Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0501 - Der Biß der Kobra

0501 - Der Biß der Kobra

Titel: 0501 - Der Biß der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Pferdekarren erschien Dr. Brown!
    »Doc Methusalem« nannten die Bewohner von Cluanie und Umgebung ihren gut hundertjährigen Landarzt liebevoll, für den irgendwann die Zeit stehengeblieben war, denn er dachte überhaupt nicht daran, sich eine dieser neumodischen stinkenden Benzinkutschen zuzulegen, wenn er mit seinem 1-PS-Hafermotor doch auch vorankam. Und wenn er unterwegs in seinem Einspänner mal einnickte, fand der Vierbeiner auch von selbst den Weg nach Hause, während jedes Auto steuerlos in den nächsten Graben gerauscht wäre. Doc Browns Nostalgie war durchaus auch als Selbstschutz zu verstehen.
    Und ausgerechnet jetzt kam er zum Castle!
    Zamorra informierte Nicole und die Lady, stürmte nach draußen und stoppte kurz, weil der tote Lord Saris immer noch im Sessel saß. Aber dann eilte Zamorra weiter.
    Butler William hatte Dr. Brown schon im Empfang genommen. Mit einem Glas schwarzgebrannten Whiskys, wie es sich gehörte. Den trank Doc Methusalem als Lebenselixier und war der festen Überzeugung, durch seine zwei bis fünf großen Gläschen am Tag sein hohes Alter erreicht zu haben. Erstaunlicherweise vertrug er diese Mengen auch, ohne Ausfallerscheinungen zu zeigen. Schottische Frohnatur und jahrzehntelanges Training härteten eben ab.
    »Der Laird hat schon ausgeschnauft?« stellte Doc Methusalem besagte Frohnatur verbal unter Beweis. »Was erlaubt der sich? Ich wollte ihm doch noch ein paar wichtige Ratschläge geben, wie er sich als Säugling am besten gegen die wie immer übertriebene Fürsorge seiner Mutter wehren kann und Mumps und Masern besser durchsteht… und da schleicht der alte Knochen sich einfach so aus dem Leben, ohne noch mal mit mir angestoßen zu haben? Sobald er wieder alt genug ist, sich an diese Unverfrorenheit zu erinnern, kriegt er ’ne Ohrfeige verpaßt, an die er sich in tausend Jahren noch erinnern wird! Das macht er kein zweites Mal mit mir!«
    »Sie planen in Ihrem Alter ja noch ziemlich weit in die Zukunft, Doc Methusalem!« schmunzelte Zamorra.
    »In meinem Alter? Wer ist denn hier alt, eh? Ich vielleicht? Wenn hier einer alt ist, dann ist es der Laird! Ich habe jedenfalls vor, noch zehn bis zwanzig Jährchen meinen uisge beatha zu genießen. Was ist mit dem Kind?«
    »Gesund geboren«, erklärte Zamorra. Über Dr. Browns Gesicht flog ein helles Leuchten. »Dann ist die Erbfolge ja gesichert. Wie groß, wie schwer?«
    Da mußte Zamorra passen. »Fragen Sie meine Gefährtin, die sich um den Kleinen kümmert.«
    »Um den Kleinen ?« empörte sich der Landarzt. »Für Sie, junger Franzose, ist das immer noch Sir Rhett! Ach so, er hat Sie ja in seinen Clan adoptiert. Daß er aber auch immer diese schwachsinnigen Einfälle haben mußte… na, das wird jetzt anders. Ich werde der jungen Lady schon die entsprechenden Ratschläge geben, wie sie ihn zu erziehen hat. Und Ihnen hätte in jungen Jahren eine bessere sittlich-moralische Erziehung auch gut angestanden, denn dann würden Sie nicht immer noch in Sünde mit Ihrer, wie nannten Sie sie noch, Gefährtin leben, sondern sie ehelichen! Typisch, diese unmoralischen, verlotterten Franzosen!« In der einen Hand das fast geleerte Whiskyglas, mit dem Butler William ihn empfangen hatte, mit der anderen seine schwarze Arzttasche schwenkend, stapfte er davon.
    Zamorra grinste ihm hinterher. Für den Augenblick hatte er seine Trauer um Lord Saris vergessen können und fragte sich, ob das nicht Doc Methusalems Absicht gewesen war, der nebenbei auch ein großartiger Menschenkenner und Hobby-Psychologe war. Er sah den Butler stirnrunzelnd an. »Der Doc scheint ja blendend informiert zu sein«, wunderte er sich.
    »Seine Lordschaft geruhten ja auch oft genug mit ihm in Ulluquarts Pub zu gastieren, um unter dem so permanenten wie lautstarken Absingen unzüchtiger Lieder des Teufels beste Erfindung, den Alkohol, niederzukämpfen bis in den frühen Morgen. Dabei beliebte Seine Lordschaft Doktor Brown in das Geheimnis seiner Unsterblichkeit einzuweihen und bat ihn auch, am heutigen 31. 7. 1993 nach Caer Llewellyn zu kommen, um den Totenschein auszustellen.«
    Zamorra seufzte. Nun - der Doc war immerhin noch praktizierender Arzt und dazu befähigt und berechtigt. »Warum hat mir das vorher keiner gesagt?« murmelte der Professor. »Ich hätte ihn ja mit dem Wagen abholen können, dann hätte er noch einen Schluck mit Sir Bryont nehmen können…«
    William hüstelte. »Verzeihung, Monsieur, aber das wäre nicht nötig gewesen. Seine Lordschaft und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher