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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange
Autoren: Edgar Wallace
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dir eine gesellschaftliche Stellung gegeben, die du sonst nicht gehabt hättest. Jetzt hast du die Gelegenheit, dich dafür dankbar zu zeigen. Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, daß du diesen Mann heiratest.«
    Sie biß sich auf die Lippe, hob aber nicht den Blick.
    »Hast du gehört, was ich sagte?«
    Sie nickte und sah ihn nachdenklich an.
    »Sie wollen also wirklich, daß ich ihn heirate?«
    »Ich will, daß du eine reiche Frau wirst«, betonte er nachdrücklich. »Ich fordere kein Opfer von dir, sondern ich gebe dir die Gelegenheit, glücklich zu werden. Neun von zehn Mädchen würden sich keinen Augenblick besinnen.«
    Es klopfte an die Tür. Der Diener kam herein und brachte auf einem Silbertablett ein Telegramm. Mr. Narth öffnete es, las und tat einen tiefen Atemzug.
    »Er ist tot«, flüsterte er. »Der alte Joe Bray ist tot!«
    Aber sogleich stellte er auch eine Berechnung an. Heute war der erste Juni. Wenn er Joan in einem Monat verheiratete, konnte er'den Konkurs der Firma Narth vermeiden. Ihre Augen begegneten sich. Sein Blick war kalt, berechnend und gefühllos.
    »Du wirst ihn heiraten?«
    Sie nickte. , »Ja, ich denke schon«, erwiderte sie ruhig.
    Erleichtert seufzte er auf. »Du bist ein sehr kluges Mädchen, und du wirst es nicht bereuen.« Er kam um den Tisch herum und nahm ihre kalten Hände in die seinen. »Ich versichere dir, Joan.. «
    Er wurde unterbrochen, es hatte wieder geklopft. Der Diener meldete: »Ein Herr wünscht Sie zu sprechen, Sir.«
    Unmittelbar darauf trat der Besucher ins Zimmer. Er war ein großer Mann, der einen fleckigen, schlechtsitzenden Anzug aus rauhem Stoff trug. Seine Schuhe waren aus ungegerbtem Leder und sahen wie selbstgemacht aus. Ein verknittertes Hemd, das den Hals frei ließ, und ein verbeulter Hut in seiner Hand vervollständigten das Bild. Doch es war etwas in seinem Gesicht, das Joan aufmerksam machte.
    Sie starrte ihn verblüfft an, solch einen Mann hatte sie noch nie zuvor gesehen. Sein Haar war lang, braun und gewellt, und er trug einen struppigen Bart, der bis auf die Brust herabreichte.
    »Wer zum Teufel -«, begann Mr. Narth verdutzt.
    »Mein Name ist Clifford Lynne«, sagte die Erscheinung. »Soviel ich weiß, soll ich hier jemand heiraten. Wo ist sie?«
    Narth blickte noch immer fassungslos auf den seltsamen Gast. Da begann Letty, die ihm auf dem Fuß gefolgt war, nervös zu lachen.
    »Mr. Lynne -«, stotterte Stephen Narth.
    Bevor der Mann jedoch antworten konnte, gab es eine Unterbrechung. Draußen in der Halle hörte man jemand mit dem Diener sprechen, und Mr. Narth schaute nach, was es wohl gebe: Das Hausmädchen hielt einen Kasten in den Händen.
    »Was ist das?« fragte Narth ungehalten.
    Der Diener nahm dem Mädchen den Kasten ab und brachte ihn ins Zimmer. Der Behälter war ganz neu und maß etwa einen halben Meter im Quadrat. Ein Schiebedeckel hielt ihn verschlossen.
    »Mr. Lynne?« fragte der Diener verlegen, wie jemand, der in einer völlig ungewohnten Situation ist.
    »Ja?«
    Der bärtige Mann fuhr herum. Alle seine Bewegungen waren blitzschnell und geschmeidig, wie Joan feststellte.
    »Für mich?«
    Er stellte den Kasten auf den Tisch und runzelte mißtrauisch die Stirn. Auf dem Deckel waren mit roter Farbe die Worte gepinselt:
    CLIFFORD LYNNE ESQ.
    Bei Ankunft zu übergeben.
    Als Lynne die Hand ausstreckte, um den Deckel zu öffnen, lief Joan ein Schauer den Rücken herunter. Sie hatte das sichere Gefühl einer schrecklichen Gefahr.
    »Was, zum Teufel, ist das?« stieß der Fremde hervor.
    Der Kasten war jetzt offen, aber man konnte nichts sehen als eine dicke Schicht weicher Watte, die sich in unheimlichen Wellen bewegte.
    Plötzlich wand sich aus dem weißen Lager ein flacher, dreieckiger Kopf, dessen perlförmige schwarze Augen bösartig funkelten.
    Im Bruchteil einer Sekunde kam auch der lange, gewundene Körper der Schlange zum Vorschein, schwankte hin und her, zuckte zurück, und plötzlich schoß der häßliche Kopf vor.
    Das Reptil hatte aber die Entfernung unterschätzt - und sein Ziel verfehlt. Für einen Augenblick lag die Schlange quer über den Tisch gestreckt, dann glitt sie geschmeidig auf den Fußboden. Wieder hob sich ihr Haupt, und während noch Narth und die Mädchen wie gebannt vor Entsetzen unbeweglich auf ihrem Platz verharrten, ging sie erneut zum Angriff vor...
    Die Explosion betäubte alle - durch einen Schleier von blauem Rauch sah Joan das kopflose Ding sich aufrollen und im Todeskampf sich wieder ineinander
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