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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald
Autoren: Werner Kurt Giesa
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naschen?«
    »Verzeiht, Gebieter«, stieß der Gnom hastig hervor. »Aber ich nasche doch gar nicht!«
    »Und was muß ich da sehen, eh?« polterte der Grande. »Führt Er nicht einen Löffel nach dem anderen zum Munde?«
    »Es liegt in der Natur dieses Zaubers, Herr«, keuchte der Gnom, »daß der Honig sich im Zauberer befinden muß und nicht vor ihm. Da ich aber keine andere Methode kenne, das zu bewerkstelligen, muß ich zwangsläufig den Löffel zum Mund führen…«
    »Er hat recht«, sagte Zamorra, der Mühe hatte, nicht loszulachen. »Bei diesem Zauber muß der Honig tatsächlich inwendig seine magische Kraft entfalten.«
    Cristofero stutzte. Mißtrauisch sah er Zamorra an. »Woher wollt Ihr das wissen? Ich denke, Ihr kennt den Zeitversetzungs-Zauber nicht! Habt Ihr mich etwa beschwindelt, um mich möglichst lange in dieser unwürdigen Umgebung, in der kalten und windigen Ruine von Spooky-Castle, gefangenzuhalten, eh? Oder ist das jetzt nur eine faule Ausrede, um den Gnom vor meinem gerechten Zorn zu bewahren?«
    »Mitnichten, Señor«, lächelte Zamorra. »Gerade in diesen Minuten habe ich mich an den Zauber erinnert. Ich hatte ihn einfach vergessen und bin in den zwei Jahren nicht mehr darauf gekommen. Außerdem hatte ich, wie Sie sich denken können, auch noch andere Dinge zu tun.«
    »Irgendwie«, grollte Cristofero dumpf, »werde ich den Verdacht nicht los, daß Ihr mir doch den Zopf ölen wollt. Vielleicht hätte ich Euch damals, ehe ich erfuhr, daß Ihr zu meinen Nachfahren gehört, doch den Fehdehandschuh ins Gesicht schlagen und euch vor meine Klinge holen sollen. Ich hätte gewiß kein schlechtes Gewissen dabei.«
    Zamorra lächelte. »Ich denke, es ist jetzt zu spät, das Duell nachzuholen. In einer Stunde wird die Zukunft für Sie schon wieder Vergangenheit sein.«
    »Ihr faselt dummes Zeug«, brummte Cristofero, während der Gnom endlich damit begann, seinen Zauber vorzubereiten. »Wie kann die Zukunft Vergangenheit werden? Sie bleibt immer Zukunft. Mich dünkt, Ihr seid betrunken, obgleich Ihr erst ein kleines Schlückchen genommen habt.« Er selbst schenkte sich bereits wieder nach und schritt zur Tür. Die zwei bis zum Rand gefüllten Gläser wirkten schnell; Cristofero nutzte zwar jede Chance, sich am Cognac zu vergreifen - erfreulicherweise bekam er sie recht selten -, aber er vertrug den Alkohol nicht. Vor allem, weil er es jedesmal gewaltig übertrieb.
    Aber in diesem Fall hatte Zamorra beschlossen, sich nicht mehr darüber aufzuregen. Der Spuk war ja ohnehin bald vorbei; er bedauerte lediglich den Gnom, der Cristoferos dekadente Arroganz vermutlich für den Rest eines noch langen Lebens zu erdulden hatte.
    Doch daran hatte er sich wohl längst gewöhnt.
    Cristofero riß die Tür auf.
    »Wo wollen Sie hin?« fragte Zamorra. »Hier findet die Zeitversetzung statt!«
    »Aber doch erst in einer Stunde!« protestierte Cristofero. »Da bleibt noch Zeit, mich von Eurer Mätresse zu verabschieden. Ich habe ihr vielleicht Kummer bereitet. Dafür will ich mich entschuldigen und mit ihr ein Glas auf ihre glückliche Zukunft trinken.«
    »Ach du grünes Krokodil!« entfuhr es Zamorra. »Das fehlt gerade noch!«
    »Deshalb ja«, verkündete Cristofero heiter und stieß Zamorra heftig zurück, als der ihn festhalten wollte. Zamorra schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand und sah Sterne. Als er seine fünf Sinne wieder einigermaßen beisammen hatte, war Don Cristofero bereits davongestürmt.
    Finsteres Unheil ahnend, eilte Zamorra ihm nach. Vielleicht, fürchtete er, mußte er einen Mord verhindern…
    ***
    Gaius Milena lehnte an einem Baumstamm. Er zitterte. Wie Remus Tiberius trug er keine Rüstung und kein Schwert, sondern keltische Kleidung und einen Dolch. Die langen Hosen schlotterten um die Beine und waren ungewohnt und störend. Aber alles hier war ungewohnt und störend, feindlich sogar. Schließlich sollten sie nicht nur das Wanderlager der Helvetier ausspähen, sondern dabei auch noch möglichst wenig Verdacht erregen, falls sie erwischt wurden. Sie sprachen das Idiom der Helvetier fast perfekt, konnten sich als Kelten ausgeben. Aber zumindest Sena hatte es nicht geschafft. Ihn hatten sie erwischt und als Römer erkannt…
    »Sie haben ihn umgebracht«, flüsterte er. »Sie haben Sena einfach umgebracht, haben ihn geschlachtet wie ein Tier! Oh, wenn wir doch nicht allein hier im Wald wären, sondern mit einer ganzen Kohorte… wir hätten sie niedergemacht, hätten Sena befreit…«
    »Er
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