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0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

Titel: 0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen
Autoren: Jason Dark
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fuhr, konnte ich sie trotz des Dunstes erkennen und stellte fest, daß es sich um eine Frau handelte. Jedenfalls besaß sie langes Haar. Die Anhalterin trug einen langen Mantel, hatte einen Arm erhoben und winkte fast provozierend langsam.
    Ich ließ den Rover ausrollen.
    Eigentlich war es nicht meine Art, Anhalter mitzunehmen. Diesmal hatte ich das Gefühl, daß die Person nach Fillingrow wollte, und genau dort wollte ich auch hin. Möglicherweise konnte sie mir einige Informationen über den Ort geben.
    Direkt neben ihr stoppte ich.
    Sie beugte sich vor. Ihr Gesicht schwamm im Nebel. Ich öffnete die Beifahrertür und fragte: »Wohin?«
    »Fillingrow!«
    »Das ist auch mein Ziel.«
    »Nehmen Sie mich mit?«
    »Steigen Sie ein.«
    Sie schob sich in den Wagen. Ich warf ihr einen Blick zu und schaute gegen ein etwas männlich wirkendes Profil. Unter der Nase zeichneten sich schmale Lippen ab. Das Kinn stand um eine Idee zu weit vor.
    Da die Person so ernst wirkte, versuchte ich es mit einem Scherz.
    »Mein Vater hat mich immer davor gewarnt, Anhalter mitzunehmen. Was ich jetzt tue, ist nicht in seinem Sinne.«
    »Soll ich wieder aussteigen?«
    »Nein, bleiben Sie sitzen. Es war nur ein Scherz.«
    »Ach so.«
    Ich startete und war auch weiterhin über das Benehmen des Anhalters verwundert. Mann oder Frau?
    Der lange Mantel ließ keine direkten Schlüsse zu. Auch im Sitzen reichte er bis zu den Waden. Von den Händen war ebenfalls nichts zu sehen. Wegen der Kühle steckten sie in Handschuhen.
    »Stammen Sie aus Fillingrow?«
    »Nein.«
    »Aber Sie wohnen dort?«
    »Ja.«
    »Gefällt es Ihnen?«
    »Man lebt.«
    »Gesprächig sind Sie nicht.«
    Die Person schaute weiterhin stur geradeaus. »Ich lasse mich nur nicht gern ausfragen.«
    »So ist das. Nein, das haben Sie falsch gesehen. Ich will Sie nicht ausfragen. Ich wollte nur etwas über den Ort wissen, dem ich einen Besuch abstatten werde.«
    »Er ist nichts Besonderes.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja.«
    Ich wunderte mich immer mehr.
    Normalerweise hätte die Frage kommen müssen, wen ich nun aufsuchen wollte, aber nichts dergleichen wollte er wissen. Dieser Mensch blieb stumm.
    »Darf ich Sie mal etwas fragen?« erkundigte ich mich und schaute nach vorn, wo die Straße zu einem breiten Strich wurde und im Grau zwischen Dämmerung und Nebel verschwand.
    »Ungern.«
    »Ich tue es trotzdem. Sie sind weiblich oder männlich?«
    Für einen Moment blieb der Unbekannte stumm. Die Frage mußte ihn wohl zu sehr überrascht haben. »Spielt das eine Rolle?«
    »Eigentlich schon. Sie sehen aus wie eine Frau, doch ihre Stimme klingt tiefer.«
    »Wenn ich eine Frau wäre, würden Sie dann über mich herfallen wollen?«
    »Das bestimmt nicht«, erwiderte ich auflachend.
    »Dann ist es ja gut.«
    Diese Person, ich bezeichnete sie für mich als Neutrum, war schon ungewöhnlich. Sie hockte auf dem Beifahrersitz und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ihre Hände waren in den Ärmeln verschwunden.
    Dann sprach sie. »Was wollen Sie in Fillingrow?«
    »Mal sehen.«
    Sie lachte auf. Wieder konnte ich nicht hören, ob ein Mann oder eine Frau gelacht hatte. »Sie sprachen vorhin davon, was Ihr Vater mal sagte.«
    »Was denn?«
    »Die Sache mit den Anhaltern.«
    »Ach so, ja, stimmt.«
    Sie nickte, und plötzlich bewegte sie sich gedankenschnell. Am schnellsten den linken Arm, den sie aus dem Ärmelschutz hervorholte. In der Hand blinkte etwas Langes, Helles, und sie warf sich gleichzeitig nach links, auf mich zu.
    Ich war viel zu sehr mit dem Fahren beschäftigt, um reagieren zu können.
    Plötzlich spürte ich die Kälte des Messers an meinem Hals und vernahm die flüsternde Stimme. »Dein Vater hat recht gehabt. Man soll keine Anhalter mitnehmen. Du hättest auf ihn hören sollen.«
    Ich saß steif wie eine Puppe da und stierte durch die Scheibe. »Ja, das scheint mir auch so.«
    »Jetzt halte an!«
    Nichts, was ich lieber getan hätte. Ich stoppte nicht ruckartig, schließlich wollte ich nicht, daß die Klinge in Bewegung geriet und mir den Hals durchschnitt. Behutsam ließ ich den Wagen ausrollen und war froh, daß er stand und mir nichts passiert war.
    »Gut gemacht!« lobte mich der unheimliche Anhalter.
    »Und wie geht es weiter?«
    Ich hörte das leise Lachen aus seinem Mund wehen. »Ich möchte dich warnen.«
    »Vor wem?«
    »Vor dem Ort!«
    »Fillingrow?«
    »So ist es.«
    »Ich soll also nicht hinfahren?«
    »Sehr richtig.«
    »Und weshalb nicht?« Nach dieser Frage schielte ich
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