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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang
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Sie mir etwas von den Leuten, die wie Sie alle diese Gemeinheiten beherrschen, mit denen Sie mich jeden Vormittag zur Schnecke machen.«
    Er grinste.
    »Lange werde ich das nicht mehr schaffen. Über die Hälfte meiner Tricks kennen Sie schon und können sie erfolgreich abwehren. Beim Rest wird es auch nicht mehr lange dauern.«
    »Hoffentlich«, seufzte ich inbrünstig. »Glauben Sie, das Auf stehen frühmorgens macht mir noch Spaß, wenn ich daran denken muß, daß ich eine Stunde später von Ihnen wieder durch die Mühle gedreht werde? Aber los, erzählen Sie ein bißchen. Was Ihnen gerade einfällt.«
    Wieder zuckte er mit den so schmächtig wirkenden Achseln, in denen doch so' viel Zähigkeit saß.
    »Meine Sorte stirbt langsam aus«, gab er zu. »Genauso wie die richtigen Tramps seltener werden, aus deren Reihen wir hervorgegangen sind. Es liegt an der Bequemlichkeit der Leute. Sie wollen alle ein richtiges Bett haben, einen duften Anzug, eine Freundin und was weiß ich noch. So etwas hat unsereins immer nur für kurze Zeit. Dann geht’s weiter.«
    »Warum waren Sie dauernd auf Achse?«
    »Warum? Warum gibt es Zugvögel? Warum bleiben sie nicht einfach da, wo es warm genug ist? Das kann ich Ihnen unmöglich beantworten, Cotton. Ich weiß nur, daß ich es nie lange am selben Ort ausgehalten habe. Ich mußte einfach weiter. Manchmal wurde ich halb verrückt, wenn ich nur eine Lokomotive pfeifen hörte. Dann habe ich schnell das letzte Geld unter die Leute gebracht, mir zwei Flaschen Fusel in die Manteltaschen gestopft und ein Päckchen Zigarren ins Jackett, und ab ging‘s zum nächsten Bahndamm.«
    »Bis Sie wieder irgendwo ein Ding drehten.«
    »Natürlich. Das Rumpeln der Züge nuf den Geleisen macht nicht satt. Und nach ein paar Tagen Durst muß man doch irgendwie wieder zu einem ordentlichen Schluck kommen. Unsereins, sieht viel. Und manches spricht sich herum. Da gibt es einsame Bahnhöfe, wo wöchentlich nur einmal das eingenommene Geld abgeschickt wird. Oder es gibt Farmen und ländliche Zahlstellen von Banken, die nahe an einer Eisenbahnlinie liegen.«
    »Und wenn der Kassierer das Geld nicht herausgeben will?«
    Gore lachte belustigt.
    »Lieber Himmel, Sie wissen doch jetzt, G-man, wie wir einen Mann fertigmachen können, daß er für Stunden erledigt ist.«
    »Oder für immer?« fragte ich ernst. Er schüttelte den Kopf.
    »Das vermeiden wir, solange es irgend geht. Warum sollen wir einen töten? Nach einem Räuber wird vielleicht nicht so intensiv gefahndet wie nach einem Raubmörder. Und was will der Mann schon beschreiben? ,Es war ein Tramp, ein Landstreicher, unrasiert, mit dreckigen Lumpen bekleidet. Viel mehr kann er doch nicht sagen. Für ordentliche Leute sehen wir doch alle gleich aus, wenn wir auf der Walze sind.«
    »Na schön. Aber ab und zu müssen Sie doch mal das Bedürfnis nach weiblicher Gesellschaft gehabt haben — oder?«
    »Natürlich. Sobald man irgendwo wieder ein paar Dollar eingesteckt hatte, war das ja auch kein Problem. Von der kanadischen Grenze bis hinab nach El Paso kann ich Ihnen verraten, wo Sie die richtigen Mädchen finden.«
    »Und wenn Sie kein Geld hatten? Aber trotzdem ein Mädchen suchten?« Er grinste und winkte ab.
    »Soll das ein Verhör werden, Cotton? Glauben Sie, ich bin so dumm, darauf hereinzufallen? Meinen Sie, ich sage Ihnen jetzt: Da oder dort habe ich mir eben mit Gewalt genommen, was anders nicht zu kriegen war? Sie wissen genau, daß in einigen Bundesstaaten die Todesstrafe darauf steht. Ich bin doch nicht so blöd und setze mich selber auf den Elektrischen Stuhl.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich will kein Geständnis von Ihnen, Gore. Ich will wissen, ob es unter euch Leute gibt, die so etwas tun.«
    »Solche Leute gibt es in allen Kreisen der Bevölkerung. Das wissen Sie verdammt genau.«
    »Sie haben recht«, gab ich zu. »Was ich eigentlich wissen möchte, ist dies: Würden Sie ein Mädchen danach ermorden?«
    Er sah mich entgeistert an.
    »Aber warum denn? Sie ist in derselben Lage wie ein Kassierer, dem ich die Kasse ausräume. Sie kann mich ja nicht einmal genau beschreiben. Außerdem bin ich längst ein paar hundert Meilen weiter und habe unterwegs viermal die Züge gewechselt, auf die ich aufgesprungen bin. Mann, was Sie immer mit dem Morden haben!«
    Wir hatten ausgetrunken. Ich brachte Gore hinab in den Keller, wo unser Zellentrakt lag. Als ich ein paar Minuten später das Office betrat, saß mein Freund und Kollege Phil Decker hinter
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