nun mach schon und beweg dich. Wir haben nicht ein ganzes Leben lang Zeit. Schon gar nicht dein ganzes Leben.«
    Wieder lachten sie rauh. Natürlich -wer in dieser Zitadelle des Todes gefangengehalten wurde, hatte keine große Lebenserwartung mehr. Das war jetzt nicht anders als vor dem Sturm des Gebäudes und der Gefangenenbefreiung vor ein paar Jahren.
    Und wer hier eingekerkert wurde, der war schuldig. Man hielt sich nicht lange mit Gerichtsverfahren auf. Die Verurteilung ging ganz schnell. Früher die Todesstrafe oder lebenslänglicher Kerker - was günstigenfalls ein halbes Dutzend Jahre in diesen rattenverseuchten Löchern bedeutete -, heute aber vermutlich ausschließlich die Guillotine. Die pausenlosen Massenverhaftungen zwangen praktisch zur Radikallösung. Die Gefängnisbastion konnte gar nicht so viele Häftlinge aufnehmen. Bis der »Wohlfahrtsausschuß« im Juli 1794 Robespierre entmachtete und hinrichten ließ, hatten allein in Paris rund 15 000 Hinrichtungen stattgefunden - wobei allerdings die meisten dem »Dritten Stand« entstammten, den die Revolution doch eigentlich von der Knechtschaft durch Adel und Klerus hatte befreien wollen.
    Nur rund 1000 Delinquenten hatten dem Adel angehört.
    Zamorra wurde in eine etwas größere Schreibstube gestoßen. Zwei Jakobiner blieben hinter ihm stehen. Am Schreibtisch hockte ein Mann, der Zamorra unwillkürlich an eine fette Kröte erinnerte. Auf der Tischplatte lagen Amulett, Kristall und Blaster.
    »Wie heißt du, Bürger?«
    »Zamorra.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter«, gab der Professor zurück. Er würde den Teufel tun, hier Namenszusätze und Titel aufzulisten. Nur nicht auffallen, das verschaffte ihm vielleicht eine Frist.
    »Wie du willst, Bürger«, sagt der Jakobiner. »Bald brauchst du ohnehin keinen Namen mehr. Es ist ja nur für die Liste, verstehst du? Wir müssen schließlich wissen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher