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0511 - Fenster der Angst

0511 - Fenster der Angst

Titel: 0511 - Fenster der Angst
Autoren: Jason Dark
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höher, so daß Wilma die Wangen erkennen konnte. Dabei blieb es nicht, auch die Augen schwebten vorbei.
    Augen, die bluteten!
    Wie schon einmal, als ihr der Blick durch den Sargdeckel gestattet worden war, sah sie auch jetzt die blutenden Augen der blonden Julia, der Toten.
    Das Gesicht wanderte nicht mehr weiter. Dafür bewegten sich die Pupillen, sie schauten nicht nur genau in das Zimmer, auch direkt auf Wilma Davies.
    Die Frau lag im Bett, ohne sich zu rühren. Sie konnte nichts mehr tun, etwas hemmte sie. Eine würgende Angst hielt unsichtbar ihre Kehle zu, während die Augen auch weiterhin Blutstropfen abgäben, so daß diese über die bleiche Wange liefen.
    Rinnsale aus Blut, ein Zeichen des Todes, ein Beweis für ein fernes Grauen.
    Der Blick blieb.
    Er war schaurig und schrecklich zugleich. Er brannte sich durch die Scheibe an der im Bett liegenden Wilma Davies fest.
    Sie fühlte, daß es aus war. Ein Wesen war aus dem Reich der Toten gekommen, um auf ihre Art und Weise Rache zu üben.
    Was Wilma auch getan hatte, es war vergessen. Sie wollte schreien, ihren Mann rufen, es war nicht mehr möglich. Etwas lastete auf ihrem Körper und eine ungewöhnliche Kälte stieg in ihr hoch.
    So kündigte sich der Tod an, das wußte Wilma. Es war ein alter Volksglaube, den auch sie vertrat.
    Unten aus dem Haus hörte sie Schritte. Pernell, ihr Mann, ging auf und ab. Er hätte sie als einziger noch retten können, aber er hörte nicht ihr Ächzen und Würgen.
    Minuten dauerte es an.
    Wilma starb einen fürchterlichen Tod. Die Abrechnung der Gestalt aus dem Jenseits machte auch vor ihr keinen Halt. Sie wurde immer steifer und rechnete auch damit, daß ihr Bewußtsein sehr bald verlöschen würde.
    Das trat nicht ein.
    Starr blieb sie liegen. Sie sah, wie das Gesicht verschwand. Zuvor hatte es sich noch einmal hochgeschoben, so daß sie den Mund hatte erkennen können.
    Und auf den Lippen das Lächeln.
    Sie empfand es als widerlich und gleichzeitig triumphierend, aber sie war nicht mehr in der Lage, etwas zu unternehmen. Ihre Augen besaßen den starren Blick einer Toten, und auch ihr Körper kühlte allmählich ab.
    Erst zwei Stunden später öffnete sich die Tür. Pernell Davies blieb wie vom Donner gerührt stehen, als er die reglose, schattenhafte Gestalt seiner Frau in der Düsternis liegen sah.
    Er stand zwar etwas vom Bett entfernt, trotzdem erkannte er mit zielsicherem Blick, daß seine Frau nicht mehr lebte. Da hatte Pernell als Totengräber Erfahrung genug.
    Auf Zehenspitzen trat er an das Bett. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel.
    Die Haut war grau geworden. Die Falten darin wirkten wie eingraviert.
    Neben dem Bett blieb er stehen. Er prüfte sicherheitshalber nach, ob noch Leben im Körper seiner Frau steckte und legte zwei Fingerspitzen gegen die Stelle am Hals, wo sich die Schlagader unter der dünnen Haut abzeichnete.
    Nein, das war nicht mehr zu spüren, seine Frau Wilma hatte das gleiche Schicksal ereilt wie Julia Ashley.
    »Irgendwo«, sagte er, »scheint es noch eine Gerechtigkeit zu geben, Wilma.«
    Nein, wollte sie schreien. Sie schrie es auch, aber niemand hörte sie. Es waren nur lautlose Gedanken, die sie formulieren konnte. Ihr Mann mußte einfach davon ausgehen, eine Tote vor sich liegen zu sehen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
    Pernell Davies wandte sich ab und verließ das Zimmer. Er konnte keine Tränen vergießen, die Augen brannten nicht einmal, nur seine Gesichtszüge waren hart wie Granit.
    Er ging die Treppe hinunter. Andere Leute mußten Bescheid wissen. Sollten sich die Menschen doch die Köpfe über diesen plötzlichen Tod zerbrechen, ihm war alles egal.
    Genau zwei Tage später begrub Perneil Davies seine Frau. Und noch immer wußte er nicht, daß er eine Scheintote begrub…
    Dies alles geschah im Jahre 1956, in dem auch ein gewisser Kenneth Bright das Licht der Welt erblickte…
    ***
    Wir waren schon einen Abend zuvor eingetroffen, hatten im Ort übernachtet und uns am anderen Morgen zum Frühstück verabredet.
    Wir, das waren Glenda Perkins, Suko und ich.
    Der Anlaß, der uns nach Rippon, einem kleinen Ort in Mittelengland geführt hatte, war ein trauriger. Wir mußten einen Kollegen beerdigen. Ken Bright hatte darauf bestanden, in seinem Heimatort begraben zu werden.
    Rippon liegt im Industriegebiet zwischen Liverpool und Manchester. Man bezeichnete diese Gegend auch als das Armenhaus Englands. Ein Landstrich, in dem es einmal eine blühende Industrie gegeben hatte. Davon
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