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0505 - Jagd der Skelette

0505 - Jagd der Skelette

Titel: 0505 - Jagd der Skelette
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Kreuzung weit damit gekommen, da er plötzlich die eingebaute Zeitbombe, die im Fahrzeuginnern installiert worden war, entdeckt und sich rechtzeitig hinausgestürzt hatte. Hinter ihm war der Cadillac zu einer winzigen Sonne geworden, die sekundenlang den nächtlichen Straßenzug taghell erleuchtet hatte. Die Bombe hatte Roger Brack gegolten. Dem wäre die Kleinigkeit, an der Cascal die Bombe erkannt hatte, nicht einmal rechtzeitig aufgefallen, denn wer schaut sich sein eigenes Auto schon bei jedem Einsteigen ganz genau von innen und außen an? Cascal hatte es getan, um sich in dem ihm fremden Fahrzeug zu orientieren, und hatte damit nicht nur sich selbst, sondern durch das »unerlaubte Ausleihen«, wie er es nannte, auch Brack das Leben gerettet.
    Hin und wieder, wenn Brack in Baton Rouge war, trafen sie sich. So lernte Brack die Halb- und Unterwelt kennen, denn l’ombre achtete darauf, ihn niemals zu seiner Wohnung zu führen, und verzichtete seinerseits dankend darauf, Restaurante aufzusuchen, in denen Krawattenzwang herschte und man für ein vereinsamtes Salatblättchen schon mehr bezahlen mußte, als l’ombre in einem ganzen Monat an Geld heranschaffte. Also traf man sich in wesentlich rustikaleren Jazzkellern und Hafenkneipen, die Brack vorsichtig als »Räuberhöhlen« bezeichnete; vermutlich war das noch eine Untertreibung.
    Brack nippte am Whiskey. In dieser Spelunke gab’s doch tatsächlich nicht nur Fusel, sondern auch den guten »Jack Daniel’s«. Daß der echt war und man nicht nur eine Jacky-Flasche mit Selbstgebranntem befüllt hatte, der Speiseröhre und Magenwände zerfraß und zur partiellen bis totalen Erblindung führte, erkannte Brack schon am Geruch. Er fragte sich, wieso in einem so billigen Lokal dieses nicht gerade preiswerte Getränk ausgeschenkt wurde. Aber vielleicht war es besser, diese Frage nicht anderen zu stellen…
    »Ich hätte da einen Job für dich, Bruder«, sagte er gerade so laut, daß l’ombre es durch den Lärm verstehen konnte, den die drei Jungs von der Band tatsächlich Musik zu nennen wagten. Das Mädchen hatte es mittlerweile fast geschafft, die ohnehin spärliche Kleidung abzulegen und von der primitiven Bühne aus quer durchs Lokal zu schlendern. »Flexible Arbeitszeit ohne Stundenplan. Kein Mensch kümmert sich darum, ob du am Tag zehn Minuten oder vierundzwanzig Stunden im Betrieb bist. Hauptsache, du erledigst, wofür du gebraucht wirst. Es gibt siebzigtausend Dollar im Jahr.«
    »Das ist eine Menge Geld«, murmelte der etwa 30jährige Yves Cascal. »Soviel verdient nicht mal ein Verwaltungsbeamter. Wen soll ich dafür umbringen?«
    »Niemanden. Es ist eine Assistentenstelle. Wir haben einen neuen Mann in der Chefetage, der eine rechte Hand braucht. Voraussetzung: flexible Zeiteinteilung. Arbeiten, wenn es nötig ist, Freizeit, wenn nichts anliegt.«
    »Bruder, du weißt, daß ich keine Qualifikation habe. Ich habe nichts gelernt außer lesen, schreiben und rechnen. Für einen so hochbezahlten Job brauche ich aber mit Sicherheit etwas mehr, nicht?«
    »Du hast ein ausgezeichnetes Organisationstalent, Ombre. Du kennst tausend kleine Tricks. Du hast das Überlegen gelernt. Und - ach, verdammt, ich kann’s nicht in Worte fassen. Fest steht: wenn du zusagst, hast du den Job.«
    »Vergiß es«, sagte Cascal. »Ist nicht meine Welt.«
    Brack nahm wieder einen Schluck. »He, Bruder, du hast ja nicht mal danach gefragt, was du tun sollst!«
    »Wozu auch? Mann siebzigtausend greenbacks im Jahr, das ist ein Job, der auf jeden Fall weit über meinem Niveau angesiedelt ist. Außerdem müßte ich dann nach El Paso umsiedeln. Und das will ich nicht. Ich kann Maurice nicht allein lassen. Und Angelique erst recht nicht.«
    »Du fühlst dich immer noch als Vater-Ersatz für die beiden, nicht?«
    »Ist das schlecht, Mister Roger Brack?«
    »Nur, soweit es dich und dein Leben blockiert, Ombre.«
    Cascal lachte leise. »Leben? Was weißt du schon vom Leben, Bruder? Wenn wir hier rausgehen, schleichen wir uns ein paar Straßenzüge weiter. Da steigst du in die Luxuslimousine, wenn sie nicht gerade in dieser Sekunde geklaut worden ist, und bist wieder in deiner behüteten Welt mit Sicherheitseinrichtungen, Leibwächtern, Telefonen, Funk, Kreditkarten, maßgeschneiderten Seidenanzügen und ähnlichem Quatsch, den kein Mensch braucht. Willkommen in der Sterilität der upper ten. Leben, Roger - Leben findet hier statt. Jede Sekunde neu. Hier, wo’s ständig rund geht. Nicht in einem
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