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051 - Im Orbit

051 - Im Orbit

Titel: 051 - Im Orbit
Autoren: Jo Zybell
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fünfhundert Jahre auf zwei MSCs abgelegt; Speicherkristalle, deren Kapazität je nach Größe bis zu achthundert Terabytes umfasste.
    Matt konnte sein Glück kaum fassen: Diese beiden eigroßen, lupenreinen Kristallen enthielten das Vermächtnis der Menschheit; zumindest der Teil, den man von hier oben aus hatte beobachten, messen und analysieren können, darunter auch die von Bernstein begonnene und von Taurentbeque beendete Chronologie, die Laborberichte über den Pilz und die Formel für das SARI. Besonders wichtig waren ihm aber Erkenntnisse über das Einschlagsgebiet des Kometen und über die Entwicklung der Bevölkerung in den Jahrhunderten nach »Christopher-Floyd«.
    Bereits beim schnellen Überfliegen erkannte Matt, was für ein Schatz ihm da in die Hände gefallen war. Als er unter den zahllosen Videodateien eine mit dem Namen Impact fand, öffnete er sie und fand Aufnahmen aus fünf Jahrhunderten - siebenundfünfzig insgesamt -, auf denen das Einschlagsgebiet des Kometen zu sehen war.
    Eine Aufnahme aus dem Jahre 2012 zeigte weiter nichts als schwarze Wolken über Ostasien: Staub und Qualm über einer Fläche von mehreren Millionen Quadratkilometer zwischen Peking und Taschkent im Süden, Omsk und dem Nordpolarmeer im Westen und Norden und Kamtschatka und den japanischen Inseln im Osten. Fast identische Bilder aus verschiedenen Jahrzehnten der ersten drei Jahrhunderte nach der Katastrophe zogen an seinen Augen vorbei.
    Über entsprechende Links öffnete Matt Dateien, die ihn parallel zu den Bildern über zeitgleich vorgenommene Messungen informierten. In den Jahren direkt nach dem Einschlag betrug die Temperatur im Zentrum dieser schwarzen Decke im Schnitt 58° Celsius. Bis in die Mitte des zweiten Jahrhunderts hinein - einer Zeit also, als die gesamte Erde längst unter den Minustemperaturen einer globalen Eiszeit litt - sank sie dann kontinuierlich bis auf
    11° Celsius.
    Erst Aufnahmen aus dem späten dritten Jahrhundert zeigten Lücken in der Staubund Wolkendecke über dem Einschlagsgebiet. Viel konnte Matt auch auf ihnen nicht entdecken, immerhin aber eine ausgedehnte Wasserfläche von mindestens zweitausendvierhundert Kilometern Durchmesser.
    Während andere Überflugsgebiete schon ab Beginn des dritten Jahrhundert nach »Christopher-Floyd« teilweise gut einzusehen waren - zum Beispiel konnte Matt in einer Aufnahme kein Meer zwischen Ostafrika und der arabischen Halbinsel und auf einer anderen, späteren kein Eis auf der Landmasse der Antarktis mehr erkennen - blieb die Umgebung des Kometenkraters bis ins vierte Jahrhundert hinein unter einem nur zögerlich aufreißenden Schleier verborgen. Danach aber stieß Matt auf Aufnahmen, die ihm Topologie und Topographie rund um das Einschlagszentrum - das Gebiet des ehemaligen Baikalsees - in zunehmender Klarheit zeigten: Ostasien sah aus, als hätte eine annähernd zweitausend Kilometer durchmessende Faust eine entsprechend große Landmasse einfach aus dem Kontinent herausgeschlagen.
    Ein fast kreisrundes Meer, in das Europa sicher zwei Mal hineingepasst hätte, dehnte sich von der Pazifikküste bis ins ehemalige Kasachstan und nach Nordwestchina aus. Die Mongolei war praktisch von der Erdoberfläche verschwunden, Sibirien halbiert und auf eine vielleicht fünfzehnhundert Kilometer breite Landbrücke zwischen dem Kraterozean und dem Nordpolarmeer reduziert, und das ehemalige Korea war jetzt eine Nachbarinsel von Japan.
    Fasziniert und fassungslos zugleich versank Matt in den Videoaufnahmen. Theoretisch hatte er es gewusst - oder wissen müssen. Es nun in plastischen Bildern zu sehen, überstieg zunächst einmal sein seelisches Fassungsvermögen. Ein neues Meer, Millionen von Quadratkilometern Kontinentalmasse einfach weg… Er wagte nicht zu überschlagen, wie viele Menschen allein in diesem Gebiet ums Leben gekommen waren.
    Die letzte Aufnahme des Kraterozeans stammte vom Februar 2516, als er hier in der Zukunft gestrandet war. Klarer hatte kein bisheriges Video das neue Meer und seine Küsten, Halbinseln und wenigen Inseln gezeigt. Sogar Gebäudekomplexe, ja Schiffe und Straßen konnte Matt erkennen. Und das pulsierende Licht in der Mitte des neuen Ozeans.
    »Das Wasser leuchtet grün.« Aruulas Stimme. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sie den Raum betreten hatte. »Wie diese großen Kristalle.«
    Matt nickte stumm. Es war ihm auch schon aufgefallen. Und es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht.
    Matt wechselte in die Paralleldateien mit den
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